Sehr geehrter Herr Preuß, wann wird endlich die Fachkraftquote von 50% für Pflegeheime der Realität angepasst? Es gibt einfach keine Fachkräfte mehr.
Wenn Heime die Quote nicht erfüllen, dann geschieht dies nicht um Personalkosten zu sparen, sondern einfach deshalb weil keine Mitarbeiter mehr zu finden sind. Dies dürfte Ihnen hinlänglich bekannt sein.
Was geschieht nun in der Praxis? Die WTG Behörden verhängen Wochenlange Aufnahmestopps und bringen die Heime noch zusätzlich in finanzielle Schieflage. Wenn dies auch noch in einem Gebiet geschieht, wo durch die Flutkatastrophe zig Pflegeplätze bis auf weiteres wegfallen, gleichzeitig Pflegebedürftige in Häusern ohne Heizung den nahenden Winter erwarten, dann ist das nicht mehr nachvollziehbar. Vor allem wenn hinreichend untersucht wurde, dass die Fachkraftquote keine wissenschaftlich Grundlage hat, sondern regelrecht ausgewürfelt wurde. Wenn der zuständige Kreis gleichzeitig auch noch an einer Krankenhausgesellschaft beteiligt ist, die wiederum Pflegeheim und ambulante Dienste betreibt und als Mitbewerber um die Pflegekräfte auftritt, dann ist das alles nicht mehr zu erklären.
Sehr geehrter Herr K.,
die Fachkraftquote hat im Sinne der Pflegebedürftigen durchaus ihre Berechtigung. Sie soll sicherstellen, dass die Pflegebedürftigen die Versorgung erhalten, die für sie angemessen und notwendig ist. Dies lässt sich am besten mit Hilfe von Fachkräften erreichen. Sie haben natürlich Recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass es zu wenig entsprechend ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Daher sollte jedoch versucht werden, mehr Menschen vom Beruf der Pflegefachkraft zu überzeugen, indem man bessere Rahmenbedingungen schafft und nicht indem die Quote pauschal abgeschafft oder deutlich reduziert wird. Sie dient auf der einen Seite der angemessen Versorgung der Pflegebedürftigen und auf der anderen dem Schutz der Mitarbeiter. So soll ein Lohndumping mit Hilfe billiger Assistenzkräfte zu Lasten der Pflegefachkräfte verhindert werden.
Während langfristig nur mehr Pflegefachkräfte das Problem werden lösen können, ermöglich das Wohn- und Teilhabegesetz bereits heute kurzfristige Ausnahmen von der Quote. Für einen Zeitraum von maximal drei Monaten kann die Quote unterschritten werden, sofern die Qualität der Betreuung darunter nicht leidet (WTG §21 Absatz 4 Satz 5). Dies kann bei den zuständigen WTG Behörden beantragt werden.
Das Gesetz sieht darüber hinaus vor, das die Quote nur dann zur Anwendung kommt, wenn für die jeweilige Einrichtung kein mit Hilfe eines Personalbemessungssystems, welches „allgemein anerkannten und wissenschaftlichen Anforderungen“ (WTG §21 Absatz 3 Satz 2) entspricht, Bedarf ermittelt worden ist. Ein solches System ist im letzten Jahr im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums vom Forschungszentrum SOCIUM der Uni Bremen erstellt worden. Damit lässt sich individuell für jede Einrichtung und abgestimmt auf die Anzahl der Bewohner in jedem Pflegegrad, die erforderliche Personalmenge in verschiedenen Qualifikationsniveaus errechnen. Das System unterscheidet nach Fach- und Assistenzkräften sowie angelernten Kräften und Assistenzkräften mit 1- oder 2-jähriger Ausbildung. In Voraussicht auf dieses Personalbemessungssystems ist das WTG 2019 dahingehend geändert worden, dass es bei Einführung unmittelbar angeordnet werden kann. Momentan befindet sich die Umsetzung in der Entwicklungs- und Erprobungsphase. Ab dem 1. Juli 2023 soll die flächendeckende Einführung umgesetzt sein (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Konzertierte_Aktion_Pflege/Roadmap_zur_Einfuehrung_eines_Personalbemessungsverfahrens.pdf).
Mit freundlichen Grüßen
Peter Preuß