Frage an Petra Sitte von Sultan Abu S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Sitte,
Mit Drucksache 18/3842 ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/038/1803842.pdf ) gehen Sie auf die sogenannte Transparenzdebatte ein. In Ihrem Antrag fordern Sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen (S. 2), der bestimmte Punkte bereits vorgibt.
Nach meinem Verständnis ist die Gestaltung von Gesetzes eine der vornehmsten Aufgaben eines Parlaments. Neben Ihrer eigenen intellektuellen Faehigkeit stehen Ihnen hierzu Mitarbeiter Ihres eigenen Büros, der Fraktion und des Bundestages, u.a. des Wissenschaftlichen Dienstes, zur Verfügung.
Deshalb wuerde mich interessieren, warum Sie die zentrale Aufgabe – Erarbeitung und Beschluss von Gesetzen – an die Bundesregierung abgeben. Wenn diese demokratieschädliche Form der Gesetzesbearbeitung gewählt wird, wäre es dann möglich, den Bundestag auf ca. 10 Prozent der jetzigen Grösse zu beschränken und die Verwaltung generell abzuschaffen?
Sehr geehrter Herr Sultan Abu Sadr,
besten Dank für Ihre Frage. Bundesregierung und Parlamentsfraktionen sind gleichermaßen wie auch der Bundesrat berechtigt, Gesetzentwürfe zur Beratung beim Bundestag einzureichen. Das Parlament ist trotzdem der Gesetzgeber. Er entscheidet über die konkrete Ausgestaltung und beschließt die Gesetze.
Für uns als kleine Oppositionsfraktionen steht immer die Frage, ob wir selbst einen Gesetzentwurf erarbeiten oder in einem Antrag Eckpunkte eines möglichen Gesetzentwurfes formulieren. Diese Frage entscheiden wir von Fall zu Fall. Es gibt durchaus Regelungsgebiete, auf denen es mindestens der Mitwirkung der Bundesregierung bedarf, da diese einfach über das entscheidende Verwaltungswissen und über ungleich größere Ressourcen verfügt.
Selbst wenn die Bundesregierung einen Gesetzentwurf einbringt, verlässt dieser selten in der gleichen Form das Parlament, wie er eingebracht wurde. Selbst die Regierungsfraktionen ändern diese Gesetzentwürfe häufig. Ich stimme Ihnen zu, dass die Nähe von Bundesregierung und Regierungsfraktionen trotzdem oft so groß ist, dass diese Fraktionen oft nur als Anhängsel der Regierung erscheinen. Daher haben wir versucht, auch in Zeiten der ganz großen Koalition mehr Rechte und auch Ressourcen für die Opposition für unsere Arbeit zu erreichen, was uns nur teilweise gelungen ist. Und nicht zuletzt setzt sich DIE LINKE. für mehr Rechte des Parlaments gegenüber der Regierung und für mehr Rechte auf Transparenz und Partizipation für die Bürgerinnen und Bürger ein. Häufig schreiben Lobbyisten in den Ministerien an Gesetzentwürfen mit, ohne dass deren Beitrag kenntlich wird.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage damit beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen.
Petra Sitte