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Petra Sitte
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Frage von Axel S. •

Frage an Petra Sitte von Axel S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Dr. Sitte,

unter http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/83/136810/ haben Sie bestimmt schon den Beitrag zum Plan gesehen, Kinder aus Heimen massiv zu den Herkunftseltern zurückzuführen. Dazu habe ich einige Fragen:

Wie ist diese Entscheidung aus Ihrer Sicht mit dem Kindeswohl vereinbar?
Wie ist diese Entscheidung mit dem Schutzauftrag des Staates aus Artikel 6 der Verfassung vereinbar?
Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage erfolgt die Annahme, daß mit dieser Maßnahme Kostensenkungen verbunden sein könnten? (Langfristig, Sozialisierung usw.)
Wie ist Ihre persönliche Meinung dazu?
Wie wollen Sie in Ihrem Wahlkreis ggf. auf politischer Ebene Einfluß nehmen?

Mit freundlichen Grüßen
Axel Symancyk

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Symancyk,

Fragen des Kindeswohls sind immer Einzelfallentscheidungen, da die ganz persönliche Situation des betroffenen Kindes und dessen Familie im Mittelpunkt stehen. Zwar sollten Kinder in geeigneten Fällen wieder mit den Eltern zusammenkommen, wenn die Gründe für einen Heimaufenthalt weggefallen sind, aber eine pauschale Dienstanweisung, Heimkinder wieder in die Familien zurückzuführen – möglicherweise sogar entgegen richterlichen Sorgerechtsentscheidungen – halte ich für rechtswidrig und unverantwortlich. Die Dienstanweisung des Jugendamtsleiters, auf die hier Bezug genommen wurde, verletzt den gesetzlich festgelegten Pflichtauftrag der Jugendhilfe zur Wahrung des Kindeswohls u.a. deshalb, weil in einer Zeit von 4 Wochen eine fachliche Beurteilung der notwendigen Hilfe für die Kinder nicht gewährleistet werden kann. Insbesondere in Fällen des Sorgerechtsentzugs spielt auch Artikel 6 GG eine wesentliche Rolle, da zwar die Eltern für die Erziehung der Kinder verantwortlich sind, der Staat jedoch über die über die Erfüllung dieser Aufgabe zu wachen hat.

Auch fiskalische Gründe dürfen kein vordergründiges Kriterium bei Jugendhilfeentscheidungen sein. Im Jugendhilfeausschuss der Stadt Halle und im entsprechenden Unterausschuss wurden inzwischen mehrere Fachgespräche zur Thematik geführt und deutliche Kritik an der Dienstanweisung geübt.

Im Übrigen wurde ein Fachkonzept entwickelt, pro-aktive Systeme in den Sozialräumen der Stadt aufzubauen, in denen durch eine ganzheitliche Sichtweise auf die Probleme von Familien eingegangen werden kann. Eine engere Zusammenarbeit von Kita, Schule, ASD, öffentlichen und freien Trägern soll so gefördert werden, dass Hilfen präventiv zur Anwendung kommen. Stationäre Hilfen wird es dennoch auch in Zukunft geben! Da ich selbst auch in Halle Stadträtin bin, werde ich mit den Mitgliedern meiner Fraktion beraten, welche Schritte bei der Umsetzung des Fachkonzepts notwendig sind. Dazu gehören aus meiner Sicht:

• Kontinuierliche Beratung zur Thematik HzE im Jugendhilfeausschuss
• Abstimmung konkreter Handlungswege zur Abwendung von Kindeswohlgefährdung
• Ständige Aktualisierung der Umsetzungsstrategie des Fachkonzepts
• Beteiligung der kommunalen Mandatsträger an den Fachkonferenzen.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Sitte

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