Frage an Peter Simon von Jochen G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Simon,
Mit der EU Agrarreform 2013 wird darüber entschieden wie unsere aller Lebensmittel in Zukunft produziert werden. Es werden die Weichen gestellt, ob weiterhin verstärkt industrielle Agrarstrukturen oder regionale kleinbäuerliche Landwirtschaft gefördert werden.
Als Gärtner beobachte ich das Ringen, um die Agrarreform mit großem Interesse und mit Verwunderung habe ich verfolgt, wie die guten Vorschläge der EU-Kommission im Agrarrausschuß des EP, in dem Experten/innen aller Parteien sitzen, aufgenommen wurden. Statt einer Streichung der Exportsubventionen und eines Monitorings der globalen Auswirkungen der EU-Landwirtschaft auf Entwicklungsländer plötzlich das Gegenteil vernehmbar (Keine Überprüfung der Agrarpolitik auf den Welthunger)
Es stellen sichund für alle, die an einer nachhaltigen Landwirtschaft und an deren Produkten interessiert sind, einige Frage, die ich gerne von Ihnen beantwortet hätte:
1. Wie lässt sich ein Beibehalten der Exportsubventionen bei Agrarprodukten ohne dabei die Märkte in Entwicklungsländern zu schädigen, rechtfertigen?
2. Wie stehen Sie zur Entkoppelung der Agrarsubventionen von verbindlichen ökologischen Kriterien ?
3.Wie ist das Hofsterben (zw. 2007-2013 mussten ein Viertel aller Höfe aufgeben, vor allem Kleinbetriebe) in der EU zu stoppen? Haben regional produzierende, kleinbäuerliche Höfe, die wesentlich mehr Menschen beschäftigen, in der EU überhaupt einen Platz?
4. Setzen Sie sich für kleinbäuerliche Strukturen im Parlament einsetzen? Wie?
5. Werden Sie am 12. März für die Vorschläge der EU-Kommission stimmen?
Mir ist bewusst, dass dies nicht Ihr Resort ist, aber dennoch sind Sie in der Abstimmung am 12. März stimmberechtigt und als Repräsentant in der EU erhoffe ich mir, dass Sie sich kritisch mit den Vorschlägen ihrer Partei - Agrarexperten auseinandersetzen und sich ihre eigene Meinung zu den oben genannten Fragen bilden. Danke.
Ich freue mich von Ihnen zu hören,
mit freundlichen Grüßen,
Sehr geehrter Herr Goetz,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihr Interesse an der Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union. Gerne möchte ich Ihre Fragen im folgenden Beantworten.
Viele Ihrer Kritikpunkte teile ich und meine Kollegen und Kolleginnen der SPD Gruppe im Europäischen Parlament. Für uns steht und stand immer eine zukunftsfähige, starke und nachhaltige Gemeinsame Agrarpolitik im Fokus unserer Bemühungen. Eine solche Politik muss gleichermaßen auf eine verlässliche Versorgung mit qualitativ hochwertigen Agrarprodukten ausgerichtet sein und Maßnahmen beinhalten, die ein nachhaltiges Wachstum, das die Umwelt schützt und zum Klimaschutz beiträgt. Deshalb haben wir von Anfang an die Vorschläge der Kommission als einen Schritt in die richtige Richtung angesehen und auch viele der Kompromissanträge nicht mitgetragen.
Ein ganz wichtiger Punkt für uns ist hierbei eine ökologischere Ausrichtung der GAP zum Beispiel durch eine Ökologisierung der Direktzahlungen, die Sie ja auch angesprochen haben. Das ‚greening‘ der ersten Säule muss dabei unserer Ansicht nach sogar noch weiter gehen als die von der Kommission geforderten minimalen Sanktionen: Die Ökologisierungsmaßnahmen in der ersten Säule sollen verpflichtend werden und dürfen nicht als freiwillige Option gehandelt werden. Problematisch erscheinen mir und meinen Kollegen auch die zahlreichen Ausnahmen von den drei Ökologisierungsmaßnahmen sowie die Doppelanrechnung von Agrarumweltmaßnahmen, die durch die Kompromisse des Agrarausschusses ermöglicht werden.
Meine sozialdemokratische Kollegin Ulrike Rodust setzt sich als Mitglied des zuständigen Agrarausschusses zudem für die komplette Abschaffung der Exportsubventionen ein, für die sie sich bereits zu Beginn der Verhandlungen in Ausschuss und Plenum ausgesprochen hat. Um die Auswirkungen der GAP auf Märkte in Entwicklungsländern besser im Blick zu haben unterstützen wir Sozialdemokraten weiterhin die Einrichtung einer Beschwerdestelle sowie die Errichtung von Monitoringmaßnahmen. Diese Forderungen bringen wir auch durch Änderungsanträge in die finale Abstimmung im Plenum ein.
Ihre Sorge um die Kleinbauern können wir nachvollziehen. Aus unserer Sicht sollen Beihilfen in Zukunft vor allem aktiven Landwirten und weniger Großkonzernen zu Gute kommen. Wir müssen sicherstellen, dass die Zahlungen insbesondere auch bei den Familienbetrieben ankommen, denn diese Betriebe sorgen dafür, dass wir eine multifunktionale, nachhaltige und flächendeckende Landwirtschaft überall in Europa erhalten. Eine Stärkung dieser Betriebe kann zudem durch den weiteren Auf- und Ausbau von lokalen und regionalen Strukturen gefördert werden, denn gerade lokale Märkte schaffen wichtige Arbeitsplätze im ländlichen Raum und tragen dazu bei, dass dieser - auch Dank einer reformierten GAP - lebenswert bleibt.
Sehr geehrter Herr Goetz, ich hoffe ich konnte Ihnen mit obenstehenden Ausführungen eine zufriedenstellende Antwort auf Ihre Fragen geben. Sollten Sie noch weitere Nachfragen haben, stehe ich Ihnen gerne erneut zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Simon