Frage an Peter Hintze von André M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Was gedenken Sie auf Bundesebene zu tun um einen EU Beitritt der Türkei und eine fortschreitende Islamisierung durch übertriebenes Liberalitätsverständniss zu verhindern ?
Sehr geehrter Herr Mondri,
ich habe mich wiederholt, auch im Deutschen Bundestag sowie auf europäischer Ebene, gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union ausgesprochen. Statt dessen plädiere ich für eine Privilegierte Partnerschaft der EU mit der Türkei. An meiner Haltung werde ich auch weiterhin festhalten.
Ich bin der Auffassung, daß eine Beitritt der Türkei die Europäische Union politisch, wirtschaftlich und sozial überfordern und den europäischen Integrationsprozeß großen Spannungen aussetzen würde. Ich befürchte, daß ein Beitritt der Türkei zu einer gefährlichen Überdehnung der EU führen würde und gemeinsame Grenzen mit Irak, Iran und Syrien ein erhebliches Konfliktpotential in die EU importieren würden.
CDU und CSU unterstützen die europafreundlichen und demokratieorientierten Kräfte in der Türkei und begrüßen alle positiven Entwicklungen, die durch die Reformgesetz eingeleitet worden sind. Gleichwohl bestehen noch erhebliche Defizite bei der Einhaltung fundamentaler Menschenrechte, bei der Situation der Frauen, beim Umgang mit Minderheiten und bei der Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahren. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern müssen auch umgesetzt und auf allen Ebenen der Gesellschaft gelebt werden. Die EU ist weit mehr als eine Freihandelszone. Sie ist vor allem eine politische Wertegemeinschaft, die eindeutig vom europäischen, maßgeblich durch die Aufklärung und die christliche Anthropologie geprägten Menschenbild her bestimmt ist, aus der sich unser Verständnis von der Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Menschenrechte, die Gleichheit von Frau und Mann, die rechtsstaatliche Demokratie, die Pressefreiheit und die soziale Marktwirtschaft entwickelten. Diese Werte müssen in allen Mitgliedstaaten der EU garantiert und auch gelebt werden.
Die Wertegemeinschaft der Europäischen Union erfordert es auch, die dunklen Seiten der eigenen Geschichte zu beleuchten und sich mit dem Willen dazu zu bekennen, sich zu versöhnen. Daher sollte sich die Türkei zu den Vertreibungen und Massakern an den Armeniern in den Jahren 1915 und 1916 eindeutig bekennen. Dies wäre von großer Bedeutung für ein Zusammenleben von Armeniern und Türken in der Heimatregion, für eine Zusammenarbeit zwischen den Staaten und auch für ein Zusammenleben von Armeniern und Türken in Deutschland.
Sorge bereitet auch die Weigerung der Türkei, den EU-Mitgliedstaat Zypern anzuerkennen. Zu einer Vertiefung der Partnerschaft zwischen der EU und der Türkei gehört für mich zwingend, daß sich die Partner untereinander voll anerkennen. Die EU hat ein hohes Maß an Kompromißbereitschaft dadurch gezeigt, daß sie die völkerrechtswidrige Besetzung Nordzyperns durch die Türkei einstweilen stillschweigend als Stolperstein übergeht. Nun muß die Türkei mit der Anerkennung der Republik Zypern die Mindestvoraussetzung für eine vertiefte Partnerschaft und für weitere Verhandlungen schaffen.
Wir haben ein großes Interesse an einer engeren Anbindung der Türkei an die Europäische Union. Das von CDU und CSU vertretene Konzept einer Privilegierten Partnerschaft wird diesem Ziel am besten gerecht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Peter Hintze