Frage an Petra Weis von Daniel V. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Weis,
wie Sie sicher der Presse und insbesondere den Foren(zB. der westen.de) entnehmen können,
herrscht im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr das absolute Chaos.
Die Taktzeiten sind mit 20 bis 30 min absolut realitätsfern, zumal auch noch fast jeder 3.Zug ausfällt. Es sollen Menschen motiviert werden öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Direktverbindungen gibt es kaum, Anschlusszüge werden fast grundsätzlich nicht erreicht.
Mit dem Fahrrad bin ich im Revier fast schneller, als mit der S-Bahn.
Über den Schrott, der auf Schienen fährt rege ich mich schon gar nicht mehr auf.
Die letzte U-Bahn ( zB. U_18 Essen-Mülheim) fährt um 23.15 und das in einer angeblichen Großstadt.
Neue Projekte gibt es nicht, obwohl zum Beispiel ein S-Bahnring auf bestehenden Strecken im Revier problemlos zu realisieren ist( Du-Mh-E-Bo-Do-Her-Ge-Bot-Ob-Du).
Die einzelnen Verkehrsbetriebe werden von Inkompetenz und Ignoranz beherrscht.
Die Menschen werden wahnsinnig und wandern in andere Regionen ab.
Was gedenken Sie zu verbessern?
Warum wird der Vorstand des VRR nicht zur Rechenschaft für dieses Chaos gezogen und fristlos gekündigt?
Warum gibt es nicht einen Verkehrsbetrieb Ruhr, der zentral gesteuert wird und dessen Vorstand durch die Bevölkerung gewählt wird?
Wann gibt es eine moderne Verkehrsentwicklung für die Mehrheit?
Sehr geehrter Herr Vogt,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Öffentlicher Nahverkehr im Ruhrgebiet. Ich teile Ihre Meinung, dass das Angebot des Öffentlichen Nahverkehrs im Ruhrgebiet weiter entwickelt werden muss um noch mehr Menschen motivieren zu können, auf Bus und Bahn umzusteigen - nicht nur als nordrhein-westfälische Verkehrspolitikerin, sondern auch als Nutzerin des VRR, die Ihre Beobachtungen im Nahverkehr zwischen Rhein und Ruhr durchaus nachvollziehen kann.
Doch der Verkehrsverbund Rhein Ruhr liegt politisch nicht im Verantwortungsbereich des Bundes. Hierfür sind in erster Linie die Städte und Gemeinden sowie das Land Nordrhein-Westfalen zuständig. Insofern bin ich für Ihre konkreten Fragen die falsche Ansprechpartnerin. Ich bin aber gern bereit Ihnen einige Maßnahmen der Bundesebene für den öffentlichen Nahverkehr zu erläutern. Schließlich ist eine moderne und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur eine der Grundvoraussetzungen für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung und somit auch im gesamtstaatlichen Interesse. Die ausgezeichneten Verkehrswege Deutschlands sind einer der wesentlichen Standortvorteile im europäischen und globalen Wettbewerb. Dem Verkehrsträger "Schiene" kommt aufgrund seiner systemspezifischen Stärke beim Transport über große Entfernungen dabei eine wichtige Rolle zu. Als umweltfreundlicher Verkehrsträger wird seine Bedeutung in der Diskussion um Energiesicherheit und CO2-Ausstoß zukünftig noch steigen.
Die SPD-Bundestagsfraktion sieht gerade im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) einen wichtigen Baustein zur Sicherung einer nachhaltigen Mobilität. Busse und Bahnen entlasten nicht nur Ballungsräume vom Individualverkehr und gewährleisten gleiche Lebensverhältnisse in den Regionen. Sie leisten auch wichtige Beiträge zur Entlastung der Umwelt und zur Reduzierung klimarelevanter Emissionen. Schon heute nutzen rund 27 Millionen Menschen täglich den ÖPNV und ersparen uns damit rein rechnerisch rund 19 Millionen Pkw-Fahrten pro Tag. Zudem setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion für zeitgemäße und verbraucherorientierte Fahrgastrechte ein.
Dennoch kann - und muss - ein kundenfreundlicher und effizienter ÖPNV im Wettbewerb mit seinem Hauptkonkurrenten PKW sein Marktpotenzial noch vergrößern. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Bereitstellung verlässlicher finanzieller Rahmenbedingungen. Hier leistet der Bund im Jahr mit rund 8,5 Milliarden Euro jährlich einen zentralen Beitrag.
Im Zuge des weiteren Fortgangs der Bahnreform wird etwa ein Drittel der Verkaufserlöse der Bahn-Aktien verwandt für ein Innovations- und Investitionsprogramm. In diesem Programm haben das Lärmschutz-, das Streckenausbau- und das Bahnhofsprogramm besondere Priorität. Es wird also ein wichtiges Zeichen gesetzt für den Erhalt und die Modernisierung von Strecken und Bahnhöfen - auch in Nordrhein-Westfalen.
Zudem haben sich Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und die Deutsche Bahn AG auf ein Konzept für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) geeinigt. Der RRX soll als innovatives Produkt verkehren, das in einigen Jahren mit Schnelligkeit und Komfort ein Nahverkehrsangebot darstellt, das einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet auch tatsächlich angemessen ist. Erst Recht, wenn im Zuge des RRX auch umsteigefreie Verbindungen von fast allen Landesteilen zur Rhein-Ruhr-Achse geschaffen werden. Dafür sollen die Netzinfrastruktur zwischen Köln und Dortmund für rund 1,3 Milliarden Euro ausgebaut und für weitere 56 Millionen Euro die Stationen ausgebaut werden.
Mir drängt sich nicht der Eindruck auf, als ob die politisch Verantwortlichen im Land Nordrhein-Westfalen ein schlüssiges Konzept zur Hand haben, die von Ihnen geschilderten Missstände tatsächlich in den Griff zu bekommen. Die Verbesserung des ÖPNV gehört augenscheinlich nicht zu den zentralen Aufgaben der CDU/FDP-Landesregierung. Das gilt offensichtlich auch für den zu geringen Umfang dringend notwendiger kommunaler Maßnahmen. Und natürlich ist der VRR gehalten, Effizienzreserven zu erschließen und so seinerseits einen spürbaren Beitrag zur Verbesserung der Situation zu leisten. aus. Der Bund jedenfalls stellt sich seinen Haushaltsverpflichtungen als Beitrag zur Verkehrspolitik der Länder und Kommunen. Die Entscheidungen im Detail fallen allerdings in den Ländern und den dazugehörigen Verkehrsverbünden.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Petra Weis, MdB