Frage an Peter Meiwald von Hans H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Moin Herr Maiwald,
als ehem. Lehrer wurde ich von der Schulleitung einer Grundschule gebeten, ehrenamtlich als Lesepate und evtl. "Doppelsteckung" auszuhelfen - 1-mal in der Woche!
Gerne würde ich dieses machen, doch liegt die Entfernung zur Schule bei ca. 43 km! Eine Rückfrage beim Finanzamt wurde mir mit der "schockierenden" Antwort gegeben, dass ich keinen Cent steuerlich absetzen kann, da ich ja keine Einnahmen aus dieser Quelle beziehe.
Kann es wirklich sein, dass eine ehrenamtliche, freiwillige Tätigkeit, die unseren Kindern zugute kommt und von einer Fachkraft in seiner Freizeit ausgeübt wird, von Seiten des Staates nicht honoriert wird? Dass nicht alle Kosten - ca. 1000 € p.a. - erstattet werden und ich nicht nur Zeit sondern auch Geld einsetzen muss, ist mir klar! Aber nur Kosten? Finden Sie nicht, dass das ein Skandal ist? Es werden Lehrer gesucht, gerade in der heutigen Zeit bei den vielen Problemen gerade in der Grundschule - und wenn sich dann welche kostenlos engagieren wollen, müssen sie noch draufzahlen bzw. Geld mitbringen!
Was gedenken Sie, hier in Zukunft zu ändern?
Moin, Herr H.,
Vielen Dank für Ihre Frage. Und vielen Dank auch für Ihr bürgerschaftliches Engagement an der Grundschule. Während der Grundschulzeit meiner Kinder war ich selbst eine Zeit lang Lesepate und konnte so sehr praktisch erleben, wie wertvoll diese Tätigkeit für die Förderung unserer Kinder sein kann.
Zu Ihrer konkreten Frage:
Kosten, die durch ehrenamtliches Engagement entstehen, sollen niemanden von einer Tätigkeit abhalten oder diese gar unmöglich machen. Engagement darf nicht am Geldbeutel scheitern. Da, wo es nötig ist (wir wollen sicher nicht den Bereich des Ehrenamtes komplett monetarisieren), setzen wir allerdings aus Gerechtigkeitsgründen eher auf steuerfreie Aufwandsentschädigungen als Ersatz von persönlichen Auslagen. Für uns hat dies Priorität vor Steuervergünstigungen, da von diesen naturgemäß nur diejenigen profitieren würden, die auch Steuern bezahlen. Ehrenamtlich engagiert sind aber natürlich in vielfältiger Form auch Menschen, die geringe oder gar keine Steuern bezahlen.
Das hieße (nicht nur in Ihrem Fall), dass es wünschenswert wäre, wenn Sie Ihre Auslagen vom Schulträger bzw. hilfsweise z.B. vom Förderverein der Schule erstattet bekommen könnten. Inwieweit es dazu dort einen entsprechenden Fonds gibt oder der erst von der Landesregierung oder dem kommunalen Schulträger geschaffen werden müsste, entzieht sich in Ihrem konkreten Fall meiner Kenntnis.
Darüber hinaus wollen wir als Grüne ehrenamtliches Engagement auch noch mit einem weiteren Bündel von verschiedenen Maßnahmen fördern:
Gemeinsam mit Länder und Kommunen wollen wir eine bundesweite Engagement-Karte einführen. Damit sagen wir den Engagierten „Danke“ und geben ihnen als Gesellschaft etwas zurück, indem sie zum Beispiel vergünstigt oder kostenlos ins Theater, Schwimmbad oder Museum kommen.
Alle Bundesländer sollten den Engagierten den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz zu kommen lassen (Pflichtversicherung kraft Satzung) und prüfen, wie die freiwillige Versicherung für Aktive und gemeinnützige Organisationen (rechtlich und finanziell) ausgeweitet werden kann.
Die Liste der Zwecke der Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (§ 52 Abgabenordnung) muss überprüft und gegebenenfalls erweitert werden.
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, wie wir uns eine bürgerschaftliche Gesellschaft vorstellen.
Erlauben Sie mir aber bitte am Ende auch noch eine kurze „ökologische“ Anmerkung – in der Hoffnung, dass Sie mir diese Ehrlichkeit nicht übel nehmen: eine solche – wie von Ihnen beschriebene – Anreise (so gut sie sich wahrscheinlich aus Ihren persönlichen Beziehungen mit der konkreten Schule begründen lassen) über 43 km zu einer Schule stellt natürlich nicht nur finanziell und zeitlich, sondern – zumindest bei Autofahrt – auch ökologisch eine Belastung dar. Wäre es für Sie ggfs auch denkbar, sich ortsnäher an einer anderen Schule mit Ihrer Kompetenz und Ihrem Engagement einzubringen? Großen Bedarf gibt es in dem Bereich aus meiner Erfahrung überall.
Herzlichst Ihr,
Peter Meiwald