Frage an Peter Pawlowski von petra p. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
auch mir ist ihr wahls-slogan zur konsequenten umsetzung der deutschen sprache an schulen aufgefallen. leider versteift sich die politik schon seit einiger zeit auf die forderung nach dem deutschunterricht für migranten, während die junge generation mehrheitlich nicht nur die deutsche sprache beherrscht, sondern sogar mehrsprachig ist und die ältere generation, die dies betrifft, von den angeboten kaum erreicht wird und ohnehin dem arbeitsmarkt nicht mehr zur verfügung steht. nein, diese forderung geht am thema vorbei. schön wäre es, wenn ihre antwort vom 9.8. zuträfe, auf die ich mich im folgenden beziehe. aber das tut sie nicht. das potential der jungen migranten und derer der 2. gen. ist leider weitgehend ungenutzt (aber auch nicht nur deren potential). in berlin haben schulabgänger nur halb so gute chancen auf einen ausbildungsplatz als im bundesdurchschnitt. die jungen akademiker (auch ärzte) wandern mangels perspektive ab, wogegen aus ihrem herkunftsland polen gut ausgebildete kräfte zu uns kommen, da sie u.a. auch mit weniger gehalt zufrieden sind (bekannt ist mir dies aus dem medizinischen und pflegebereich). die jungen migranten, die sie ansprechen, die es gerade in ihrem wahlbezirk so vielfältig gibt, bekommen aber auch mit guten deutschkenntnissen und guten schulabschlüssen kaum chancen, ganz abgesehen von anderen zugangsbarrieren wie dem aufenthaltstitel. nichtsdestotrotz sind sie in berlin aufgewachsen und motiviert, in ihre zukunft zu investieren, wozu sie jedoch kaum echte chancen erhalten. es gibt zu diesem thema etliche studien aus der jüngsten vergangenheit, die dies im kern gleichlautend nachweisen.
mich würde sehr interessieren, wie sie das problem der mangelnden integration von migranten und nicht-migranten, der jugendlichen und jungen erwachsenen, lösen wollen oder welche ansätze sie dazu verfolgen. und dies für ihren wahlbezirk, für den dies sehr wesentlich ist, genauso wie für die gesamte berliner region.
Sehr geehrte Frau Purschke,
vielen Dank für Ihre Email.
Sie haben völlig Recht: mangelhafte Deutschkenntnis einiger Immigranten ist nur ein Teil der Integrationsproblematik. Dennoch bildet die Beherrschung der deutschen Sprache durch die Einwanderer einen sehr wichtigen Aspekt. Natürlich beherrschen viele Kinder nicht-deutscher Herkunft (vor allem wenn sie schon in Deutschland geboren sind) sowohl ihre Muttersprache als auch Deutsch. Das ist sehr erfreulich. Es gibt jedoch auch Kinder und Jugendliche, die das nicht tun. Mangelhafte Sprachkompetenz beeinträchtigt die beruflichen Chancen dieser Kinder erheblich, führt zur Isolation und beeinflusst negativ schulische Leistung der deutschen Kinder (vor allem in den Klassen mit einem sehr hohen Ausländeranteil).
Aus diesem Grund brauchen wir eine Offensive für Deutsch an unseren Schulen!
Förderklassen, bessere personelle Ausstattung der Schulen, alternative Lernmodelle, die den unterschiedlichen Begabungen der Kinder gerecht wären sind die wichtigsten bildungspolitischen Forderungen der FDP. Wie Sie sicherlich leicht erkennen können, kämen diese Maßnahmen nicht nur den Kindern nicht-deutscher Herkunft zugute, sondern allen Kindern. Und darum geht es ja. Denn der konsequente Einsatz für Deutsch an den Schulen bedeutet für mich, dass auch die Sprachkompetenz der deutschen Kinder erheblich verbessert werden muß.
Mittlerweile beherrschen viele deutsche Jugendliche ihre Muttersprache nur mangelhaft. Die Folgen sind katastrophal: Null Chancen auf einen Ausbildungsplatz und die daraus resultierende Arbeitslosigkeit.
In Hinblick auf die Integration von älteren Einwanderern, habe ich bereits in einer meiner Antworten auf die Maßnahmen hingewiesen, für die wir uns als FDP-Fraktion in der BVV von Berlin-Mitte eingesetzt haben. Sonderkurse für die Frauen und Eltern, spezielle Angebote für die Analphabeten (leider bis jetzt noch nicht realisiert), stärkere Einbindung ausländischer Eltern in den Ausbildungsprozess der Kinder.
Diese Politik will ich konsequent fortsetzen.
Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass weitere Probleme, die mit Einwanderung zusammenhängen, wie Radikalisierungstendenzen, religiöser Fundamentalismus und Intoleranz nicht weiterhin tabuisiert werden dürfen. Gerade um die jungen Einwanderer vor dem Einfluss der Fanatiker zu schützen, brauchen wir eine offene Debatte darüber, für welches Wertesystem wir in Deutschland stehen und was wir von den Einwanderern erwarten. Das hat nichts mit irgendwelchen "Leitkulturen" oder Forderungen nach kulturellen Überläufern zu tun, sondern ist eine Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft.
Für weitere Auskünfte stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Pawlowski