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Petra Pau
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Frage von Mechthild M. •

Frage an Petra Pau von Mechthild M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Pau,

zumal Sie im beirat der "Berliner Tafel" sind, wende ich mich an Sie. Ich habe gehört, daß bei einem von der "Tafel" betriebenen restaurant für kinder, sogenannte MAE-kräfte als küchenhelfer eingestellt werden, die dann allerdings ihrer ausbildung entsprechend als koch dort arbeiten. Wie sehen Sie das Problem?

Es ist notwendig, daß kinder anständig ernährt werden, und zumal es in Berlin leider überdurchschnittlich viele kinder gibt, die in armut aufwachsen besteht ein bedarf an preisgünstigen (oder im idealfall kostenlosen) kantinen. Aber ist es sinnvoll derartiges mit billigarbeitskräften und lebensmittlespenden zu realisieren? Die "Tafel" untergräbt mit diesen mitteln den wettbewerb: schulkantinen, die ihre mitarbeiter anständig bezahlen, können bei solchen preisen nicht mithalten und müssen schließen. Aber die entlassenen arbeitskräfte können sich freuen: sie sind keineswegs überflüssig, sie können ja gemeinützig karriere machen für 1 euro 50 die stunde. Dreht sich bloß die abwärtsspirale ein stückchen weiter nach unten.

Als stammwählerin der LINKEN sehe ich das gesamte projekt der "Tafel" äußerst kritisch, derartige hilfsmaßnahmen verbessern die lage der armen nur unerheblich und im grunde wird sie sogar zementiert. Anstatt almosen zu verteilen sollte es stehts das ziel der LINKEN sein, die wohlfahrtsindustrie überflüssig zu machen. PDSwählerin bin ich NICHT geworden, weil ich mich nach der wilhelministischen wohlfahrtspolitik zu zeiten der Kirchenjuste zurücksehnte!

Mit freundlichen grüßen
Mechthild Mühlstein

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Sehr geehrte Mechthild Mühlstein,

wenn reguläre Arbeitsstellen durch so genannte MAE-Kräfte oder auch 1-Euro-Jober verdrängt werden, dann ist das selbstverständlich nicht in Ordnung. Da haben sie völlig recht. Dadurch wird eine Spirale bedient, die für immer mehr direkt oder indirekt Betroffenen in die Armut führt.

Wobei mir beim Schreiben gerade erneut auffällt, wie unwürdig solche Begriffe wie „MAE-Kräfte“ oder „1-Euro-Jober“ klingen. Schließlich geht es um Menschen.

Ob diese oben beschriebene Verdrängung auch bei der „Berliner Tafel“ stattfand, das weiß ich nicht. Ich vermute aber, eher nicht, denn die „Berliner Tafel“ fußt, wie die „Tafeln“ anderen Ortes auch, vor allem auf ehrenamtlichem Engagement.

Zur „Tafel“ selber habe ich eine andere Einschätzung als Sie. Ich kritisiere nicht die „Tafeln“, sondern die gesellschaftlichen Missstände, die sie für viele Menschen in Not erst nötig machen. Und leider sind im reichen Deutschland immer mehr Menschen auf solche karikativen Einrichtungen angewiesen, um wenigstens ihr täglich Brot zu haben.

Gewiss gibt es Schul-Kantinen, die ihre Mitarbeiter nicht mehr bezahlen können. Es gibt aber auch zunehmend Eltern, die schlicht das Schul-Essen für ihre Kinder nicht mehr bezahlen können. Daran ist aber nicht die „Tafel“ schuld, sondern vor allem die Bundes-Politik und ihr ungerechtes Steuer- und Sozialsystem.

Ich habe übrigens vor einigen Tagen gemeinsam mit dem Autor Helmut Kuhn sein jüngstes Buch vorgestellt. Es heißt „Arm, Reich – und dazwischen nichts?“ Ich empfehle es.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau

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