Frage an Petra Zais von Axel M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Frau Zais,
- wie stehen sie zu Konzepten pauschaler Existenzsicherung wie "negative Einkommensteuer" bzw. "Bedingungsloses Grundeinkommen"?
- wie wollen Sie sich direkt für die sozial Schwachen nicht nur in Chemnitz, sondern allgemein im Bundestag einsetzen?
Sehr geehrte Frau Meßinger,
herzlichen Dank für Ihre Frage, die Sie über abgeordnetenwatch.de an mich gerichtet haben.
Konzepten pauschaler Existenzsicherung stehe ich sehr positiv gegenüber. Die für mich plausibelste, vernünftigste und gerechteste Lösung vieler Probleme ist das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE), das übrigens bei den GRÜNEN schon viele Jahre diskutiert wird. Ein steuerfinanziertes Grundeinkommen, auf das jeder Mensch, unabhängig vom Alter, Geschlecht und Verdienst Anspruch hat, entspricht meinem Leitbild von Gerechtigkeit und meinem Menschenbild. Wir alle wissen und spüren, dass unser Sozialstaat grundlegende Reformen braucht - das BGE bietet eine solche Reformperspektive. Für mich ist es wichtig, diese Debatte weiter in die Gesellschaft zu tragen, auch deshalb beteilige ich mich gern an Diskussionen zu diesem Thema. Ich bin mir im klaren darüber, dass ein BGE nicht greifbar nah ist, im Moment wohl auch politisch nicht durchsetzbar. Trotzdem stehe ich zu dieser Vision.
In unserer Gesellschaft gibt es viele Menschen, die in Armut leben. Betroffen macht die hohe Anzahl armer Kinder, die zunehmende Erwerbsarmut und die sich, auch im Osten unseres Landes breit machende Altersarmut. Deshalb will ich mich in Berlin für eine Kindergrundsicherung einsetzen, die wirkliche Teilhabe von Kindern am sozialen und kulturellen Leben ermöglicht und ihnen gute Bildungschancen eröffnet. So steht es auch in unserem grünen Wahlprogramm.
Das ich mich als GewerkschaftsGRÜNE für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einsetze, ist Ihnen vielleicht auch durch mein Wahlplakat deutlich geworden. Die geforderte Höhe von mindestens 8.50 Euro ist dabei nur ein Anfang. Mir ist völlig klar, dass ein Einkommen auf dieser Stundenlohnbasis nicht reicht, um gut leben zu können und schon überhaupt nicht reicht, um Altersarmut zu verhindern. Aber dieser Anfang würde vielen Menschen in Sachsen helfen, aus der Erwerbsarmut raus zu kommen und nicht zusätzlich zum Amt gehen zu müssen. Dazu muss die Tarifautonomie der Gewerkschaften gestärkt und mehr Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dieser Weg hilft, dass Einkommensniveau insgesamt so anzuheben. Erst wenn es auch den Menschen und nicht nur der Wirtschaft gut geht, kann nach meiner Meinung von einem Sozialstaat gesprochen werden. Es ist zutiefst ungerecht, dass sich in einigen Branchen Armutslöhne zum Geschäftsmodell entwickeln konnten. Und die Beseitigung der Erwerbsarmut ist auch entscheidend für die Bekämpfung von Altersarmut der heute noch Beschäftigten.
Das Thema Rente und Altersarmut kenne ich aus dem Leben meiner Mutter. Die hatte ein Leben lang schwer gearbeitet, wenig verdient und 4 Kinder großgezogen. Als "DDR-geschiedene-Frau" hatte sie keinen Anspruch auf einen Rentenausgleich mit meinem Vater. Ihre Rente betrug etwas über 800 Euro und das Leben war nicht einfach. Ich will mich in Berlin für die einsetzen, die nach über 40 Arbeitsjahren am Ende zu wenig haben, um am Leben in angemessener Form weiter teilhaben zu können. Im Im Rentenrecht muss die Durchsetzung der Gleichbehandlung von Müttern, die Kinder vor 1992 geboren haben, sofort auf die politische Tagesordnung in Berlin. Schwarz-Gelb hatte das versprochen und nicht eingelöst. Auch für die Beseitigung der Ungerechtigkeiten gegenüber "DDR-geschiedenen-Frauen" im Rentenrecht will ich mich einsetzen. Für alle, die wie meine Mutter, 45 und mehr Jahre für wenig Geld gearbeitet haben, muss es eine Rente deutlich über Grundsicherungsniveau geben. In unserem Programm beschreiben wir diese Rente als Garantierente. Ich finde dieses Konzept überzeugend.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Zais