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Petra Sitte
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Frage von Christoph G. •

Die Hersteller der genetischen Corona-Impfstoffe haben 8 Rote-Hand-Briefe zu Risiken (Thrombose, Herzmuskelentzündung) erstellt. Werden Sie diese Risiken bei der Impfpflichtdebatte berücksichtigen?

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Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Risiken und Nebenwirkungen der zum Einsatz kommenden Impfstoffe müssen bei jeder Beratung über ihren Einsatz genau betrachtet werden. Genau diesem Zweck dienen die „Rote Hand Briefe“, die im Zusammenhang mit jedem Antrag auf Zulassung eines neuen Medikaments dem Paul Ehrlich Institut vorzulegen sind und negative Wechsel-, Neben- und Folgewirkungen auflisten. Diese Informationen landen bei erfolgreicher Genehmigung des neuen Medikaments später auf den Beipackzetteln. Die Bezeichnung „sehr selten“ steht dabei in der Medizin für eine Häufigkeit von weniger als einem Fall pro 10.000 behandelten Personen. Im Falle des Kapillarlecksyndroms zum Beispiel wurde bei dem Impfstoff Vaxzevria „von einem Fall auf mehr als 5 Millionen Dosen berichtet.“ (https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/veroeffentlichungen-arzneimittel/rhb/21-06-23-covid-19-vaccine-vaxzevria.pdf).

Diese möglichen Nebenwirkungen sind wichtig zu kennen, weil zum Beispiel auch Acetylsalicylsäure (kurz ASS), der aktive Wirkstoff in Aspirin und ähnlichen Medikamenten, in sehr seltenen Fällen Geschwüre und Blutungen im Magen oder Darm, Asthmaanfälle oder Nierenschäden hervorrufen kann. Zu den möglichen Nebenwirkungen von Paracetamol, das in vielen Erkältungsmitteln enthalten ist, zählen in sehr seltenen Fällen Atemnot, Blutdruckabfall bis hin zum Kreislaufversagen und anaphylaktische Schocks sowie psychotische Reaktionen. In den allermeisten Fällen enden diese Nebenwirkungen nicht tödlich, weil die Patient:innen über ihr mögliches Auftreten informiert sind und im Notfall schnell genug behandelt werden können. Ein Restrisiko bleibt aber.

Im Hinblick auf die aktuelle Pandemiebekämpfung ist dieses abzuwägen gegen die Risiken, die im Falle einer ungebremsten Ausbreitung und Verstetigung der Pandemie zu erwarten sind. Das bedeutet, dass Gesetzgeber und Regierung sowohl durch die Entscheidung für als auch durch jene gegen eine Impfpflicht gesundheitliche Risiken für viele Menschen in Kauf nehmen. Hintergrund für diese schwierige und undankbare Position ist eine Pandemie, die bereits viele Menschen gesundheitlich geschädigt hat – oft genug tödlich, in den sich mehrenden Fällen von Long Covid langfristig – und droht, viele weitere zu schädigen. Untätigkeit und Gleichgültigkeit sind daher keine ethisch vertretbaren Optionen, auch wenn sie die wenigsten Einschränkungen und Belastungen im Zuge der Pandemiebekämpfung bedeuten würden.

Ich halte eine allgemeine Impfpflicht für die ultima ratio, also für das letzte Mittel, dessen Einsatz wir in Erwägung ziehen sollten, falls wir trotz aller anderen Maßnahmen mit unserem Latein ans Ende geraten. Die Eindämmung der Pandemie stellt sich als großer Test unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts und Zusammengehörigkeitsgefühls heraus. Was wir jetzt brauchen, ist Solidarität, einen aktiven, transparent und vertrauenswürdig handelnden Staat und eine Stärkung unseres Gesundheitswesens, um die Auswirkungen der Pandemie und ihrer Bekämpfung auf alle und auf jede und jeden Einzelnen so gering wie möglich zu halten. Wer sich impfen lässt, verringert damit massiv die Gefahr, selbst schwer zu erkranken, und ebenso das Risiko, andere anzustecken. Deshalb werbe ich weiterhin dafür, dass wir über unsere rund 70-prozentige Impfquote hinauskommen und sich alle, die keine Kontraindikationen aufweisen, impfen lassen. Vor allem aber müssen wir die anderen Möglichkeiten zur Pandemiebekämpfung voll ausschöpfen und konsequent nutzen. Denn Impfen allein wird uns nicht aus der Pandemie helfen.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Petra Sitte MdB

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