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Peter Meiwald
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Frage von Laura L. •

Frage an Peter Meiwald von Laura L. bezüglich Energie

Sehr geehrter Herr Meiwald,

ich bin 17 Jahre alt und bin Schülerin der gymnasialen Oberstufe.
Da ich mich sehr für Politik interessiere habe ich dieses auch als Leistungskurs gewählt und erst letzte Woche eine Klausur über Atomenergie geschrieben.

Ich bin zwar leider noch nicht dazu berechtigt bei der Wahl meine Stimme abzugeben, aber mich beschäftigt eine Frage zur Atomenergie.
Die GRÜNEN sowie die SPD und die LINKE sind gegen die Atomenergie. Das große Argument der CDU ist doch sie Versorgungssicherheit.
Wie möchten Sie diese noch gewährleisten wenn Sie die Atomkraftwerke bis 2020 abschaffen möchten? Die erneuerbaren Energien wurden noch nicht genug erforscht um eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten wie sie die Atomenergie zur Zeit gewährleistet.
Es fällt mir schwer mir hier eine Meinung zu bilden, denn grundsätzlich bin ich keine Befürworterin der Kernenergie und setze auf unsere Umwelt. Doch die niedrigeren Preise der Kernenergie darf man doch sicherlich auch nicht ausblenden?
Ich würde gerne Ihre Meinung zu diesem Thema hören.

Mit freundlichen Grüßen,
Laura Lüken

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Lüken,

Vielen Dank für Ihre Anfrage zur behaupteten Notwendigkeit der Atomenergie zur Energiesicherheit in unserem Land.

Gerne stelle ich Ihnen hierzu meine Position dar.

Zunächst zur Frage der niedrigen Preise der Atomenergie, da dies fälschlicherweise immer wieder zum Ausgangspunkt der Diskussion genommen wird: nach einer aktuellen großangelegten Greenpeace-Studie "Staatliche Förderungen der Atomenergie", die das "Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft" für die Jahre 1950 - 2008 erstellt hat, wird festgestellt, dass jede mit Atomenergie erzeugte Kilowattstunde Strom mit durchschnittlich mehr als 3,9 ct subventioniert wurde, in der Summe flossen nach heutigen Werten mehr als 164,7 Mrd € Subventionen. Darin sind die "externen Kosten" (Gesundheitskosten, Kosten der Polizeieinsätze,...) ebenso wenig berücksichtigt wie die Kosten der immer noch völlig unklaren Endlagerung des strahlenden Mülls. Atomstrom ist also keinesfalls besonders billig! Wenn diese riesigen Subventionen dem Sektor der erneuerbaren Energien zur Verfügung ständen, wären wir im Klimaschutz und in der Schaffung der damit zusammenhängenden Arbeitsplätze schon sehr viel weiter! [Die Studie sende ich Ihnen gerne zu, wenn Sie mir Ihre Mailadresse mitteilen.]

Doch nun zum Komplex der Versorgungssicherheit: die oftmals behauptete "Stromlücke" gibt es zunächst einmal in der Realität gar nicht! Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (16/11538) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (16/11162) mitteilt, wurde 2007 beim Stromexport ein Überschuss von 19,1 Terrawattstunden erzielt - und das in einem Jahr, in dem nach Störfällen zeitweise bis zu 7 AKW stillgestanden haben. Eine Terrawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden. 2003 hatte der Exportüberschuss noch bei 8 Terrawattstunden gelegen.

Diverse Studien und Untersuchungen seit 1998, u.a.vom LTI Research Team und der Enquete-Kommission des deutschen Bundestages (2002), zuletzt 2007 von Waffenschmidt u.a. für den SFV, belegen auch wissenschaftlich, dass sich Deutschland schon mit der heute verfügbaren Technologie zu 100 % mit Energie aus erneuerbaren Quellen versorgen könnte, wenn es denn politisch gewollt wäre. Eine wesentliche Voraussetzung dafür sind allerdings der Wille zur Energieeinsparung in einem technisch möglichen Rahmen von ca. 30 % über alle Sektoren (Verkehr, Heizwärme, Strom), der beschleunigte Aufbau eines intelligenten europäischen Stromverbundnetzes und substantielle Anstrengungen in der Weiterentwicklung effizienter Speichertechnologien.

Auch das Umweltbundesamt hat übrigens 2008 konstatiert, dass weder die Versorgungssicherheit noch die Erreichung des Klimazieles von 40 % CO2-Einsparung bis 2020 durch den planmäßigen Ausstieg aus der Atomenergie in Gefahr gerät.

Folgende Maßnahmen schlagen wir GRÜNEN in unserem Ernergiepaket mit den drei großen E (Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Energieeinsparung) vor, um 2020 den Strombedarf aus 40 Prozent erneuerbaren Energien, 30 Prozent hocheffizient erzeugtem KWK-Strom und nur noch 30 Prozent konventionelle Kraftwerken zu decken:

Strom:
• Effizienzpaket Strom: Dynamisierung der Effizienzstandards und der Kennzeichnung, Einführung eines Stromsparfonds.
• Mehr erneuerbare Energien durch Optimierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), ein Biogaseinspeisegesetz.
• Importkonzept für erneuerbare Energien als Kooperationsangebot für Drittländer auf Grundlage klarer Nachhaltigkeitskriterien.

Wärme:
• Deutliche Verschärfung der jetzigen Energieeinsparverordnung (EnEV), Kontrolle der Maßnahmen, gezielte Verbesserung des KfW-Gebäudesanierungsprogramms, neues Förderprogramm für die Verbesserung und Optimierung der technischen Gebäudeausstattung, ein aussagekräftiger Energieausweis und ein Rechtsanspruch für GebäudenutzerInnen auf die Einhaltung der aktuellen Energiestandards.
• Stärkere Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK).
• Einführung eines wirksamen Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes (EEW).

Verkehr:
• Verkehrsvermeidung und -verlagerung: Förderung von ÖPNV, Fuß- und Radverkehr sowie von nachhaltigen Logistikkonzepten im gewerblichen Bereich.
• Effizienzsteigerung: CO2-Grenzwerte von 120g/km - das entspricht etwa 5 bis 5,5 Liter Treibstoff pro 100 km - ab 2012, Umwandlung der KfZ-Steuer in eine CO2-Steuer, Ausweitung der LKW-Maut, Tempolimit.
• Vorfahrt für klimaneutrale Antriebe: eine Million Elektrofahrzeuge (inklusive Plug-In-Hybride), nachhaltigkeitsgeprüfte Biotreibstoffe, Wettbewerbsvorteile für klimaschädlichen Verkehr abschaffen.

Gerne stelle ich Ihnen zu den einzelnen Fragen auch vertiefendes Material zusammen. Bitte nehmen Sie dann gerne wieder Kontakt mit mir auf.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Meiwald