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Frage von Willi S. •

Frage an Peter Simon von Willi S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Simon,

alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen.
Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?

Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern,
die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben?
Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?

Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging.
Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!!
Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar,
kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!

Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht,
sondern nur ausgerechnet diese harmlose Minderheit?

Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?

Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?

Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?

Wir würden Sie gerne auch mal zu einem kleinen Rundflug
bei uns einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können,
dass wir keine berechtigt verdächtige Kamikazeterroristen sind.
Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise
ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz!
Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.

An Anruf Ihrerseits bei mir würde genügen,
Tel. 07172-928735

Mit freundlichen Grüßen
Willi Schönleber
Fliegergruppe Lorch e.V.

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Sehr geehrter Herr Schönleber,

vielen Dank für Ihre ausführliche Nachfrage, die ich aufgrund der engen Terminsituation während des Wahlkampfes erst jetzt beantworten kann. Sie mögen es mir nachsehen, dass ich mich auf dem Gebiet des Luftfahrtrechtes nur als Laie bezeichnen kann. Trotzdem will ich auf Ihre Fragen eingehen.
Der von Ihnen angesprochene § 7 des LuftSiG normiert keinen Globalverdacht und schränkt auch nicht die Würde des Menschen ein.

Es handelt sich um eine Norm zur Gefahrenabwehr, deren Haupt-Kriterium, die Zuverlässigkeit, nach Kapitel 2.2.1 ii) des Anhangs der Verordnung (EG) 2320/2002 in allen Mitgliedstaaten der EU und nach Standard 4.7.2 des Annex 17 zur Konvention der Internationalen Zivilluftfahrtkonferenz auch in allen Mitgliedstaaten der Internationalen Zivilluftfahrtkonferenz (ICAO) Voraussetzung für zu den Zugang zu den besonders sensiblen (d.h. nicht-öffentlichen) Bereichen eines Flughafens ist. Insofern handelt es sich nicht um einen Alleingang Deutschlands.

Ich kann ihnen auch nicht zustimmen, wenn sie von „Aktionismus“ und „Populismus“ sowie von „Unverhältnismäßigkeit“ sprechen. Ich für meinen Teil empfinde es als beruhigend, dass beispielsweise ein zugelassener Fluglotse nicht wegen mehrfacher Trunkenheit im Verkehr schuldig gesprochen sein darf und ein (Hobby-)Pilot nicht regelmäßig gegen das Betäubungsmittelgesetz verstößt.

Die Zuverlässigkeit von Personen ist ein gerade im deutschen Rechtssystem (z.B. GewO oder GastG) häufig genutztes Kriterium um besonders sensible Bereiche unseres täglichen Lebens von Gefährdungen so weit wie möglich frei zu halten. In diesem Zusammenhang besteht eine über hundertjährige Rechtsprechung, die auf die Verhältnismäßigkeit schon abstellte, als das Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 GG noch nicht normiert war. Im vorliegenden Fall sehe ich keine Anzeichen für eine Unverhältnismäßigkeit – der Staat hat eine besondere Fürsorgepflicht für diejenigen die sich auf öffentlichen Flughäfen, so klein sie auch sein mögen, bildlich gesprochen, in die Hände derjenigen begeben, die dort ihre Arbeit am Boden verrichten, oder am eigentlichen Flugverkehr (auch als Hobbypiloten) teilnehmen. Es bedarf hier keines Anfangsverdachtes, wie es auch keines Anfangsverdachtes für allgemeine Verkehrskontrollen oder Berufszugangskontrollen braucht. Um ein prominentes Beispiel zu nennen – die Terroristen des 11.Septembers waren eine vollkommen unauffällige Gruppe junger Menschen. An einen Anfangsverdacht war nicht zu denken. Mindestens einer von ihnen hatte eine in den USA erworbene Fluglizenz – niemand kann sagen, ob hier eine Zuverlässigkeitsprüfung die Anschläge hätte verhindern können – zumindest wäre die Wahrscheinlichkeit höher gewesen.

Natürlich kann ich Sie verstehen, wenn sie anführen, dass es weitere „Gefahrenkontingente“ in unserer Gesellschaft gibt. Letztlich müssen wir dann aber das von ihnen benannte Kriterium der Verhältnismäßigkeit im Auge behalten – Rucksackträger und Autofahrer sind wir alle. Die Frage muss doch aber lauten: Wo ist es unbedingt erforderlich zu handeln und wie sieht eine geeignete und angemessene Handlungsform aus? Ich möchte Ihnen nur einige Beispiele nennen, wo vergleichbare Einschränkungen vorgenommen werden um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten: Kameraüberwachung an Bahnhöfen und anderen Hot-Spots; Zuverlässigkeitsprüfung von Apothekern (§ 2 I 1 Nr. 4 ApoG), von Personenschützern (§ 34a GewO) oder von Waffenscheinbesitzern (§ 4 I Nr. 2 i.V.m. § 5 – diese müssen zusätzlich noch besondere Persönliche Eignungen mitbringen), etc.

Sie sehen also, wo ein Gefahrenpotential eingrenzbar ist und mit entsprechenden Mitteln eingedämmt werden kann, handelt der deutsche Gesetzgeber.

Ich bin mir bewusst, dass ich hiermit nicht unbedingt nach Ihren Vorstellungen geantwortet habe, hoffe aber zugleich, dass Sie meine Argumentation nachvollziehen können und vielleicht sogar den einen oder anderen Punkt finden, bei dem Sie zustimmen können.

Mit freundlichen Grüßen,
Peter Simon