Frage an Peter Wilhelm Patt von Andreas G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Patt,
Eine Frage zur Bildungspolitik. Gemäß dem Schulgesetz für den Freistaat Sachsen gilt für Grundschulen für die erste einzurichtende Klasse je Klassenstufe eine Mindestschülerzahl von 15 Schülern (§4a Absatz 1). Unter §4a Ansatz 4 werden einzelne Punkte aufgezählt, wann es in begründeten Ausnahmefällen zu Abweichungen von dieser Mindestschülerzahl kommen kann. Bei diesen gibt es sicherlich jeweils einen gewissen Ermessensspielraum.
In Chemnitz besteht immer wieder die Gefahr, dass insbesondere in den Randbereichen (bspw. Mittelbach, Klaffenbach, Kleinolbersdorf) die erwähnte Mindestschülerzahl nicht erreicht wird und die Schließung der Grundschule droht. Im ländlichen Raum ist dies sicher noch dramatischer.
Wie stehen Sie und Ihre Partei zum Konzept der Einklassenschulen oder auch Mehrklassenschulen, in denen beispielsweise je zwei oder je drei Jahrgangsklassen gemeinsam unterrichtet werden? Dieses Konzept wird im europäischen Ausland in dünn besiedelten Gebieten, jedoch auch im Stadtrandbereich, bereits seit Jahrzehnten umgesetzt. Wichtige Infrastruktur vor Ort kann so erhalten werden und den Grundschülern bleiben weite Wege erspart.
Bitte begründen Sie, welche Punkte aus Ihrer Sicht dafür oder dagegen sprechen. Wäre evtl. auch eine Lockerung der Mindestschüleranzahl im Schulgesetz aus Ihrer Sicht ein erster Schritt?
Vielen Dank und viele Grüße
Vielen Dank für Ihre Frage zur Mindestklassengröße.
In Mittelbach kam es vor Jahren zweimal hintereinander zur Unterschreitung der Mindestgröße bei Grundschulen. Eine drohende Schulschließung konnte letztlich durch Abstimmung mit Eltern zur Umlenkung ihrer Anmeldungen u.a. gelöst werden. Die Aussichten sind derzeit für Mittelbach stabil. (Für Schulen außerhalb meines Wahlkreises kann ich auf die Schnelle keine Aussage treffen, wenngleich allgemein die Schülerzahlen, auch infolge der Migration seit 2015, zugenommen haben.)
Nota bene: Es gibt anscheinend eine Differenz zwischen allgemeinen politischen Bekundungen aus Elternkreisen zu Kleinschulen und der tatsächlicher Entscheidung der Eltern konkret.
Die Stadt Chemnitz, die die Schulen betreibt (das Land stellt die Lehrer und Curricula zur Verfügung) hat, auch auf meine Bitte, den Schulbezirk so verändert, dass im Chemnitzer Westen die Grundschulen Reichenbrand (dreizügig, dazu Oberschulstandort), Grüna (zweizügig mit Kapazitätsreserven) und Mittelbach (einzügig) zusammengefasst wurden. Damit haben die Eltern in jeweils erreichbarer Entfernung drei in sich verschiedene Größenmodelle zur Auswahl. Größere Schulen können mehr Angebote machen und ermöglichen gegebenenfalls, zwischen Lehrern zu wechseln. Kleine Schulen haben häufig mehr Nähe zum Schüler und seinem Elternhaus. Wichtig ist bei dieser Bündelung auch die Möglichkeit, mit Eltern abzustimmen, ob ggfs. eine andere Schule des Bezirks infrage kommt, wenn dort noch Anmeldereserven bestehen.
Im ländlichen Raum sind seitens des Landesamtes für Schule und Bildung, einer der Staatsregierung nachgeordneten Behörde, jahrgangsübergreifende Beschulungen möglich. Dies muss die Schulkonferenz für sich prüfen und sollte die Ausnahme bleiben, um Schulen auf dem Land zu behalten, wenn Fahrentfernungen sonst unzumutbar würden. (Persönlich finde ich einiges zumutbar, wenn es um die Bildungsqualität meiner vier Kinder geht.)
Sie schreiben, dass Sie aus Chemnitz kommen. So ist mir unklar, welche Erfahrungen Sie im ländlichen Raum gemacht haben, die zu Ihrer Frage führen. Jedenfalls leisten die Schulen der Städte durch ihre bestmögliche Schülerauslastung einen hohen solidarischen Beitrag, dass kleine Schulen auf dem Land bestehen können, denn wir teilen uns dieselbe Lehrerschaft. Die unzueichende Anzahl der Lehrer ist in ganz Deutschland problematisch. Das ist auch der wichtigste Grund, warum eine Reduzierung der Mindestschülerzahl schwierig werden dürfte.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Patt, MdL