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Petra Pau
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Frage von Klaus-Dieter P. •

Frage an Petra Pau von Klaus-Dieter P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Pau,

SPD und CDU scheinen hinsichtlich all ihrer Aktivitäten zum Aufbau eines Überwachungs- und Präventionsstaates für viele, auch für mich, nicht mehr wählbar zu sein. Mein Vorschlag im Heise-Forum, massiv alternativ für die Linke zu stimmen, stieß mit Verweis auf das Berliner Polizeigesetz auf einhellige Ablehnung. Kann es sein, das die Linke zum Thema Bürgerrechte und Bürgerfreiheiten nicht zuverlässig agiert, sondern je nach Lage und Koalition Überzeugungen über Bord wirft? Wenn dem nicht so ist, wie ist das besagte Berliner Gesetz erklärbar?

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Dieter Pritzens

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Klaus-Dieter Pritzens,

Ihre Frage bewegt nicht nur Sie. Sie finden sinngemäß dieselben Fragen und eine Antwort von mir hier bei Abgeordnetenwatch vom 22. und 30. 11. 2007.

Ich will meinem Verweis darauf, dass es sich um einen klassischen politischen Kompromiss zwischen zwei unterschiedlichen Koalitionspartnern handelt, und dass ich diesen Kompromiss in der Sache für misslich halte, noch drei Gedanken hinzufügen.

Es gab vor der Verabschiedung der umstrittenen Änderungen im Polizeigesetz sehr kontroverse Debatten in der Berliner Linksfraktion und im Berliner Landesvorstand der Partei. Auch in der Bundestagsfraktion DIE LINKE gab es viel Kontra und kaum Pro. Trotzdem, und auch das ist Politik, liefen die Auseinandersetzungen letztlich auf die Frage hinaus: Lohnt es sich deshalb die Koalitionsfrage zu stellen und deshalb Rot-Rot in Berlin aufzukündigen. Und da habe ich eine klare Meinung: Nein. Das war mein erster Gedanke.

Nun mein zweiter Gedanke, er hängt mit dem ersten zusammen: Die Position der Linken gegenüber der SPD wäre eine viel stärkere, wenn es in der Gesellschaft mehr vernehmbaren Widerstand gegen den zunehmenden Einbruch beim Datenschutz und bei Bürgerrechten gäbe. Die allgemeinen Umfragen sprechen leider für „die Schäubles“ und nicht für die Positionen der Bürgerrechtler in der Gesellschaft und in der Linkspartei.

Damit bin ich bei meinem dritten Gedanken: Wenn sich nun die Bürgerrechter in der Gesellschaft und jene in der Partei DIE LINKE heftig zoffen, dann macht es das Berliner Polizeigesetz nicht besser. Aber es lässt mit Sicherheit „Schäuble & Co.“ frohlocken. Wir sollten also bei aller Kritik, die ich teile, nichts befördern, was das Gegenteil bewirkt.

Und eines möchte ich auch noch anmerken: Rot-Rot in Berlin hat die anderswo übliche Rasterfahndung abgeschafft. Unter Rot-Rot in Berlin wurden die V-Leute in der NPD abgeschaltet. Rot-Rot in Berlin hat der Vorrats-Datenspeicherung nicht zugestimmt. Dank Rot-Rot beginnt Berlin mit der Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Rot-Rot in Berlin hat mit der dümmlichen Überwachung, erst der PDS und nunmehr der Linken, Schluss gemacht. Und durch Rot-Rot konnte das Land Berlin in Fragen direkter Demokratie vom Platz 15 unter den Bundesländern auf Platz 1 vorstoßen.

Ich wünschte, manch berechtigter Kritiker der Berliner Linken hätte bei sich eine ähnliche Bilanz vorzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau

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