Peter Stein
CDU
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Frage von Bauke F. •

Frage an Peter Stein von Bauke F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte*r Herr Peter Stein,

das Bundesverteidigungsministerium diskutiert schon länger, die geleasten Heron-TP-Drohnen zu bewaffnen. Eine ausführliche Debatte mit völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung – wie im Regierungs-Koalitionsvertrag vorgesehen – hat dazu bisher nicht stattgefunden. Die für den 24. März 2020 angesetzte Podiumsdiskussion des Bundesverteidigungsministeriums, die nun wegen der Corona-Pandemie ausfallen musste, kann eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Aufrüstungsschritt nicht ersetzen.
Ich befürchte, dass durch die Bewaffnung der Drohnen die Hemmschwelle zu töten sinken wird. Wenn ich die Entwicklung des Drohnenkrieges insbesondere der USA beobachte, zuletzt die Tötung von Soleimani, sehe ich, wie zunehmend der Weg der Gewalt beschritten wird, anstelle die Möglichkeiten zu nutzen, Konflikte zivil zu bearbeiten. Das Völkerrecht wird durch die Möglichkeit, jederzeit und überall risikolos zu töten, immer weiter aufgeweicht. Vor welcher Instanz und vor welchen völkerrechtlichen Normen müssen sich die Beteiligten der Befehlskette noch rechtfertigen?
Ich befürchte, dass die Gefahr weiterer Kriege weltweit steigt, wenn diese Entwicklung ungebremst voranschreitet.
Der Schutz der Zivilbevölkerung, der unter anderem als Begründung für den Einsatz militärischer Drohnen angeführt wird, wird von mir bezweifelt. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die zeigen, dass auch Nicht-Kombattant*innen, darunter auch Kinder massiv unter einer kontinuierlichen und ubiquitären Überwachung aus der Luft leiden, die verbunden ist mit der Gefahr, ohne Vorwarnung gezielt oder aus Versehen beschossen zu werden.
Zudem ist die Bewaffnung von militärischen Drohnen ein qualitativ entscheidender Schritt in Richtung der Automatisierung des Krieges und damit auch hin zu autonomer Kriegführung, in der Algorithmen so schnell entscheiden, dass dabei menschliche Erwägungen, Vernunft und Gewissen keinen Platz haben.
Deshalb muss die Bewaffnung der von Israel geleasten Drohnen meiner Ansicht nach ebenso abgelehnt werden wie Beteiligung Deutschlands an Drohneneinsätzen anderer Staaten über die US-Airbase Ramstein und die Beteiligung an der sogenannten Eurodrohne.
Gerade die Corona-Pandemie zeigt uns, dass wir unsere Ressourcen für zivile Zwecke einsetzen müssen.
Ich bitte Sie daher, sich an einer Debatte über die Beschaffung von Bewaffnung zu beteiligen. Nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“ führt meiner Ansicht nach kein Weg daran vorbei, sich gegen die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr zu entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen

B. F. v. R.

Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Freiherr von Rechenberg,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 09. Mai dieses Jahres. Jeder militärische Einsatz, also auch der von Drohnen, muss kritisch debattiert und auftragsscharf definiert werden. Das findet grundsätzlich immer statt. Ich teile dahingehend vollkommen Ihre Meinung.

Parlamentarische Debatten über die Anschaffung bewaffneter Drohen haben zuletzt Ende 2019 stattgefunden. Auch der Verteidigungsausschuss hatte über die Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen gesprochen, das Thema im Plenum debattiert. Erst im Laufe dieses Monats hat Peter Tauber, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, ein kritisches und ausgewogenes Interview zu eben diesem Thema mit dem Deutschlandfunk geführt. Eine gesellschaftlich-politische Debatte findet tatsächlich statt.

Ich respektiere Ihre skeptische Einstellung. Nicht zuletzt sind Fähigkeiten aber auch Risiken jederzeit ethisch-moralisch aber auch vor dem Hintergrund des Nutzens abzuwägen. Drohnen leisten schon heute einen essenziellen Anteil bei der Aufklärungsarbeit ziviler und militärischer Operationen mit deutscher Beteiligung. Grundsätzlich sehe ich den Einsatz von so genannten „Fernwaffen“ innerhalb unserer Parlamentsarmee sowohl im Falle einer Beschaffung als auch im Einsatz stets ausreichend bedacht.

Durch den bereits erprobten Einsatz von Drohnen bei den verschiedensten Einsätzen unserer Truppe ist es ferner auch nur konsequent, dass diese wertvollen taktischen Elemente in der Lage sind, sich bei Angriffen zu verteidigen oder der Verteidigung zu dienen. Die mögliche Verfügbarkeit bewaffnungsfähiger Drohnen könnte einen entscheidenden Beitrag für die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz leisten. Hier für den bestmöglichen Schutz zu sorgen, ist Ausdruck der Verantwortung des Parlaments. Staatssekretär Tauber meinte hinsichtlich des Zusammenwirkens innerhalb der Bundeswehr daher passend: „Bewaffnete Drohnen bieten zusätzlichen Schutz für eigene Truppen.“ Drohnen liefern Aufklärungsergebnisse in vielen Fällen besser als Flugzeuge, weil sie erheblich länger über einem Einsatzgebiet verweilen können.

Grundsätzlich sind Aufklärungsdrohnen schon heute ein wichtiger Baustein unserer Einsatzkonzepte. So sind Drohnen wie die HERON TP Luftfahrzeuge, die nicht von einem Piloten an Bord, sondern einem Piloten am Boden ferngesteuert werden. Eine Drohne wird also von einem Menschen bedient. Daher gehe ich im Falle der Bundeswehr immer von einem verantwortungsvollen Einsatzgeschehen aus und vertraue in unsere militärische Führung.

Durch die technische Möglichkeit, diese Drohnen zu bewaffnen, erhielten wir künftig die Möglichkeit, Gefahren mit der Drohne nicht nur aufzuklären, sondern nötigenfalls auch zum Schutz unserer Soldaten, bedrohter Dritter oder auch der Drohne selber einzugreifen. Drohnen dienen auch und vor allem einer präziseren Zielauswahl. Sie tragen damit erheblich dazu bei, Leid für meist von Militärs oder Terrorgruppen in Geiselhaft genommene Zivilisten und Schäden an ziviler Infrastruktur zu vermeiden. Ihr Einsatz kann daher in bestimmten Fällen sehr sinnvoll und human geboten sein.

Vor allem aber ändern sich durch die Beschaffung einer neuen Technologie weder unsere moralischen Maßstäbe noch unsere rechtlichen Rahmenbedingungen. Schließlich steht fest, dass jeder Einsatz der Bundeswehr eine Einzelfallentscheidung des Deutschen Bundestages ist mit der der Auftrag, Dauer und Umfang der Mission klar definiert bleibt.

Sehr geehrter H. v. R.
kein bewaffneter Konflikt ist „risikolos“ und ebenso wie sie, lehne ich einen von menschlichen Entscheidungen entkoppelten, automatisierten Waffengang ab. Da ich aber nicht naiv in der Welt stehe, sehe ich diese Entwicklung global nicht beeinflusst von unserer Entscheidung zur Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten. Ihre größtmögliche eigene Sicherheit und ihre Fähigkeiten, Konflikte zu verhindern, zu verkürzen oder zu entschärfen brauchen das notwendige und sinnvolle Gerät. Sie verteidigen unsere Sicherheit, Werte und Ordnung.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Stein