Frage an Petra Pau von Dr. Guntram S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Pau,
seit einiger Zeit geistert das "bedingungslose Grundeinkommen" durch die Lande, und viele LINKE Politiker scheinen dieses zu befürworten.
Auch ich finde es durchaus lukrativ, für 100´% Freizeit 0% arbeiten zu müssen, also keine Verpflichtung zu haben, für mich selbst zu sorgen, schließlich ist das ja das "Paradies auf Erden".
Für Minderjährige fände ich solch ein Grundeinkommen hervorragend, weil man so ein asoziales Unterhaltsrecht, was im Grunde eine Ausbeutung der Unterhaltspflicht stützt, abschaffen könnte.
Aber erklären Sie mir bitte, warum die Partei DIE LINKE von Erwachsenen nicht das fordert, was SELBSTVERSTÄNDLICH sein sollte, nämlich erst einmal Verantwortung für sich selbst zu tragen?
Ist ein BGE für Erwachsene nicht sogar verfassungswidrig, da es praktisch eine Lizenz zur Ausnutzung der Steuerzahler ist?
Sehr geehrter Dr. Seiss,
für die Fraktion DIE LINKE gilt ein einmütiger Beschluss: „Hartz IV mit einer Bedarf deckenden sozialen Mindestsicherung überwinden.“ Sie finden ihn auf der Web-Seite der Fraktion.
Gleich wohl gibt es auch Gründe für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Wer zum Beispiel von „Hartz IV“ betroffen ist, muss ca. 150 persönliche Daten über sich und sein Umfeld preisgeben. Das wiederum halte ich für verfassungswidrig. Denn wer arm dran ist, verliert damit auch noch seine verbrieften Bürgerrechte.
Ich halte es auch nicht für verfassungsgemäß, wenn Bürgerinnen und Bürger in eine Arbeit gezwungen werden, von deren Entlohnung sie nicht einmal menschenwürdig Leben können. In den alten Bundesländern sind derzeit 19 Prozent in solchen Arbeitsverhältnissen, in den neuen Bundesländern sind es sogar 41 Prozent aller Beschäftigten.
Die von Ihnen kritisierte „Lizenz zur Ausnutzung der Steuerzahler“ orte ich übrigens noch ganz woanders. Anders ist es schwer erklärlich, warum der relative Anteil am gesellschaftlichen Steueraufkommen umso kleiner wird, je höher jemand in die Riege der Millionäre und Milliardäre aufsteigt.
Es soll sogar höchstdotierte Manager geben, die den Fiskus trotz aller Steuererleichterung zusätzlich um Millionen prellen und dafür mit einem juristischen „Du-Du“ bestraft werden. Zugleich wird Hartz IV-Empfängern ein höheres Kindergeld verweigert. Es geht ja nur um Hartz-IV-Kinder. Solche Gesetze nenne ich wiederum asozial.
Sie haben mich mit einem moralischen Impetus gefragt. Ich habe Ihnen daher ebenso geantwortet. Das mag Sie vielleicht nicht befriedigen. Aber ich plädiere nun mal dafür, die unterschiedlichen Modelle für eine zukunftsfähige Grundsicherung mehr in der Sache und weniger mit Vorbehalten zu debattieren.
Aus diesem Grund hatte ich zum Beispiel Prof. Götz Werner zu Gast in meiner Veranstaltungsreihe „Einer trage des Anderen Last“. Er ist Unternehmer und Chef einer großen Drogerie-Kette. „Trotzdem“ wirbt er landauf, landab für ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Zurück zum Anfang: Die Position der Fraktion DIE LINKE ist unter http://linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1204228919 nachlesbar.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau