Warum waren Sie zwischen 1986 und 1989 SED Mitglied? Warum sind Sie 1989 wieder ausgetreten?
Sehr geehrte Frau Köpping,
als ich mich über die Spitzenkandidaten der Parteien zur kommenden Wahl informiert habe fiel mir auf, dass Sie zwischen 1986 und 1989 Mitglied der SED waren, was man angesichts der Machenschaften dieser "Partei" in der DDR natürlich auch kritisch gesehen werden kann, insbesondere wenn man sich, wie Sie es tun, nun in hohen Ämtern für die Demokratie engagieren.
Mich würde deswegen interessieren, warum Sie damals eingetreten sind, wie Sie während ihrer Mitgliedschaft aktiv in der Partei waren und warum sie wieder ausgetreten sind.
Vielen Dank bereits im Voraus für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr M.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die ich selbstverständlich gern beantworte. Weil das geschriebene Wort manchmal etwas nüchterner daherkommt als das gesprochene, möchte ich Ihnen zuerst gern eine Empfehlung geben: Als ich beim Podcast Jung & Naiv zu Gast war, hat mir Tilo Jung diese Frage auch gestellt und wir haben ausführlich über die damalige Zeit gesprochen. Hier finden Sie den Podcast: https://www.youtube.com/watch?v=k7N6A_HdRy0 und die entsprechende Passage beginnt ab Minute 25:30.
Nun aber die schriftliche Kurzfassung: Ich habe zu DDR-Zeiten Staatsrechtswissenschaften studiert. Zugegebenermaßen war das eher eine pragmatische Entscheidung. Meine eigentliche Liebe hätte dem Sport oder der Schauspielerei gehört. Allerdings war ich zu dem Zeitpunkt frisch gebackene Mutter und da war ein Fernstudium - das ging in dieser Fachrichtung - ganz praktisch die beste Möglichkeit, Ausbildung und Familie unter einen Hut zu bringen.
Ja, im Jahr 1986 bin ich dann in die SED eingetreten, weil das eben irgendwie dazugehörte. "Jetzt musst Du doch mal" und "Mach doch mal" hörte man da oft; mein damaliger Mann hat beim Rat des Kreises gearbeitet und da bin ich dann eben auch eingetreten. Wir waren damals relativ viele junge Leute und wollten dann auch etwas machen in der Partei, ein paar Veränderungen herbeiführen, etwas gestalten. Gelungen ist uns das natürlich nicht, die Strukturen waren verkrustet.
Als ich im Mai 1989 Bürgermeisterin von Großpösna geworden bin, fing schon die Ausreisewelle an und auch bei uns im Ort kamen die Leute nicht mehr aus dem Ungarn-Urlaub wieder. Ich habe mich dann oft an die SED-Kreisleitung gewandt, weil es ja so nicht weitergehen konnte, habe viele Briefe geschickt, aber nie eine Reaktion erhalten. Und weil meine Briefe offenbar völlig egal waren - obwohl ich Mitglied und Bürgermeisterin war - habe ich dann im Juni 1989 mein Parteibuch hingeschickt und meinen Austritt erklärt.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage damit beantworten.
Herzliche Grüße
Petra Köpping