Frage an Petra Pau von Rüdiger M. bezüglich Bundestag
Sehr geehrte Frau Pau,
wie bewerten Sie als Bundestagsvizepräsidentin die Qualität der parlamentarischen Debatte im Bundestag?
Finden Sie, dass das traurige Schauspiel, das den Zuhörern dort regelmäßig geboten wird, zu der viel beschworenen „WÜRDE DES HOHEN HAUSES“ passt?
Gibt es zwischen dem Präsidenten und den Vizepräsident(inn)en Absprachen oder vielleicht sogar Vorgaben im Rahmen der Geschäftsordnung, wie bestimmtes Verhalten von Abgeordneten (hier ausdrücklich nicht geschlechtsspezifisch gemeint) zu sanktionieren ist?
Unter „parlamentarischer Ordnung“ ist das, was von einigen Volksvertreter(inne)n bisweilen dargeboten wird, wohl kaum zu verstehen.
Oder möchte man verhindern, dass die oft ohnehin nur spärlich besetzten Ränge im Plenum noch weiter ausgedünnt werden, falls Sanktionen ergriffen werden?
Wen wundern bei solchen Vorbildern noch sinkende Sprachkultur und immer niedrigere Hemmschwellen in den sozialen Medien...
Wie stehen Sie dazu, dass es noch immer nicht gelungen ist bzw. dass erfolgreich verhindert wurde, einen Vizepräsidenten bzw. eine Vizepräsidentin aus den Reihen der AFD zu wählen, obwohl der Partei ein solches Amt zusteht ( § 2 der Geschäftsordnung: Wahl des Präsidenten und der Stellvertreter: „Jede Fraktion des Deutschen Bundestages ist durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten.“ )?
Wie sollen die Bürger davon überzeugt werden, sich an Recht und Gesetz zu halten, wenn dazu nicht einmal die Volksvertreter(innen) willens und/oder in der Lage sind und nur die Regeln befolgen, die ihnen angenehm und passend erscheinen?
„So viele Berichte. So viele Fragen.“ (B. Brecht)
Mit freundlichen Grüßen
Rüdiger Mook
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage(n).
In den vergangenen Jahren haben sich das Klima und der Umgang im Parlament geändert. Es ist rauer geworden. So setzt zum Beispiel die AfD auf Eskalation und Polarisierung. Die Zwischenrufe im Plenum sind häufiger und grenzwertiger geworden.
Die AfD provoziert, bis hin zu persönlichen Diffamierungen, und baut in den hinteren Reihen der Fraktion regelrechte Drohkulissen gegen andere Fraktionen auf.
Hetze und Verächtlichmachung von Bevölkerungsgruppen wiederholen sich Woche für Woche und auch die Beobachtenden fragen sich, was davon jeweils noch einen Neuigkeits- oder auch nur Berichtswert hat. Dieses Verhalten hat mit der Würde des Hohen Hauses nicht mehr viel gemein.
Für die Wahl eines Vizepräsidentin bzw. eines Vizepräsidenten bestimmt zunächst Art. 40 des Grundgesetz, dass der Bundestag seinen Präsidenten und die Stellvertreter:innen wählt. Ferner können Sie der Geschäftsordnung entnehmen, erfolgt die Wahl der Vizepräsident:innen durch die gewählten Mitglieder des Bundestages:
Das Amt der Bundestagspräsidentin bzw. des –präsidenten des Deutschen Bundestages steht in aller Regel der zahlenmäßig stärksten Fraktion zu. Das ist seit langem die CDU/CSU. Allen anderen Fraktionen gebührt das Amt einer Vize-Präsidentin bzw. eines Vize-Präsident. Die jeweils vorgeschlagenen Personen müssen allerdings mit der Mehrheit des gesamten Parlaments gewählt werden, die Stimmen der eigenen Fraktion reichen dafür nicht.
Schließlich sollen die Mitglieder des Präsidiums neben anderen Aufgaben auch den gesamten Bundestag im In- und Ausland repräsentieren. Insofern ist unsere Wahl auch ein Vertrauensvorschuss, finde ich.
Mit solidarischen Grüßen
Petra Pau