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Frage von Udo L. •

Frage an Peter Hintze von Udo L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Zöllmer,
Sehr geehrter Herr Hintze,

Im Rahmen der geplanten Online-Untersuchung und der verabschiedeten Vorratsdatenspeicherung habe ich einige kurze Fragen.

1) Worin besteht der Unterschied zwischen den Verkehrsdaten eines Briefes und eines Datenpaketes. Warum werden im einen Fall Absender und Empfaenger gespeichert und im anderen Fall nicht? (Anmerkung: Die oftmals politisch angefuehrte Rechtfertigung dies werde bisher ohnehin schon gespeichert ist bspw bei den weit verbreiteten Flatrates falsch.)

2) Worin besteht der Unterschied zwischen einem PDF Dokument und einem auf dem Schreibtisch materiell vorhandenem Schreiben? Warum soll das eine heimlich gelesen werden duerfen, wogegen fuer das andere eine offene Hausdurchsuchung notwendig ist?

3) Die oft als Rechtfertigung angefuehrte EU-Richtlinie wurde nicht 1:1 umgesetzt sondern ueber ihre Erfordernisse weit hinausgegangen. Warum?

4) Die oft als Rechtfertigung angefuehrte EU-Richtlinie allein ist kaum Rechtfertigung fuer Grundrechtsverstoesse. Auch nach Schengen und Maastricht gilt einerseits eine mangelhafte demokratische Legitimation der entsprechenden EU-Organe sowie andererseits "Gegen jeden der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht moeglich ist.". (20/4 GG). Da sich Vertreter des BVerfG bereits im Vorfeld als nicht zustaendig in Fragen solcher Richtlinien bezeichneten, duerfte andere Abhilfe kaum noch moeglich sein. Deutsche Abgeordnete sind wohl ebenfalls Deutsche im Sinne dieses Artikels. Insofern also die Frage: Wie koennen deutsche Abgeordnete dermassen offensichtlich verfassungswidrige Gesetze verabschieden und warum machen Sie keinen Gebrauch von Ihrem Recht auf Widerstand gegen Verordnungen die nachhaltig die bestehende grundgesetzlich garantierte Ordnung gefaehrden?

Mit freundlichem Gruss,
Udo Luda

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Luda,

die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist ein Ermittlungsinstrument, das für die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten in der modernen Kommunkationswelt unabdingbar ist. Sie haben recht, es dürfen bereits nach der gegenwärtigen Rechtslage Telekommunikationsunternehmen Verbindungsdaten (Verkehrsdaten) zu Abrechnungszwecken speichern. Gesprächs´inhalte´ dürfen insoweit ´nicht´ gespeichert werden. Über diese Daten haben die Telekommunikationsunternehmen nach den Vorschriften der Strafprozessordnung den Strafverfolgungsbehörden Auskunft zu erteilen, wenn es um die Verfolgung schwerer Straftaten oder von Straftaten, die mittels Telekommunikation begangen wurden, geht (§§ 100g u. h StPO). Die Anordnung der Erteilung einer Auskunft ist an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen (u. a. konkreter, durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht, keine anderweitige Möglichkeit der Aufklärung, Richtervorbehalt) geknüpft. Dieses Instrument der Verbindungsdatenabfrage hat sich in der Vergangenheit als unverzichtbar bei der Bekämpfung und Aufdeckung schwerer Kriminalität erwiesen. Mit der stetigen Zunahme sogenannter „Flatratetarife“, bei denen eine Speicherung von Verbindungsdaten zu Abrechnungszwecken durch die Telekommunikationsunternehmen nicht mehr erforderlich ist, drohte es mehr und mehr seine Wirksamkeit zu verlieren. Die Möglichkeit, alleine durch Nutzung solcher Flatratetarife, Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren oder zu vereiteln, dürfte insbesondere der organisierten Kriminalität nicht verborgen geblieben sein. Bereits deshalb war es erforderlich, eine entsprechende Speicherungsverpflichtung der Telekommunikationsunternehmen, unabhängig davon, ob diese Daten zu Abrechnungszwecken benötigt werden, gesetzlich festzulegen. Die bisherigen Schutzvorkehrungen sind dabei uneingeschränkt beibehalten worden.

Nicht zuletzt diese Erwägungen haben die Bundesregierung bewogen, der Richtlinie Nr. 2006/24/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, zuzustimmen. Die Bundesregierung hat dies mit Unterstützung des Deutschen Bundestages getan. In dem Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD vom 7. Februar 2006 (BT- Drs. 16/545), der mit der Mehrheit der Stimmen des Deutschen Bundestages angenommen wurde, wurde die Bundesregierung aufgefordert, dem Text der Richtlinie bei der abschließenden Befassung des Rates der Europäischen Union zuzustimmen (Nr. II. 1 der Beschlussempfehlung). Auch der Deutsche Bundestag hat in diesem Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten insbesondere bei Straftaten mit komplexen Täterstrukturen, wie sie für den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität kennzeichnend sind, und bei mittels Telekommunikation begangenen Straftaten unverzichtbar ist (Nr. I. 5 und 6 der Beschlussempfehlung).

Dem Deutschen Bundestag war dabei bewusst, dass das hierfür gewählte Instrument der Richtlinie möglicherweise nicht ganz frei von kompetenzrechtlichen Risiken ist (I. 13 der Beschlussempfehlung). Er hat sich dennoch dafür ausgesprochen, weil es sich insoweit um einen Kompromiss der EU-Mitgliedstaaten gehandelt hat (das Instrument des Rahmenbeschlusses war innerhalb der EU-Mitgliedstaaten nicht mehrheitsfähig) und es jedenfalls gelungen ist, in der Richtlinie Regelungen mit Augenmaß (z. B. keine Speicherung von Gesprächsinhalten, Beschränkung der Speicherungsfrist auf 6 Monate, Datenabfrage nur bei Verdacht erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten) zu erreichen. Nur deshalb, weil die Bundesregierung diesen Weg der Richtlinie mitgetragen hat, hatte sie die Möglichkeit, diese Kautelen im Text der Richtlinie zu verankern.

Die Richtlinie wird mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie Nr. 2006/24/EG (BT-Drs. 16/5846; 16/6979), das am 9. November im Deutschen Bundestag verabschiedet wird (wurde), in nationales Recht umgesetzt. Mit dem Gesetz werden die oben genannten Vorgaben, mit denen sowohl dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung als auch dem Schutz der Grundrechte in ausgewogener Weise Rechnung getragen wird, eingehalten: Von den Telekommunikationsunternehmen dürfen nur die Verkehrsdaten gespeichert werden. Die Speicherungsfrist ist auf sechs Monate begrenzt. Die Anordnung der Erteilung einer Auskunft über diese Daten ist nach wie vor an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen (u. a. konkreter, durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat, die mittels Telekommunikation begangen wurde; keine anderweitige Möglichkeit der Aufklärung; Richtervorbehalt) geknüpft. Eine anderweitige Verwendung dieser Daten ist nur zu Zwecken der Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit möglich, wenn dies gesetzlich unter Beachtung der Verwendungsbeschränkungen im Telekommunikationsgesetz festgelegt ist. Eine Verwendung beispielsweise zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist nicht zulässig.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Peter Hintze