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Frage von Jürgen M. •

Frage an Peter Simon von Jürgen M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Simon,

zunächst vielen Dank für Ihre Antwort bez. der "Betrieblichen Bündnisse für Arbeit" (die andere Frage ist ein anderer J.M.).

Wenn ich Sie recht verstehe, sind Sie der Ansicht, eine gesetzliche Absicherung der "Betrieblichen Bündnisse für Arbeit" würde zu einer dauerhaften Entwertung der Tarifverträge führen. Meine Anschlussfragen:

Sehe ich es richtig, dass diese Bündnisse ja nicht nur von Bertriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam geschlossen werden sollen, sondern auch 2/3 (!) der Belegschaft zustimmen müssten?

Wäre es dann nicht die Mehrheit der Belegschaft selber, die einer "Aushöhlung" des Tarifvertrages zustimmt, weil sie der Meinung ist, dass die konkrete betriebliche Absprache sinnvoll ist als der pauschale Tarifvertrag? Was kann eine Gewerkschaft mehr wollen?

Was ist eine starke Position der Betriebsräte wert, wenn ihre Entscheidungsbefugnisse im Rahmen Betrieblicher Bündnisse von der Zustimmung der Gewerkschaftszentrale abhängig sind?

Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen,

mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Müller

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SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

leider stellt sich die Situation nicht so eindeutig dar, wie man meinem mag. So stehen nach einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung 33 Prozent der Betriebsräte einer zunehmenden Verbetrieblichung der Tarifpolitik skeptisch, 40 Prozent sogar generell skeptisch gegenüber. Eine Umfrage der IG Metall unter 3000 Betriebsratsgremien, die 1,3 Millionen Beschäftigte vertreten, fällt noch deutlicher aus: Danach lehnen rund 97 Prozent der Befragten eine Abweichung von Tarifverträgen durch Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträge ab.
Es ist also nicht so, dass der Wunsch nach einer einheitlichen, gesetzlich festgesetzten Öffnung der Tarifverträge von der Allgemeinheit der Beschäftigten und insbesondere der Betriebsräte geteilt wird. Es geht ihnen dabei nicht darum, sich in die Abhängigkeit einer Gewerkschaftszentrale zu begeben, sondern darum, einen verlässlichen Partner dabei zu haben, dort wo eben keine zwingende Not für ein betriebliches Bündnis besteht einheitliche und faire Vereinbarungen auszuarbeiten.

Wenn sie fragen, was eine Gewerkschaft mehr wollen kann, als, dass die Belegschaft zu 2/3 einem betrieblichen Bündnis zustimmt, so zeigt die Erfahrung der letzten Jahre, dass die Gewerkschaften immer dann die Möglichkeit der Öffnung der Tarifverträge für betriebliche Bündnisse für Arbeit schaffen, wo sie zum einen wirklich notwendig ist und zum anderen auch ausdrücklich von der Belegschaft gewollt ist.

Im Ergebnis bleibe ich also bei meiner Aussage: eine generelle Öffnung der Tarifverträge wäre falsch und ist auch überwiegend von den Arbeitnehmern nicht gewünscht.
Gleichzeitig sage ich aber auch, dass betriebliche Bündnisse oftmals die beste Lösung für vorhandene Probleme darstellen und die Gewerkschaften hier gefordert sind, dort wo tatsächlich Not am Mann ist, Möglichkeiten für betriebliche Bündnisse zu schaffen.

Im Übrigen kann man trefflich über dieses Thema diskutieren und wie ich Ihren Anfragen entnehmen kann, hätten Sie sicherlich noch das ein oder andere zu sagen. Vielleicht ergibt sich ja die Möglichkeit, dass Sie mich auf einer meiner nächsten Veranstaltungen persönlich ansprechen – für eine Diskussion bin ich immer offen. Die Termine finden Sie auf www.petersimon.info.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Simon