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Frage von Gundhardt L. •

Frage an Peter Hintze von Gundhardt L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Hintze,

leider haben Sie auf meine gestellte Frage vom 03.10.07 noch keine Antwort gefunden. Ich erlaube mir, Sie auf eine Antwort des MdB Ottmar Schreiner vom 10.10.2007 auf dieser Plattform hinzuweisen. Gleichzeitig habe ich im Internet unter "Anne Will - Die Frau vom Checkpoint Charlie - Gästebuch" sehr interessante Beiträge gefunden. Da liest man sehr deutlich, wie wichtig der politische Standpunkt von Ihnen gegenüber den sogenannten "Roten Socken" ist. Dort können Sie auch nachlesen, wo die ehemaligen Stasi- und MfS-Mitarbeiter sitzen und aus Ihrer gesicherten Position als heutige Rentner im vereinten Deutschland auf den alten Klassenfeind BRD schießen. Allerdings mit einer opulenten Rente, die Ihnen das Bundesverfassungsgericht zugesichert hat. Sind Sie bereit, diese Ungerechtigkeit gegenüber den Zonenflüchtlingen und den ehemaligen DDR-Übersiedlern, die vor dem Fall der Mauer 1989 bereits Bundesbürger waren, abzustellen ? Die angewandte Praxis des BMAS und der DRV Bund ist rechtswidrig. Frau Gallus/Fleck hat in der Diskussionsrunde bei Anne Will zum o.g. Film auf dieses Thema aufmerksam gemacht. Hatten Sie danach die Möglichkeit sich mit der Filmheldin über das Thema Fremdrentengesetz auszutauschen ? Im abgeordnetenwatch wurden Mitglieder aller Parteien des Bundestages zu diesem Thema befragt. Es ist ein parteiübergreifendes Problem. Wären Sie bereit, einen Dialog mit den Betroffenen aufzunehmen, um hier Rechtsstaatlichkeit wieder herzustellen ? Ich meinerseits und die Gruppe der Betroffenen sind es. O. Schreiner hat es in seiner Antwort sehr deutlich ausgedrückt, dass es höchste Zeit ist, diese Schieflage bzw. Ungerechtigkeit schnellstmöglich abzustellen.

Mit freundlichen Grüßen einer der zahlreich Betroffenen
Gundhardt Lässig

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Sehr geehrter Herr Lässig,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie betrifft Regelungen des allgemeinen Rentenüberleitungsgesetzes vom 24. Juni 1993 (RÜG), mit dem die rentenversicherungsrechtliche Behandlung von Bürgern, die vor dem 18. Mai 1990 aus der ehemaligen DDR übersiedelten und zunächst unter das Fremdrentengesetz (FRG) fielen, auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt wurde.

Mir ist bewusst, dass die Neuregelung teilweise zu einer Absenkung der Rentenanwartschaften führte. Insofern habe ich Verständnis für die Enttäuschung der von dieser Regelung betroffenen Übersiedler. Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass die seinerzeitige Rechtsänderung im wesentlichen sachlich vernünftig war und insbesondere unter den wichtigen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes und des Eigentumsschutzes auch rechtlich im Kern richtig ist.

Der Grund für die Neuregelung, von der lediglich die rentennahen Jahrgänge bis einschließlich 1936 ausgeschlossen sind, war die Tatsache, dass die Rentenberechnung nach dem FRG ohne genauere Kenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen und rentenrechtlichen Verhältnisse in der DDR erfolgte. So wurden den Übersiedlern fiktive Bruttoarbeitsentgelte zugeordnet, für die dann – wie für originäre Versicherungszeiten in der Bundesrepublik Deutschland – Entgeltpunkte ermittelt wurden. Nachdem man nach der Wiedervereinigung über eine verlässliche Datenbasis im Hinblick auf die tatsächlichen einkommens- und rentenrechtlichen Verhältnisse verfügte, entschied sich der Gesetzgeber, die zunächst relativ großzügige Rentenberechnung an die neuen Daten anzupassen und die rentenrechtlichen Positionen der Betroffenen insoweit realitätsnäher zu bestimmen. Im Zuge dessen wurden bei der Berechnung der Renten die auf der Grundlage des FRG ermittelten Entgeltpunkte entsprechend reduziert. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Gruppe der Übersiedler im Verhältnis zu anderen Betroffenen insoweit bessergestellt ist, als für ihre in der DDR geleisteten Beitragszahlungen weiterhin der Entgeltpunkt West (26,13) und nicht der niedrigere Entgeltpunkt Ost (22,97) gutgeschrieben wird. Überdies haben Personen, die in der DDR vom Zusatzversorgungssystem FZR aus politischen Gründen abgeschnitten wurden und daher keine Gelegenheit hatten, entsprechend höhere Rentenanwartschaften zu begründen, bis zum 31.12.2007 die Möglichkeit, dies als Unrechtsmaßnahme über die Regelungen für berufliche Rehabilitierung geltend zu machen und Entschädigungen zu erhalten.

Die Reduzierung der Entgeltpunkte war nicht nur Gegenstand von Petitionen und der von parlamentarischen Anfragen, sondern auch von diversen Gerichtsverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juni vergangenen Jahres letztinstanzlich entschieden, dass die Reduzierung der Entgeltpunkte grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist. So hat das Gericht ausdrücklich klargestellt, dass die durch das FRG begründete Rentenanwartschaft gerade nicht dem Eigentumsschutz aus Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes unterliege, wenn ihr ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden, da es insoweit an einer an einen Versicherungsträger in der Bundesrepublik erbrachten Eigenleistung fehle. Unabhängig davon sei die Regelung durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und auch verhältnismäßig, da der Gesetzgeber in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen verkürzen dürfe, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen seien. Eine derartige Vergünstigung bestehe nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf die Anwartschaftsteile, denen keine Beitragsleistungen zugunsten der versicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft, mithin zugunsten eines bundesdeutschen Rentenversicherungsträgers gegenüberstehen.

Vor diesem Hintergrund sehe ich keine Veranlassung, von den grundsätzlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts abzuweichen und die mit dem RÜG im Jahre 1993 erfolgte Korrektur nachträglich insgesamt infrage zu stellen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes lediglich aufgetragen, auf die legitimen Interessen der rentennahen Jahrgänge im Wege einer noch zu treffenden Übergangsregelung Rücksicht zu nehmen, die bei den Rentenzugängen ab dem 1.10.1996 eine sofortige Reduzierung verhindert. Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Verfahren, in denen sich Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1991 in die Bundesrepublik zugezogen sind und deren Rente nach dem 30. September 1996 begonnen hat, gegen die Absenkung der ihrer Rente zugrunde liegenden Entgeltpunkte wenden, bleiben nach dem Urteil des Gerichts ausgesetzt oder sind auszusetzen, um den Betroffenen die Möglichkeit zu erhalten, aus den vom Gesetzgeber zu treffenden Regelungen Nutzen zu ziehen. Dies könnte der Grund sein, weshalb Ihr Widerspruch bislang noch nicht beschieden wurde.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Peter Hintze