Frage an Petra Weis von Peter M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Wels,
nach Recherche diverser Bücher, Berichte und diversen weiteren öffentlich zugänglichen Quellen wie Gesetzestexten sowie im Austausch mit Bekannten und Freunden bin ich in letzter Zeit immer wieder auf Themen gestoßen, welche mein persönliches Rechtsempfinden sehr beunruhigen und mich stark zum Nachdenken anregen.
Aus diesem Grund schreibe ich Ihnen jetzt, in der Hoffnung, daß Sie mir bei folgendem Punkt weiterhelfen können:
Ich habe einmal gelernt, daß unser Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland das höchste deutsche Gesetz sei und sich deises nur dem Völkerrecht unterordnet (GG Art. 25). Doch folgende Tatsache irritiert mich ein wenig.
Auf welcher völkerrechtlich verbindlichen Grundlage basiert unser Grundgesetz eigentlich genau und wo (in welchen Bundesländern oder Landesteilen) findet es seine Gültigkeit, wenn sein dem 2+4 Vertrag vom 12.09.1990 der Artikel 23 (Gültigkeitsbereich) in der jetzigen, aktuellen Fassung geändert wurde und dieser sich nun auf die "Europäische Union" bezieht, welche aber noch gar nicht völkerrechtlich legitimiert und verfasst wurde?
Und wenn nun kein völkerrechtsverbindlicher Gültigkeitsbereich nachgewiesen werden kann, dadurch jegliche Legitimation fehlt, welchen Wert und Nutzen hat dann noch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland für uns als steuerzahlende Bürger?
Insbesondere die folgenden Artikel aus dem Grundgesetz:
- 1, 2, 3, 4, 5, ... ff (Grundrechte)
- 25 (Völkerrecht vor Bundesrecht)
- 54, 56, 58 (Bundespräsident, Amtseid, Gegenzeichnung)
- 70, 71, ... ff (Gesetzgebung)
- 83, 84, ... ff (Ausführung Gesetze)
- 116 ... (Begriff „Deutscher“) usw. ?
In der Hoffnung auf klärende, exakte Antworten von Ihnen
verbleibe ich erwartungsvoll und
mit freundlichem Gruß,
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Europapolitik. Wie Sie sicher wissen, hat vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag die mündliche Verhandlung über verschiedene Klagen gegen den Lissabon-Vertrag der Europäischen Union begonnen. Der Bundestag und Bundesrat haben dem Abkommen bereits zugestimmt. Das Bundesverfassungsgericht prüft nun, ob die Stellung des Bundestages innerhalb Europas trotz des Lissabon-Vertrags weiterhin über einen hinreichenden eigenen Gestaltungsspielraum verfügt, so wie ihn unser Grundgesetz vorsieht. Das Bundesverfassungsgericht wird bei dieser Fragestellung alle Aspekte abwägen und in den kommenden Monaten eine Entscheidung treffen, der ich durch die Beantwortung ihrer Fragen nicht vorgreifen will. Mit der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts werden Sie sicher eine umfassende Antwort auf die von Ihnen gestellten Fragen erhalten. Die SPD-Bundestagsfraktion erachtet das Abkommen von Lissabon als notwendig auf dem Weg zu einem geeinten Europa.
Die SPD hat 2007 in ihrem Hamburger Grundsatzprogramm folgende Kernaussage zur Europapolitik beschlossen: "Die Europäische Union hat heute Züge eigener Staatlichkeit gewonnen. Immer mehr Lebensbereiche werden von europäischen Entscheidungen berührt. Wir wollen das Europa der Bürger schaffen. Wir wollen mehr europäische Demokratie wagen. Unser Leitbild ist eine politische Union, die allen europäischen Bürgern demokratische Mitwirkungsrechte gibt. Das demokratische Europa braucht eine parlamentarisch verantwortliche Regierung auf der Basis einer europäischen Verfassung. Wir wollen ein föderales Europa, in dem neben dem Europäischen Parlament die Nationalstaaten an der europäischen Gesetzgebung beteiligt werden. Was nur die Menschen vor Ort, in der Region, in einem Land betrifft, gehört in ihre politische Zuständigkeit, damit bürgernah entschieden werden kann. Dieses Prinzip darf durch europäische Regeln nicht ausgehebelt werden. Die Kompetenzen des Europäischen Parlaments müssen gestärkt werden. Das Europäische Parlament braucht umfassende parlamentarische Kontrollrechte gegenüber der Europäischen Kommission sowie das Recht zu eigenen Gesetzesinitiativen. Der Präsident der Europäischen Kommission soll vom Europäischen Parlament gewählt werden."
Mit freundlichen Grüßen
gez. Petra Weis