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Petra Pau
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Frage von Maria G. •

Frage an Petra Pau von Maria G. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Pau,

Am morgigen Samstag wird die NPD in Berlin Reinickendorf ihren Bundesparteitag abhalten. Nachdem das Bezirksamt der NPD die Nutzung eines Saales im Rathaus verweigerte, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin die Entscheidung gekippt, mit der Begründung:"Ein solches Vorgehen ist mit den Geboten der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit für politische Parteien nicht zu vereinbaren" Die NPD habe laut Oberverwaltungsgericht genau wie jede andere konkurrierende Partei auch, einen Anspruch auf Nutzung von Rathaussäälen zum Zweck von Parteitagen.

Nun ruft der Wirtschaftssenator von Berlin, Harald Wolf (Linkspartei) die Gastronomen und Hoteliers von Berlin dazu auf, den NPD-Delegierten die Bedienung und Unterkünfte zu verweigern.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/NPD-Reinickendorf-Bundesparteitag;art270,2766406

Ich muss sagen, soetwas erschreckt mich sehr. Was kommt denn als Nächstes? Werden Ärzte dazu aufgerufen, NPD-Mitglieder nicht mehr zu behandeln? Werden Polizeibeamte dazu angehalten, NPD-Mitglieder nicht mehr zu schützen?

NPD-Mitglieder, Delegierte und Wähler sind genauso deutsche Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten, solange sie sich an die Gesetze dieses Staates halten, oder etwa nicht? Wie kann es denn sein, dass Regierungsmitglieder Teile der Wirtschaft dazu aufrufen, Menschen jegliche Dienstleistung zu verweigern, nur weil sie einer bestimmten Partei angehören?

Aus meiner Sicht sollte jeder unbescholtene Staatsbürger, unabhängig von seinem Geschlecht, seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seiner politischen Ansichten fair und gerecht und vorallem gleich behandelt werden.

Sehen Sie das genau wie ich?

Mit freundlichen Grüßen

Maria Geisner

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Sehr geehrte Maria Geisner,

so lange die NPD eine Partei ist, so lange genießt sie dieselben Rechte, wie andere Parteien auch. In diesem Sinne hat das Oberverwaltungsgericht Recht gesprochen. Die Entscheidung, ob eine Partei eine Partei im Sinne des Grundgesetzes ist, obliegt ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht. Auch das befürworte ich, weil dadurch Parteien nicht einfach durch politische Willkür anderer das Parteien-Privileg entzogen werden kann.

Bis dahin scheinen wir überein zu stimmen. Aber das alles entzieht Bürgerinnen und Bürgern nicht ihr Demonstrationsrecht, auch nicht gegen Parteien. Dieses Protest-Recht kann unterschiedliche Formen annehmen, von der Demonstration über die Sitzblockade bis zum Boykott. Das alles ist legal.

Dabei ist sauber zu unterscheiden: Die Polizei muss alle Parteien schützen, von Staats wegen, so wie der Arzt allen Menschen helfen muss, von Amts wegen. Aber ein Hotelier muss nicht beherbergen und ein Wirt muss nicht bedienen. Kein Friseur kann gezwungen werden, Rechtsextremen den Schopf zu scheren. Und kein Bus-Unternehmen muss NPD-Mitglieder befördern. Allen steht es frei, Zivilcourage zu zeigen.

Und natürlich haben Politikern das Recht, zur Zivilcourage aufzurufen. Ob man das jeweils gut oder schlecht findet, hängt davon ab – um beim konkreten Fall zu bleiben – ob man die NPD gut oder schlecht findet. Und da will ich aus meiner Meinung kein Hehl machen. Für mich ist die NPD keine demokratische Partei, sondern eine verfassungsfeindliche Rotte. Und ihre Mitglieder sind mitnichten „unbescholtene Bürger“, die anderen, unabhängig von ihrer Hautfarbe, Religion, Herkunft oder Lebensweise gleiche Rechte zubilligen. Im Gegenteil!

Petra Pau

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