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Frage von Ralf M. •

Frage an Peter Pawlowski von Ralf M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Pablowski!
Ich bitte sie um Ihr Statement zur Bildungspolitik von Berlin. Insbesondere in Bezug auf Studiengebühren, hier speziell für "ewige Studenten" also Leute die Ihr Studium nicht in der Regelstudienzeit schaffen, bzw. das Studium abbrechen oder ständig die Fachrichtung wechseln.
Wie war ihr studentischer Lebenslauf? Haben sie Kunsthistorik im Ausland studieren können?
Ich freue mich auf Ihre Antwort & wünsche Ihnen für die Wahl viel Erfolg!
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Mörschke

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Mörschke,

vielen Dank für Ihre Frage zur Bildungspolitik.

Ihre Frage betrifft vor allem den Hochschulbereich. Dazu Folgendes:

Die FDP in Berlin setzt sich für die völlige Autonomie aller Hochschulen ein.

Das bedeutet, dass die Hochschulen selbst darüber entscheiden sollen, wen und zu welchen Konditionen sie einstellen, wie sie ihre Lernprogramme gestalten, welche Stundenten sie aufnehmen (das könnte z.B. in Form von Aufnahmeprüfungen oder "Probesemester" geschehen), mit welchen Institutionen oder Unternehmen sie kooperieren wollen. Die Autonomie erstreckt sich selbstverständlich auch auf den finanziellen Bereich. Das bedeutet im Klartext: die Hochschulen sollen nach unserer Auffassung das Recht haben, Studiengebühren zu erheben. So wie ich weiss, sind die Liberalen, die einzige politische Kraft, die diesbezüglich eine so deutliche Aussage gemacht hat.

Selbstverständlich wissen wir, dass das Thema Studiengebühren große Emotionen erweckt. Vor allem bei den Studierenden.

Warum wollen die Liberalen die Einführung von Studiengebühren ermöglichen?

- Die Hochschulen müssen die Freiheit haben, über ihre Einnahmequellen selbst entscheiden zu können. Dazu gehören auch die Studienentgelte.
- Durch die Einführung von Studiengebühren, werden Studenten zu "Kunden" der Hochschulen. Die Qualität der Betreuung wird sich erheblich verbessern ebenso wie die Ausstattung der Hochschulen und die allgemeinen Verhältnisse an den Hochschulen.
- Studenten als Kunden der Hochschulen werden selbstverständlich auch die Qualität der Dozenten und des Unterrichts beurteilen können. Das Fördert den Wettbewerb und das Engagement der Lehrkräfte.
- es ist zu erwarten, dass durch die Einführung von Studiengebühren viele Studenten bewusster und verantwortungsvoller das gewünschte Studienfach wählen werden. Der ständige Fachwechsel und sehr lange Studienzeiten gehörten damit der Vergangenheit.
- selbstverständlich geht unsere Forderung nach voller Autonomie der Hochschulen mit der Abschaffung der ZVS und Forderung nach voller Entscheidungsfreiheit der Studierenden einher. Darüber wo, was und wie die jungen Menschen studieren wollen, müssen sie selbst und nicht eine feudale Institution entscheiden. Das bedeutet: Wettbewerb zwischen den Hochschulen und als Konsequenz bessere Studienbedingungen für alle.
- wir sind nicht der Meinung, dass Studiengebühren "unsozial" sind und die Einkommensschwachen benachteiligen. Ganz im Gegenteil. Gerade bei jetzigem System, finanzieren die Ärmeren das Studium der Reichen. Der Vorwurf, durch die Einführung von Studiengebühren würden Kinder aus den sozialschwachen Verhältnissen benachteiligt und ihnen das Hochschulstudium sogar unmöglich gemacht, stimmt nicht. In den Ländern, in denen Studiengebühren selbstverständlich sind, ermöglicht ein breites Angebot an Stipendien jedem, der begabt und fleißig ist das Studium an einer Hochschule. Der Anteil von Studierenden aus einkommensschwachen Familien ist an den amerikanischen Universitäten wesentlich höher als in Deutschland. Das betrifft auch die sog. Elitenuniversitäten wie Harvard, Yale oder Princeton.
- im Gegensatz zur CDU sind die Studiengebühren für uns kein Sanktionsinstrument, um die Langzeitstudenten zu bestrafen und die Zahl der Studierenden zu reduzieren. Die Höhe der Studiengebühren muss sich nach den tatsächlichen Kosten richten. Studiengebühren müssen deshalb für die bessere Qualität des Unterrichts und nicht zur Deckung der übertriebenen Verwaltungskosten verwendet werden.
- Studiengebühren dürfen auf keinen Fall als Vorwand missbraucht werden, den staatlichen Bildungsetat zu reduzieren! Ganz im Gegenteil!!! Wir fordern ein breites Stipendiensystem, das auch den Ärmeren das Studium ermöglichen würde. In USA wird die Hälfte aller Stipendien vom Staat finanziert. USA geben 2,6% ihres BIP für den Hochschulbereich aus. In "sozialgerechtem" Deutschland sind es lediglich 1.1%. Was die Finanzierung des Hochschulstudiums betrifft, gehe ich persönlich sogar ein Schritt weiter: der Staat sollte verpflichtet werden, jedem guten Studenten ein Stipendium zur Finanzierung des Studiums zu gewähren. Das bedeutete z.B., daß ab einer Durchschnittsnote von 1,5 jede Studierende ein Stipendium bekäme (dieses System existierte bereits im sozialistischen Polen und wirkte sich unglaublich motivierend auf viele Studenten aus, die sonst neben dem Studium arbeiten müssten). Das bedeutet natürlich auch, dass die Leistungen der Studenten regelmäßig in Form von Prüfungen gemessen werden müssten.

Zu meinem Werdegang:

Ja, ich habe bereits in Polen studiert. Die Studiengänge sind in Polen wesentlich straffer organisiert als in Deutschland. Im Fach Kunstgeschichte an der Universität Warschau, an der ich studiert habe, ist die Teilnahme an allen (!) Seminaren und an den meisten Vorlesungen Pflicht. Die Anwesenheit wird geprüft. Wer mehrmals unentschuldigt fehlt - fliegt raus. Die Leistungen der Studenten wurden regelmäßig geprüft. Zwei mal im Jahr findet an den polnischen Universitäten sog. Prüfungssession statt. Das bedeutete für mich, dass ich jährlich ca. 14 Prüfungen erfolgreich bestehen musste. Wer zwei Mal nicht bestanden hat, wurde exmatrikuliert. Dieses System wurde oft (auch zu Recht) als sehr verschult kritisiert. Dies führte z.B. dazu, dass viele polnische Studenten nicht selbständig arbeiten konnten. Der Vorteil lag darin, dass sie fachlich sehr kompetent waren. Sicherlich wäre ein Mittelweg zwischen dem damaligen System in Polen und dem völlig auf Selbstständigkeit der Studenten basierenden deutschen System die beste Lösung.

Nach einer längeren, durch meine Auswanderung bedingten Pause, habe ich das Studium in Berlin fortgesetzt. Da ich als Ausländer kein Anspruch auf eine staatliche Unterstützung hatte, habe ich natürlich neben dem Studium gearbeitet. Das hat meine Studienzeit erheblich verlängert. Dennoch habe ich mein Studium mit sehr gut abgeschlossen. Wie Sie also sehen, ist mir die Problematik der Langzeitstudenten nicht fremd und gerade deshalb setze ich mich für ein System ein, das den Studierenden, die kein Geld haben ein Studium ohne Arbeit ermöglichen würde - durch die Einführung von Leistungsstipendien!
Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre Fragen und wünsche alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Pawlowski