Frage an Peter-Stefan Siller von Michael K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Siller.
Das Bürgerhospital Stuttgart schrieb dieser Tage eine Stelle als Erzieher (m/w) aus. Es fiel auf, dass dort Frauen ausdrücklich aufgefordert werden, sich zu bewerben, aus Gleichstellungsgründen. Der Anteil männlicher Erzieher dürfte weniger als 5 % betragen, ein klarer Verstoß gegen das sonst so hoch gehaltene gender-mainstreaming.
Daher die Fragen:
Sehen Sie die geschlechtsspezifische Quotierung von Stellen noch als zeitgemäß an?
Setzen Sie sich auch für die Förderung von Männern und Jungen in Berufen ein, in denen diese unterrepräsentiert sind?
Befürworten Sie ein geänderte Erziehungspolitik, die bestrebt ist, Jungen im Kindergarten und Schule mehr männliche Bezugspersonen anzubieten?
In Anbetracht dessen, dass junge Männer wesentlich häufiger von Jungendarbeitslosigkeit betroffen sind als junge Frauen, weil sich in frauendominierten Berufen wie etwas den Dienstleistungsberufen die Arbeitsplatzentwicklung positiv ist – setzen sie sich für einen „Boys-day“ analog zum „Girls-day“ ein, der junge Männer über Perspektiven in sozialen und pflegerischen Berufen informieren kann?
Sehr geehrter Herr Kühnapfel,
gerne beantworte ich Ihre Fragen zum Gender-Mainstreaming:
Frauen sind nach wie vor in der Arbeitswelt benachteiligt, kommen schwerer rein, verdienen weniger und haben schlechtere Karrierechancen - auch wenn wir schon einiges bewegt haben. Deshalb halte ich die Quote im öffentlichen Dienst bei gleicher Qualifizierung für ein sinnvolles Instrument.
Wir wollen Zugangsgerechtigkeit und Teilhabegerechtigkeit für alle. Wir wissen, dass Macht, Geld, Zeit nicht gleich zwischen Frauen und Männern verteilt sind. Der Weg zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft führt zu Veränderungen in allen Lebensbereichen, bei Wirtschaft und Arbeit, bei den Sozialsystemen, der Steuer- und Familienpolitik, den Lebensweisen insgesamt. Rollenbilder sind zäh und widerstandsfähig. Sie gehören zum Grundrepertoire, auf das eine Gesellschaft in Krisenzeiten gerne zurückgreift. Andererseits eröffnen Krisenzeiten auch immer Veränderungsmöglichkeiten, die sich in stabilen Phasen weniger ergeben. Wir wollen das Veränderungspotenzial zu Gunsten der Frauen nutzen.
Gender-Mainstreaming bedeutet für uns selbstverständnlich auch, dass wir Männer verstärkt in Berufe bringen, die bislang als "Frauen-Berufe" qualifiziert wurden. Die Trennung, dass Männer für technische Arbeit zuständig sind und Frauen für soziale Tätigkeiten ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar.
Auch die verstärkte Ausbildung und Einbeziehung von mänlichen Kindergärtnern, Erziehern und Grundschullehrern halte ich deshalb für sinnvoll.
Einen Tag der "Sozial-Berufe" fände ich sinnvoll - für boys und girls!
Mit freundlichen Grüßen!
Peter Siller