Frage an Peter Vincent Heim von Gisela W. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Heim,
Wie schätzen Sie den in 2 Tagen stattfindenden "freiwilligen" autofreien Sonntag ein?
Gibt es in Ihren Vierteln Bestrebungen und/oder praktische Ansätze zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs?
Wie stehen Sie und die Partei, für die Sie kandidieren, zu den Konzepten des niederländischen Verkehrswissenschaftler Hans Monderman?
Sehr geehrte Frau Walk,
für Ihr Interesse und Ihre Fragen danke ich Ihnen sehr.
1) Heute ist der autofreie Sonntag und meine Frau und ich werden unseren Pkw. gar nicht bzw. nur im äußersten Notfall benutzen. Ich meine, daß autofreie Tage tatsächlich aber auch von ihrem symbolischen Wert her Sinn machen.
2) In meinem Stadtteil sind Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Geschwindigkeitsreduzierung, wie Verengungen des Strassenraumes und Beschilderungen zur Tempobegrenzung durchgeführt worden. Diese Maßnahmen haben nur sehr bedingt zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs beigetragen. In unserem Stadtteil wurden im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens 350 neue Wohnungen geplant. Es ist uns im Stadtteilrat nicht gelungen, die Planer der Bezirksverwaltung davon zu überzeugen, das zusätzliche Verkehrsaufkommen so zu kanalisieren, daß es nicht zu einer zusätzlichen Belastung für das Quartier wird.
3) Das Konzept des "shared space" (gemeinschaftlich genutzter öffentlicher Raum) von Herrn Hans Monderman ist ein sehr interessanter Ansatz. Seine Idee auf Verkehrszeichen, Staßenbegrenzungen und die Trennung unterschiedlicher Nutzergruppen gänzlich zu verzichten, ist faszinierend. Die in der Praxis in einigen Gemeinden in Holland, Deutschland und Österreich erprobte Reduzierung der Verkehrsregeln auf:
- den Grundsatz "Rechts vor Links",
- die Verantwortung des einzelnen Verkehrsteilnehmers, ob Fußgänger, Autofahrer oder Fahrradfahrer für das möglichst gefahrlose Abwickeln des Verkehrs und deren Umsetzung durch Blickkontakt und Gestik, scheint auf den ersten Blick DIE Lösung unserer städtischen Verkehrsprobleme zu sein. Denn es hat sich gezeigt, daß die Autofahrgeschwindigkeit sich auf 30 km/h deutlich verringert hat, Lkw´s diese Gemeinden eher meiden, die Zahl der Verkehrsunfälle sich signifikant verringert hat. In dreierlei Hinsicht muß die Idee m.E. weiterentwickelt werden:
- Bisher wurden diese EU-geförderten Projekte in kleineren überschaubaren Gemeinden erprobt und nicht in Großstädten. Im Fall von Großstädten setze ich im Wesentlichen auf ein Stadtbahnsystem, welches aber in städtischen Randbereichen durch Maßnahmen wie oben beschrieben, ergänzt werden könnte.
- Insbesondere für Sehbehinderte sind besondere ertastbare Hilfen mittels unterschiedlicher Pflasterhöhen, Kanten etc. erforderlich.
- Das Verkehrsaufkommen wird durch das Konzept nicht grundsätzlich reduziert, es wird zur Zeit nur auf Umgehungsstrassen verlagert. Das gilt zumindestens während einer langen Übergangsphase. M.E. ist eine veränderte Haltung zum motorisierten Individualverkehr erforderlich, um ein solches Konzept voll zur Wirkung zu bringen. (Tritt dieser wünschenswerte Fall erst einmal ein, stellt sich die Frage, ob es noch relevant ist.)
Wir haben also noch viele dicke Bretter zu bohren. Viele Grüße und einen schönen autofreien Sonntag wünscht Ihnen
Peter Heim