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Frage von Sabine D. •

Frage an Peter Ritter von Sabine D. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte/r Kandidat/in,
ich bitte Sie freundlichst um die Beantwortung der folgenden Fragen. Die Sachverhalte wirken zwar primär eher speziell, bei näherem Hinsehen sollten Sie jedoch feststellen das die Thematik starke Brisanz besitzt. Denn: 1,2 Millionen professionell Pflegende sowie ca. 5 Millionen zu pflegende Menschen und deren Angehörige möchten wissen, welche Partei für sie wählbar ist!

• Wie sieht das Programm Ihrer Partei zum Umbau des Gesundheitswesens aus?
• Welche Vorstellungen hat Ihre Partei zur Prävention und Gesundheitsförderung entwickelt und in welcher Rolle sehen Sie die professionelle Pflege?
• Wie stellt sich Ihre Partei die Steuerungs- und Lotsenfunktion professioneller Pflege vor?
• Wie kann Ihrer Meinung nach rechtzeitige pflegerische Intervention erhebliche Kosten im Gesundheitswesen
einsparen?
• Wie will Ihre Partei die Personalsituation von Pflegenden und Mitarbeitern im Gesundheitswesen verbessern?
• Bestehen in Ihrer Partei konkrete Überlegungen, dieses Wachstumspotential gezielt zu nutzen und Fördermittel in den Arbeitsmarkt Pflege umzuleiten?
• Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei, dass sich die Personalbemessungen in allen Handlungsfeldern der Pflege zukünftig am realen Pflegebedarf der zu versorgenden Klienten orientiert?
Wie steht Ihre Partei zum Erhalt der Fachkraftquote von 50 Prozent und wie wollen Sie die Versorgungsmängel beheben?
• Welche Pläne hat Ihre Partei zur weiteren Finanzierung der Pflegeversicherung?
• Wie steht Ihre Partei zur Hospizarbeit und zu Fragen der finanziellen Absicherung?
• Sieht Ihre Partei Chancen, die Regelung der Arbeitsplatzsicherung in der Zeit der Begleitung sterbender Angehöriger auch in Deutschland einzuführen?
• Wie steht Ihre Partei zur Verlagerung der bisherigen Pflegeausbildung an Hochschulen, wie dies in den meisten europäischen Ländern bereits heute üblich ist?
• Mit welchen Maßnahmen will Ihre Partei dem absehbaren Pflegepersonalnotstand und der Unterversorgung der Pflegebedürftigen in Deutschland entgegenwirken?
• Welche Anforderungen stellt Ihre Partei an professionelle Pflege und wie soll diese finanziell durch Fort und Weiterbildungen sichergestellt werden?
• Wird Ihre Partei weiterhin unqualifizierte und unkontrollierte Pflege zulassen?
• Wie steht Ihre Partei zu der gesetzlichen Registrierung und Lizenzierung von Pflegenden?
• Wird Ihre Partei die Errichtung von Pflegekammern in Deutschland unterstützen?
• Könnten Sie sich vorstellen, eine/einen Bundesbeauftragten für alle Pflegeberufe zu etablieren?

Vielen Dank für Ihre Antworten vor Mitte September,
mit freundlichen Grüßen,
Sabine Dinse

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Dinse,

Ihre Fragen, die sie aufwerfen, sind für Interessierte und Kenner der Materie wohl nachvollziehbar. All diese Themen jedoch verdienten, jedes für sich genommen, mehrere Fachtagungen. Und ich bin mir sicher, dass Mediziner, Sozialwissenschaftler, Vertreter der Praxis, Kommunalpolitiker, Vertreter der öffentlichen Hand und von Krankenkassen viele unterschiedliche Sichten vortragen und auch gut begründen würden. Insofern wird es schwer sein, die allgemeinen Grundsätze darzulegen und dabei auch das Fachchinesisch nicht aus dem Auge zu verlieren.

Dennoch will ich mich dieser Aufgabe stellen und meine bzw. die Auffassung der Linkspartei.PDS darlegen.

Mit freundlichen Gruß

Peter Ritter

1. Wie sieht das Programm Ihrer Partei zum Umbau des Gesundheitswesens aus?

Die Linkspartei.PDS spricht sich für eine solidarische Bürgerversicherung aus. Sie ist eine Alternative zum gegenwärtigen System, aber auch zum Modell einer Gesundheitsprämie (vormals Kopfpauschale) der CDU/CSU.

Unsere solidarische Bürgerversicherung verpflichten alle, die über Einkünfte aus Lohnarbeit und Kapitaleinkommen (einschließlich Mieten, Zinsen und Pachten) verfügen, zur Einzahlung. So erhält die Solidargemeinschaft der Versicherten eine erhebliche Stärkung.

Unternehmen sollen wieder in gleichem Maße einzahlen wie die einzelnen Versicherten. Gegenwärtig kommen 62% der Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung von den privaten Haushalten und nur 38% von den Unternehmen. Das ist und bleibt ungerecht.

Auch innerhalb der Unternehmerschaft muss es zu einer gerechteren Lastenverteilung kommen. Gegenwärtig werden alle Unternehmen entsprechend der Bruttolohnsumme der Beschäftigten veranlagt. Dies bestraft insbesondere jene Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen wollen, gute Löhne zahlen bzw. die in personalintensiven und zugleich nicht so gewinnträchtigen Branchen tätig sind. Auch hier sollen die Leistungsstarken zukünftig mehr schultern als die Leistungsschwächeren.

Deshalb sprechen wir uns für eine Wertschöpfungsabgabe aus. Sie bemisst die Abgabenlast an die solidarische Bürgerversicherung nach betriebswirtschaftlichen Leistungsparametern. Wird ein hoher Gewinn erwirtschaftet, wird ein höherer Prozentsatz gezahlt. Wird (in personalintensiven Bereichen) wenig Gewinn erwirtschaftet, wird ein niedrigerer Beitrag fällig. Damit ist die Wertschöpfungsabgabe unabhängig davon, ob viele oder wenige Menschen beschäftigt werden. Bezugspunkt ist der Gewinn, der durch das Unternehmen erwirtschaftet wurde.

Darüber hinaus wollen wir die Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung anheben, und letztlich vollständig aufheben. So wird verhindert, dass sich gesunde, gut verdienende und mit geringeren Krankheitsrisiken behaftete Menschen der Solidargemeinschaft entziehen können. Nicht zuletzt halten wir die Existenz von derzeit 261 Krankenkassen in der Bundesrepublik für eine Ressourcenverschwendung. Eine Kasse, eine solidarische Bürgerversicherung, mit den Merkmalen einer Vollversicherung wird von uns als ausreichend angesehen.

Die Private Krankenversicherung erhält den Status einer Zusatzversicherung. Die Ansprüche der jetzigen Mitglieder der Privaten Krankenversicherung aufgrund der Altersrückstellungen werden in die solidarische Bürgerversicherung überführt und bleiben den betroffenen Personen erhalten, denn es handelt sich hier um erworbene Eigentumsrechte.

Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass wir mit der solidarischen Bürgerversicherung den vor dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz geltenden Leistungskatalog wieder einführen wollen.

2. Welche Vorstellungen hat Ihre Partei zur Prävention und Gesundheitsförderung entwickelt und in welcher Rolle sehen Sie die professionelle Pflege?

Die folgende umfangreiche Antwort schließt die Aspekte mit ein, die auch für die professionelle Pflege, als Teil des gesamten Fürsorge- und Betreuungssystems, gelten:

Wir alle kennen die Volksweisheit: Vorbeugen ist besser als Heilen! Leider handelten weder CDU/CSU und FDP, als sie in Regierungsverantwortung waren, noch die derzeitige Bundesregierung ausreichend nach dieser uralten Erkenntnis. Denn sonst gäbe es mehr Vorsorgeuntersuchungen für Männer und Frauen, es g? mehr Kinderärzte und auch Sportlehrer und Turnhallen, bessere Betreuung und Fürsorge für Schwangere und junge Mütter und man würde auch einen Impfkalender nicht ideologisch verteufeln, sondern über die Grenzen von Impf-Pflichten, aber eben auch über deren Möglichkeiten und Notwendigkeiten reden.

Was ist aus meiner Sicht mit Blick auf die Prävention zu sagen?

Es müssen sich meines Erachtens die hier zu entwickelnden Strategien sowohl auf die Senkung bestehender gesundheitlicher Belastungen durch verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen als auch auf die Stärkung gesundheitlicher Ressourcen durch die Verbesserung gesundheitsfördernder Rahmenbedingungen konzentrieren.

In der Gesundheitspolitik, die Pflege eingeschlossen, stehen bis heute vor allem auf den Einzelnen abhebende verhaltenspräventive Angebote im Vordergrund, während bevölkerungsbezogene Projekte in der Arbeitswelt, der Umwelt und im Wohnumfeld nachrangig geblieben sind. Gerade letztere bieten aber durch die Entwicklung gesundheitsfördernder Lebenswelten die Chance, besonders gefährdete Angehörige aus sozial benachteiligten Schichten mit einzubeziehen, die sonst unerreichbar bleiben.

Gerade sozial benachteiligte Menschen in ihrem sozialen Umfeld müssen zur bevorzugten Zielgruppe präventiver gesundheitsfördernder Maßnahmen werden. Sie sind den größten gesundheitlichen Risiken ausgesetzt, früher als andere von chronischen Krankenverläufen betroffen und haben eine geringere Lebenserwartung.

Schichtenspezifische Unterschiede hinsichtlich Morbidit?(Krankheitshäufigkeit) und Mortalit?(Sterblichkeit) und die relative Erfolglosigkeit medizinisch-kurativer Interventionen bei chronischen Erkrankungen müssenn ein gesellschaftliches und politisches Umdenken zugunsten der Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik befördern nicht zuletzt auch aus öknomischen Überlegungen der Vermeidung von Krankenbehandlungskosten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dazu mit ihrer Ottawa-Charta von 1986 und ihrem Projekt des Gesunde-Städte-Netzwerkes ganz wichtige Impulse gegeben. Deren Wirkung widerspiegelt sich in verschiedenen Gesundheitsdienstgesetzen der Länder für den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), in einer Erweiterung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 SGB V) und im Entwurf eines Präventionsgesetzes.

Auf kommunaler Ebene hat der ÖGD die Verantwortung für die Sicherung, den Erhalt und die Förderung der Bürgesundheit. Mit der zunehmenden Bedeutung gesundheitsfördernder und präventiver Strategien wächst dem ÖGD die wichtige Funktion des Koordinierungs- und Steuerungsorgans zu.

Auf Basis der vom ÖGD zu erstellenden qualifizierten Gesundheits- und Sozialberichterstattung sind in enger Zusammenarbeit mit Trägern, Organisationen und Anbietern gesundheitlicher Leistungen gemeinsame Gesundheitsziele zu entwickeln, ihre Umsetzung zu kontrollieren und zu evaluieren. Die vor über 10 Jahre in NRW institutionalisierten Landesgesundheitskonferenzen sind ein erfolgreiches Modell für diese Aufgabenstellung.

Eine wesentliche Aufgabe des ÖGD muss es sein, sich auf problematische Sozialräume zu konzentrieren, um einen Ausgleich der gesundheitlichen Folgen sozialer Benachteiligung anzustreben. Dabei muss seine sozialkompensatorische Rolle zugunsten von Menschen, die aus gesundheitlichen, sozialen, sprachlichen, kulturellen und finanziellen Gründen keinen ausreichenden Zugang (mehr) zu den Hilfesystemen finden, immer st?er werden.

Daneben bleiben die traditionellen ÖGD-Aufgabenfelder wie Infektionsschutz, Katastrophen-schutz, umweltbezogener Gesundheitsschutz und gesundheitlicher Verbraucherschutz im Interesse des präventiven Gesundheitsschutzes aller Bürger wichtige Arbeitsbereiche.

Die Linke.PDS fordert:

a.. ein Präventionsgesetz mit deutlich lebenslagenorientierten Ansatz und angemessener finanzieller Ausstattung durch alle zu beteiligenden gesetzlichen Sozialversicherungsträger, die Privaten Krankenversicherungen (PKV) und den Staat;
b.. die Festschreibung von verbindlichen Rahmenbedingungen zugunsten gesundheitsfödernder (salutogenetischer) und verhältnispräventiver Ansätze (settings) vor allem in Schulen, Kitas, Betrieben und im Wohnumfeld;
c.. die institutionelle Stärkung des ÖGD als Steuerungs- und Koordinierungsorgan für präventive und gesundheitsfördernde Projekte unterschiedlicher Institutionen und Organisationen in den Gemeinden u. a. durch die Schaffung von Netzwerken (z.B. Gesundheitskonferenzen);
d.. die Qualifizierung der Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die Entwicklung von Gesundheitszielen in Gesundheitskonferenzen sowie Kontrolle bei Umsetzung und Evaluation in Verantwortung des ÖGD;
e.. die Reform der Landesgesundheitsdienstgesetze als Handlungsgrundlage für den ÖGD unter Beachtung der Ziele der Ottawa-Charta der WHO;
f.. Die besondere Förderung von sozial benachteiligten Zielgruppen und deren Lebenswelten zur Verringerung des Risikos frühzeitiger gesundheitlicher Belastungen aufgrund ihrer sozialen Lage (positive Diskriminierung) gem. § 20 SGB V.
3. Wie stellt sich Ihre Partei die Steuerungs- und Lotsenfunktion professioneller Pflege vor?

Eine Steuerungs- und Lotsenfunktion wie sie im Hausarztmodell mehr oder weniger gut praktiziert wird, gibt es derzeit bei der professionellen Pflege nicht. Sie lässt sich jedoch in diesem Sinne in gewisser Weise übertragen. Die professionelle Pflege kann ein gezielt wirkender Mittler zu den anderen Akteuren im Bereich der Pflege, den medizinischen Dienstleistungen, aber auch zu den Behörden sein. Das aber setzt voraus, dass den professionellen Pflegern hierf über die Freiräume eröffnet werden und sie nicht durch büratische Hemmnisse von einer solchen Funktion fern gehalten werden.

4. Wie kann Ihrer Meinung nach rechtzeitige pflegerische Intervention erhebliche Kosten im Gesundheitswesen einsparen?

Prävention ist letztlich billiger als Behandlung. Hierzu verweise ich auf die ausführliche Antwort zur zweiten Frage. So vermeidet ein häufiger Positionswechsel des zu Pflegenden nach aufgetretener Hautrötung Dekubitus. Dieses einfache Beispiel einer frühzeitigen Intervention aufgrund einer vorausgegangenen Feststellung lässt sich gut und gern auf andere Indikationen übertragen.

5. Wie will Ihre Partei die Personalsituation von Pflegenden und Mitarbeitern im Gesundheitswesen verbessern?

In der Antwort zu ihrer ersten Frage habe ich eine Reihe von Merkmalen der solidarischen Bürgerversicherung aufgezählt. Die solidarische Bürgerversicherung lässt sich nach Auffassung der Linkspartei.PDS auch auf die Pflegeversicherung ausweiten.

Dies, wohl wissend um die Besonderheit des Pflegebereichs und unter Berücksichtigung historisch gewachsener Strukturen. Gleichwohl setzt die Verbesserung der Personalsituation, ob im Gesundheitswesen allgemein, oder im Pflegebereich im Besonderen eine Reform voraus, die die Ressourcen der besagten Teile des Systems der sozialen Sicherung erheblich stärkt.

6. Bestehen in Ihrer Partei konkrete Überlegungen, dieses Wachstumspotential gezielt zu nutzen und Fördermittel in den Arbeitsmarkt Pflege umzuleiten?

Ja, hierzu haben wir konkrete Pläne. Zum einen wollen wir die Gesundheitswirtschaft, als einen der großen Wachstumsbereiche der kommenden Jahre mit einem gezielten Förderprogramm ausstatten. Zum anderen ist der Gesundheitsbereich ein klassisches Feld für den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Im Bereich der Gesundheitspolitik, pflegerische Leistungen eingeschlossen, gibt es jede Menge gesellschaftliche Aufgaben, die nicht auf eine kaufkraftfähige Nachfrage treffen und wo auf diese Weise keine marktfähigen Preise erzielt werden können.

Hier muss die öffentliche Hand flankierend eingreifen. Ein entsprechendes Förderprogramm hat nach unseren konzeptionellen Vorstellungen einen Umfang von 5 Mrd. € pro Jahr und soll unter anderem aus der Erhöhung des Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer und der Einschränkung der Verlustverrechnung für Unternehmen finanziert werden.

7. Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei, dass sich die Personalbemessungen in allen Handlungsfeldern der Pflege zukünftig am realen Pflegebedarf der zu versorgenden Klienten orientiert?

Leider haben wir in der BRD bislang kein System der Personalbemessung. In der Diskussion, wenn gleich mit viel Für und Wider, ist das Plaissier - Verfahren. Es wird, wie Sie vielleicht wissen, derzeit in Testregionen angewendet. Gut und wichtig wäre es, so unsere Auffassung, dieses Verfahren bundesweit anzuwenden.

8. Wie steht Ihre Partei zum Erhalt der Fachkraftquote von 50 Prozent und wie wollen Sie die Versorgungsmängel beheben?

Wir sprechen uns für den Erhalt der Fachkraftquote aus. Um die Versorgungsmängel im Personalbereich nachhaltig zu beheben, ist ein Personalbemessungssystem einzuführen. Hierzu habe ich mich bereits oben geäußert.

9. Welche Pläne hat Ihre Partei zur weiteren Finanzierung der Pflegeversicherung?

Auch zu dieser Frage habe ich weiter oben schon Stellung genommen. Wir halten die solidarische Bürgerversicherung auch auf den Bereich der Pflegeversicherung ausdehnbar. Wohlgemerkt sind hierbei Besonderheiten zu beachten.

10. Wie steht Ihre Partei zur Hospizarbeit und zu Fragen der finanziellen Absicherung?

Die Hospizarbeit ist von großer Wichtigkeit. Ihre Bedeutung wird in den kommenden Jahren erheblich zunehmen. Aber gerade hier sehen wir derzeit noch viele Defizite. Diese betreffen nicht die Qualität der dort geleisteten Arbeit, sondern die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze. Auch wenn es uns in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen Jahren gelungen ist die Kapazität aufzustocken, so reichen sie bei weitem nicht aus. Um diese Defizite zu beseitigen, ist die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung umso dringlicher. Dabei denke ich nicht zuletzt an die aktuelle Praxis, dass (nach meiner Kenntnis) kassenseitig die Begleitung und Betreuung in einem Hospiz für lediglich sechs Wochen finanziell abgesichert wird. Die Linkspartei.PDS will neben dem gesagten insbesondere die ambulante Hospizarbeit gestärkt sehen.

11. Sieht Ihre Partei Chancen, die Regelung der Arbeitsplatzsicherung in der Zeit der Begleitung sterbender Angehöriger auch in Deutschland einzuführen?

Wir wollen das. Und wir sehen auch die Möglichkeit, diese Absicht mit einer von uns ohnehin angestrebten Änderung des Arbeitszeitgesetzes zu verbinden.

12. Wie steht Ihre Partei zur Verlagerung der bisherigen Pflegeausbildung an Hochschulen, wie dies in den meisten europäischen Ländern bereits heute üblich ist?
Jede höherwertige Qualifikation können wir nur begrüßen. Sie ist nicht zuletzt ein Akt der Wertschätzung dieses Berufsbildes innerhalb unserer Gesellschaft. Und insofern trifft Ihr Verweis auf das europäische Ausland den Nagel auf den Kopf: In Italien gibt es für die Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger eine universitäre Ausbildung, während diese Ausbildung in Deutschland an Pflegefachschulen wahrgenommen wird. Ohne den Pflegefachschulen Kompetenz und Qualität abzusprechen, müssen wir dennoch, dass sich an die dort erfolgte Ausbildung künftig ein autonomer Studiengang zum Gesundheits- und Krankenpfleger anschließen kann. Im Übrigen unterstützen wir die Positionen der Gewerkschaft ver.di in dieser Fragestellung.

13. Mit welchen Maßnahmen will Ihre Partei dem absehbaren Pflegepersonalnotstand und der Unterversorgung der Pflegebedürftigen in Deutschland entgegenwirken?
Die in der Frage enthaltenen Problemstellungen sind nur grundsätzlich anzugehen und lösbar. Für die Pflege müssen mehr junge Menschen als bisher ausgebildet werden. Dies aber vor dem Hintergrund eines höheren Stellenwertes, den die Pflege in der Gesellschaft spielen muss und unter Berücksichtigung der allgemeinen demographischen Entwicklung. Die Notwenigkeit der Ausweitung der Umschulungsangebote ist in diese Überlegungen einbezogen.

14. Welche Anforderungen stellt Ihre Partei an professionelle Pflege und wie soll diese finanziell durch Fort und Weiterbildungen sichergestellt werden? Wird Ihre Partei weiterhin unqualifizierte und unkontrollierte Pflege zulassen?
Unkontrollierte und unqualifizierte Pflege ist in der Regel für die zu Pflegenden schädlich und wird durch uns abgelehnt. Insofern ist auch die von Ihnen in der Fragestellung gebrauchte Formulierung weiterhin unzutreffend.

Die Fort- und Weiterbildung muss entsprechend gefördert werden. Wir halten es darüber hinaus für angebracht, dass die Pflegefachkräfte, ähnlich wie die Ärzte, von Zeit zu Zeit an einer Pflichtweiterbildung teilnehmen. Mit den im § 80 SGB XI enthaltenen Maßstäben und Grundsätzen zur Sicherung der Pflegequalität sehen wir unsere Auffassung bestärkt.

15. Wie steht Ihre Partei zu der gesetzlichen Registrierung und Lizenzierung von Pflegenden?
Eine Registrierung und Lizenzierung ist durchaus denkbar. Zunächst muss es jedoch eine Verständigung zu den hierfür notwendigen Kriterien geben. Meines Wissens gibt es diesbezüglich auch eine aktuelle Auseinandersetzung innerhalb und zwischen den Pflegeverbänden. Wir sehen erst einmal die Pflegeverbände in der Pflicht, Kriterien für eine solche Regelung aufzustellen.

16. Wird Ihre Partei die Errichtung von Pflegekammern in Deutschland unterstützen?
Aus unserer Sicht ist die Stärkung der Pflege - als eine Säule im System der sozialen Sicherung - notwenig. Unsere Überlegungen, ob Pflegekammern sinnvoll und hilfreich sind, haben noch kein abschließendes Ergebnis. Den Vorteil sehen wir darin, dass die Pflege im Zusammenhang mit der Errichtung von Pflegekammern einen eigenen Etat bekommen könnte. Somit würde die Pflege auch anders im Bewusstsein vieler Politikerinnen und Politiker, die nicht auf dem Gebiet der Sozial- sondern eher in der Finanzpolitik zu Hause sind, in anderer Art und Weise verankert werden.

Als nachteilig könnte sich die anwachsende Verkrustung des Systems durch weitere machtpolitisch motivierte Akteure erweisen.

17. Können Sie sich vorstellen, eine/einen Bundesbeauftragten für alle Pflegeberufe zu etablieren?
Ich halte die in der Fragestellung enthaltene Idee für eine gute. Gern nehme ich sie entgegen und bitte unsere zukünftige Fraktion im deutschen Bundestag entsprechend initiativ zu werden.