Frage an Petra Selg von Wolfgang R. bezüglich Familie
Sehr geehrter Frau Selg!
In einem Plusminus-Beitrag vom 25.8.09 wurde berichtet, dass nach einer Scheidung eine Familie mit Kindern mehr Steuern bezahlen muss als vorher, obwohl sie einen höheren finanziellen Bedarf hat. Nach Auskunft von Dr. Siegfried Willutzki (ehemaliger Familienrichter) hatte der Gesetzgeber schon vor 30 Jahren versprochen, das Problem auf steuerrechtlicher Eben zu lösen, worauf wir noch heute warten. Zwar findet man in Ihrem Wahlprogramm keinen Hinweis darüber, aber vielleicht will Ihre Partei in der nächsten Legislaturperiode versuchen dieses Unrecht zu beseitigen?
Ein weiterer Fall von Diskriminierung geschiedener Ehegatten erfolgt mit der Abschaffung des sogenannten „Rentnerprivilegs“ (ein Unwort) zum 1.9.09 im Zuge der Reform des Versorgungsausgleiches. In dem weit überwiegenden Teil deutscher Familien verdient der Mann mehr als die Frau und ist zudem der ältere Partner. Da der Mann bei einer Scheidung Rentenpunkte / Betriebsrentenansprüche sofort an die Frau abgeben muss, erhält er bei Rentenbeginn und ab 1.Sep. auch wenn er schon in Rente ist, eine verminderte Rente. Da die Frau diesen Ausgleich erst bei ihrem Renteneintritt erhält, vereinnahmen die Rentenkassen diesen Ausgleichsbetrag für den Zeitraum des unterschiedlichen Rentenbeginns. Mit welchem Recht verfällt eigentlich dieser erarbeitete Rentenanspruch? Bei mir würden das zum Beispiel 800 € weniger Monatsrente für 14 Jahre bedeuten. Auch hierzu steht nichts im Wahlprogramm, aber vielleicht denkt Ihre Partei noch einmal darüber nach, ob dieses Unrecht nicht doch abgeschafft gehört, damit der bittere Beigeschmack des reinen Abkassierens von einer sowieso schon belasteten Personengruppe entfällt.
Beide Themen richtig und rechtzeitig vor der Bundestagswahl platziert und Sie können sich vor Wählerstimmen nicht mehr retten!
Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
mit der Bitte um Entschuldigung, aber ich hatte einfach Pc Probleme.
Sie haben Recht, deshalb wollen wir Familien mit Kindern entlasten und den komplizierten Familienlastenausgleich aus Kindergeld und einbezogenen Freibeträgen wie den Kinderfreibetrag und den Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung deutlich vereinfachen. Deshalb schlagen wir eine eigenständige und bindungslose Kindergrundsicherung für alle Kinder vor. Sie soll das soziokulturelle Existenzminimum sichern. Mit dieser Leistung werden sämtliche Kinder unterstützt und zwar unabhängig davon, ob ihre Eltern verheiratet sind oder nicht oder alleinerziehend. Die Besteuerung der Einkommen aus der Kindergrundsicherung muss die Größe der Familie ebenso berücksichtigen, wie die Fragen des Unterhalts.
Zur Finanzierung, weil ich danach ständig gefragt werde.... wollen wir das Ehegattensplitting nicht abschaffen sondern im Rahmen der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbeitrag weiterentwickeln. Das bringt mehr Gerechtigkeit für alle .
Alleinerziehende, Familien mit geringem Einkommen und Familien mit Kindern profitieren deutlich. Für uns gilt nicht Ehe an sich zu fördern, sondern da Leben mit Kindern.
Bei Ihrer Frage beim Versorgungsausgleich Rente, kann ich Ihrem Eindruck des "abkassiern" nicht ganz folgen. Der Versorgungsausgleich bei einer Scheidung ist vor allem für die Alterssicherung von Frauen von erheblicher Bedeutung. So profitierten 2005 mehr als 2 Millionen Versicherte davon. Ich begrüße sehr, dass beim Familienrecht ein fraktionsübergreifender Konsens gefunden wurde, denn die verflixt komplizierte Reform des komplizierten Versorgungsausgleichsrechts war eine Mammutaufgabe.Ein neues System war aber auch deswegen erforderlich, weil die Bedeutung betrieblicher und privater Altersvorsorge zugenommen hat und wird.
Beim Versorgungsausgleich nach Scheidung der Ehe bzw. Aufhebung der Lebenspartnerschaft werden die Altersversorgung bzw. die entsprechenden Anwartschaften aufgeteilt. Im vorherigen System war nur bei der gesetzlichen Rentenversicherung ein Ausgleich vorgesehen. Das war kompliziert und führte zu Ungerechtigkeiten, gerade im Hinblick auf die Frauen, denn meist sind ja die Frauen ausgleichsberechtigt.
Das Thema hat darüber hinaus eine Ost-West- Relevanz. Der Versorgungsausgleich ist gerade für die Alterssicherung geschiedenen Frauen in Westdeutschland bedeutsam. Aufgrund des Fortbestehens, des Alleinernährermodells stammten 2005 mehr als ein Drittel ihrer Rentenansprüche immerhin 260 Euro im Monat aus dem Versorgungsausgleich. Bei den Frauen in Ostdeutschland- die überwiegend durchgängig erwerbstätig waren - ist es nur etwas mehr als halb so viel.
Das neue System ist gerechter. Statt eines Einmalausgleichs über die gesetzliche Rentenversicherung wird die Teilung eines jeden einzelnen Anrechts, innerhalb des jeweiligen Systems, eingeführt. So werden auch Leistungen bzw. Ansprüche aus Betriebsrenten hälftig geteilt, wofür die ausgleichsberechtigte Person ein eigens Konto beim jeweiligen Träger erhält. Jede Einzelversorgung wir also zwischen den Ehegatten entsprechend der Ehezeit geteilt und innerhalb des gleichen Systems saldiert. Geschiedene Ehepaare waren bislang gegenüber unverheirateten Paaren privilegiert, deshalb bin ich der Ansicht, dass mit dieser Regelung mehr Teilhabegerechtigkeit geschaffen wurde.
Deshalb nochmals, vermag ich Ihren Eindruck des "Abkassierens" nicht teilen.Stehe für Rückfrage aber gerne jederzeit ( auch nach der Wahl!) zur Verfügung.
Herzlichst Petra Selg