Frage an Petra Selg von Thomas S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Selg
Auch alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging. Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht, sondern nur ausgerechnet diese harmlose Minderheit?
Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben? Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?
Wir würden Sie gerne auch mal zu einem kleinen Rundflug bei uns einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, dass wir keine berechtigt verdächtige Kamikazeterroristen sind. Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz! Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stute
Sehr geehrter Herr Stute,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Luftsicherheit. Hierzu erreichte mich über Kandidatenwatch bereits eine weitere Frage, auf deren Beantwortung ich ergänzend verweisen möchte.
Nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurde weltweit über neue Maßnahmen für mehr Luftsicherheit diskutiert. Die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hat zu einer Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen geführt. Das deutsche Luftsicherheitsgesetz setzt die EU-Verordnung für mehr Sicherheit in der Zivilluftfahrt um, die auch Zuverlässigkeitsüberprüfungen vorsieht. Der Luftzwischenfall in Frankfurt und der absichtliche Absturz vor dem Reichstag in Berlin haben deutlich gemacht, dass auch Kleinflugzeuge ein Bedrohungs- und Gefährdungspotential darstellen können.
Die Innenministerkonferenz ist im Mai 2003 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Luftverkehr gegenüber anderen Verkehrsträgern einer besonderen Gefährdung unterliegt. Durch die Nutzung eines Kleinflugzeuges als Tatwaffe können massive Schäden angerichtet werden, wenn diese z. B. mit Sprengstoff beladen werden.
Der Staat hat die Verantwortung, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen. Eine Zuverlässigkeitsüberprüfung hält Bündnis 90/ Die Grünen für erforderlich. Wir teilen allerdings Ihre Auffassung, dass die Regelungen im Luftsicherheitsgesetz zu bürokratisch sind. In den Verhandlungen hatten wir uns dafür eingesetzt, die Zuverlässigkeitsüberprüfung wie in der EU-Verordnung vorgesehen, lediglich alle 5 Jahre zu wiederholen. Eine jährliche Überprüfung ist übertrieben und für die Betroffenen mit nicht verhältnismäßigen Kosten verbunden. Wir werden uns hier erneut für erträgliche und vermittelbare Regelungen einsetzen.
Zuverlässigkeitsüberprüfungen gab es bereits vor Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes für Personen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiteten (z.B. Kernkraftwerke). Diejenigen Personen, die in beruflichem Zusammenhang regelmäßig in den sicherheitsrelevanten Bereichen der Verkehrsflughäfen tätig waren, z.B. Personal der Flughafenbetreiber und Luftfahrtunternehmen, sowie die Mitarbeiter der Flugsicherung, die einen Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben, müssen sich einer regelmäßigen Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Auch Hobbypiloten haben Zutritt zu den relevanten Sicherheitsbereichen und sind deshalb in die Überprüfung einzubeziehen.
Auch wir sehen, dass Zuverlässigkeitsprüfungen kein Allheilmittel gegen Bedrohungen sind, aber auf sie zu verzichten wäre leichtfertig. Natürlich ist es bedauerlich, dass sich viele rechtschaffene Bürgerinnen und Bürger, die sich nie etwas zuschulden haben kommen lassen, diesem Verfahren unterziehen müssen. Bündnis 90/ Die Grünen setzen sich dafür ein, dass das, was erforderlich ist, verhältnismäßig angewandt wird. Die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere auch Sie als Sportpiloten bitten wir dabei um Verständnis und Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Selg
P.S. Vielen Dank für Ihr Angebot, dass ich mich persönlich davon überzeugen könne, dass sie keine "Kamikazeterroristen" sind. Seien Sie versichert, dass es eines solchen Testfluges nicht bedarf!