Frage an Petra Pau von Dr. Wolfgang M. bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)
Sehr geehrte Frau Pau,
nicht wenige Ihrer Wähler werden sich aus Anhängern von Ideologien der Vorwendezeit einschließlich des noch immer vorhandenen Potentials ehemaliger SED-Kader und -Mitglieder rekrutieren. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass viele Menschen, junge wie alte, aufgrund ihrer miserablen Lebenssituation besonders im Osten den Argumenten Lafontaines und Gysis Glauben schenken. Sie als Partei wähnen sich in der komfortablen Situation, lediglich auf Steilvorlagen der „etablierten“ Parteien reagieren zu müssen. Um Erfolg zu haben, brauchen Sie nur auf Ausrutscher der so genannten Volksparteien zu warten.
Besonders erschreckend ist zu sehen, wie schnell Menschen besonders in den neuen Bundesländern vergessen können. Auf der Ostalgiewelle schwimmend kümmert es nicht mehr, wie sich in 40 Jahren Diktatur eine Funktionärskaste mit dem Machtapparat der Staatssicherheit menschenverachtend in Szene setzte. Diese Kaste verweigerte nicht nur Reisefreiheit und Demokratie. Sie ließ auf Menschen schießen, die ihr Land verlassen wollten. Sie kerkerte Menschen jahrelang in Zuchthäusern ein, die nicht einmal die Verhältnisse grundlegend ändern wollten, sondern nur ein Mindestmaß an Demokratie und Selbstbestimmung einforderten. Weit über tausend Tote und eine Viertelmillion politische Häftlinge waren die Schreckensbilanz jener menschenverachtenden Diktatur. Der PDS-Vorgänger ließ die innerdeutsche Grenze verminen und Selbstschussanlagen installieren, deren quaderförmige, scharfkantigen Projektile nicht bloß schlimme Wunden riss und Menschen, die nichts als die Freiheit suchten, fürchterlich verstümmelte, sondern viele von ihnen auch tötete. Längst vergessen ist das wirtschaftliche Chaos dort. Wegen einfachster Dinge musste auf die Staatsreserve zurückgegriffen werden. Auf die Entwicklung eines Urlaubsfarbfilmes musste man sechs oder acht Wochen warten. Gefährliche Schlaglöcher „zierten“ die Straßen. Im Obst- und Gemüseladen gab es oft nur Rotkohl und Weißkohl. Ersatzteile für Autos - dazu gehörte auch der Flüchtlingskoffer „Trabant“ - Fehlanzeige. Versorgungsengpässe, leere Regale und ebenso leeres Geschwafel der SED-Funktionäre waren das Maß der Dinge. Nur Dumme können all dies vergessen. Gewissenlose vergessen nicht, sie verdrängen!
An dieser Stelle meine Fragen an Sie:
Wann hat die Nachfolgepartei der SED jemals Verantwortung für dieses Chaos übernommen?
Wann hat sie den Opfern von SED und Staatssicherheit Gerechtigkeit widerfahren lassen?
Hat sie sich ablehnend zu den Schüssen an der Grenze, zu den Tausenden von Horrorurteilen der Stasi-Justiz geäußert?
Haben Sie und Ihre Parteifreunde sich beispielsweise für die Renten der geschundenen SED-Opfer eingesetzt, wie das die SED-Nomenklaturkader für sich selbst mit Erfolg getan haben?
Und, verehrte Frau Pau, meinen Sie nicht auch, dass der Einfluss politisch derart vorbelasteter Kandidaten Ihre Partei unglaubwürdig macht?
Dr. phil. Wolfgang Mayer