Frage an Petra Pau von Manfred N. bezüglich Gesundheit
Die bisherigen Pflegereförmchen haben nicht wirklich den Kern der Probleme getroffen, die zu Mißständen führen, Was haben Sie für Vorstellungen, Pflege und Gesundheit für ALLE effizienter und bei den Betroffenen, auch den pflegenden Angehörigen, besser und unbürokratischer zu gestalten.
Ein pflegender Angehöriger hat meines Erachtens mehr zu leisten als ein Pfleger, weil er viel tiefer in Pflege integriert ist als Jeder Andere.
Interessant ist dabei die Möglichkeit zu profilaktischen Kuren, ....
Sehr geehrter Herr N., vielen Dank für Ihre Frage.
Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland hat Angst davor, im Alter oder bei Krankheit auf Pflege angewiesen zu sein. Die Pflegeversicherung zahlt nur einen Teil der anfallenden Kosten. Der Rest – durchschnittlich 580 bis 720 Euro im Monat – muss draufgezahlt werden. Daran haben auch die Pflegestärkungsgesetze der GroKo nichts geändert. Im Gegenteil, Pflegearmut nimmt zu: Immer mehr Menschen können sich gute Pflege nicht leisten oder sind deshalb auf Sozialhilfe angewiesen. Der Wunsch, zu Hause gepflegt zu werden, ist für viele nur erfüllbar, wenn die Familienangehörigen einspringen. Noch immer pflegen vor allem Frauen – Ehe- und Lebenspartnerinnen, Töchter und Schwiegertöchter. Viele pflegende Menschen kämpfen mit Dauerstress, Erschöpfung und Geldsorgen, schränken ihre Berufstätigkeit ein oder geben sie auf. Das verringert die eigenen Rentenansprüche und führt die Pflegenden in die Altersarmut.
Deswegen will DIE LINKE erstens eine Pflege-Vollversicherung, die alle pflegebedingten Leistungen umfasst (Sachleistungsprinzip). Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien müssen keine Eigenanteile mehr zahlen. Wir wollen zweitens eine Solidarische Pflegeversicherung, in die alle einzahlen. So können die finanziellen Lasten gerecht auf alle Schultern verteilt werden: auch privat Versicherte, Beamte, Abgeordnete und Selbständige zahlen ein – ohne Beitragsbemessungsgrenze, die Millionäre schont. Neben Löhnen und Gehältern werden auch Miet-, Zins- und Kapitaleinkommen beitragspflichtig. DIE LINKE will in der Pflege das, was in der Krankenversicherung schon immer gilt: das umlagefinanzierte Sachleistungsprinzip. Das ist ohne höhere Beiträge finanzierbar, wenn alle einzahlen. Bei stabilem Beitragssatz stünden der Pflegeversicherung jährlich mind. 12,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Die Beitragsbemessungsgrenze ist ungerecht. Sie bewirkt, dass Gering- und Normalverdienende einen höheren Anteil ihres Einkommens zahlen müssen als Gutverdienende. Die Beibehaltung der PKV zementiert das Zwei-Klassen-System.
Gerade in der Altenpflege fehlt die Zeit für Gespräche, Zuwendung und Unterstützung. Oft reicht es nicht einmal für die grundlegenden Hygienemaßnahmen. Menschen werden vernachlässigt, z.B. weil für 50 Heimbewohner_innen in der Nachtschicht nur eine Pflegefachkraft zur Verfügung steht. Viele Pflegekräfte werden krank oder verlassen den Beruf, weil sie diese Zustände nicht ertragen.
Mehr Personal und mehr professionelle Angebote in der ambulanten Pflege können das ändern. So kann in der häuslichen Umgebung gut gepflegt werden – wenn gewünscht, stärker durch Fachkräfte. Das entlastet Familien und erhöht die Pflegequalität. Meine Partei DIE LINKE will daher 40.000 Altenpflegekräfte mehr, tariflich bezahlt. Dafür wollen wir als Sofortmaßnahme den Pflegevorsorgefonds auflösen und in einen Pflegepersonalfonds umwandeln (1,2 Mrd. Euro im Jahr). Wir fordern Mindestpersonalvorgaben in Pflegeeinrichtungen: »Keine Nachtschicht allein« muss immer und überall gelten! Wir fordern einen Rechtsanspruch für Angehörige auf arbeitgeberfinanzierte Freistellung von bis zu sechs Wochen für erstmalige Pflegesituationen – bei vollem Verdienstausgleich! Voll bezahlte Pflegezeit muss allen Angehörigen möglich sein.
Wir wollen eine bessere Anrechnung von Pflegezeiten bei der Rentenberechnung und mehr Reha-Maßnahmen für pflegende Angehörige.
Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (SGB XI). Das heißt hochwertige Pflege durch gut ausgebildete und ordentlich entlohnte Fachkräfte statt unbezahlte Familienpflege oder illegale Arbeitsverhältnisse mit osteuropäischen Pflegerinnen. Die Kommunen müssen gute Pflegeinfrastruktur ausbauen können. Und wer als Angehörige/r jemanden pflegt, soll sich nicht verschulden müssen oder verarmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Petra Pau