Frage an Peter Hettlich von Marty L. bezüglich Verkehr
Hallo Herr Hettlich
Z.Z verfolge ich mit Spannung die Diskussion um die Teil - Privatisierung der Deutschen Bahn! Die Gegenpositionen zum aktuellen Gesetzesentwurf sind klar. Den einen geht die Privatisierung nicht weit genug, andere möchten die Bahn in öffentlicher Hand behalten.
Welche Position nehmen Sie ein?
Guten Morgen Herr Ludischbo,
ich lehne einen Bahnbörsengang in der vorliegenden Konstruktion ab, da damit die Kontrolle und Verfügungsgewalt über die mit viel Steuergeld geschaffene und weiterhin mit Steuergeldern - auch nach einem evtl. Börsengang - alimentierte Infrastruktur völlig aus der Hand gegeben wird.
Die Position meiner Fraktion war hier immer eindeutig: Keine Privatisierung der Schienen-Infrastruktur, d.h. des Schienennetzes (DB-Netz), der Bahnhöfe und sonstigen Gebäude (DB Station und Service) und der Energieversorgung (DB Energie). Der Bund muß die 100%ige Verfügungsgewalt behalten.
Eine (Teil-)Privatisierung des reinen Fahrbetriebes (z.B. DB Fernverkehr, DB Regio oder DB Raillion) könnte ich mir durchaus vorstellen, zumal bereits heute private Eisenbahnunternehmen im Cargo-Verkehr (rd. 20%) oder im Regionalverkehr agieren, die z.T. ihre Dienste mit besseren Leistungen und besserem Service als die DB AG anbieten. Eine Privatisierung z.B. der DB Raillion, die bereits heute nichts mehr mit der klassischen Daseinsvorsorge gemein hat (oder warum hat die DB AG dann private Speditionen wie Schenker oder Stinnes aufgekauft?) wäre aus meiner Sicht gut vorstellbar. Aber das ist nicht das Thema des aktuellen Gesetzentwurfs.
Die jetzige Konstruktion führt zu einer weiteren Monopolisierung und Diskriminierung von Mitbewerbern im Schienennetz und wird zu weitreichenden Streckenstillegungen führen. Dies findet unter den Augen eines untätigen Ministeriums, eines willfährigen Eisenbahnbundesamtes und einer bislang eher enttäuschend agierenden Netzregulierungsbehörde statt.
Im Ausschuß für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird der vorliegende Gesetzentwurf sowohl von meiner Fraktion - Bündnis 90/Die Grünen - als auch von den beiden anderen Oppositionsfraktionen FDP und Linke kategorisch abgelehnt. Die Linke lehnt jede Art von Privatisierung ab, die FDP vertritt eine ähnliche Position wie Bündnis 90/Die Grünen, d.h. keine Privatisierung der Infrastruktur. Weitergehende Äußerungen bezüglich einer Privatisierung sind mir im Bundestag bislang nicht vorgekommen, diese werden sie allenfalls aus Kreisen der DB AG hören oder in einschlägigen Medien, wie z.B. dem Handelsblatt.
Selbst in der CDU/CSU gibt es starke Widerstände gegen die von Minister Tiefensee und v.a.D. von Herrn Mehdorn vorangetriebene Teilprivatisierung des Konzerns. Derzeit gibt es nur offene Unterstützung durch die SPD, wobei aber deren Parteitag Ende Oktober auch hier zu einer Umkehr führen könnte, da es innerhalb der Parteibasis und auch in der Fraktion erhebliche Widerstände gibt.
Wenn Sie die Verkehrspolitiker aller Fraktionen zu einer geheimen Abstimmung auffordern würden, so würden sie vermutlich nicht einmal 5 Ja-Stimmen zum Börsengang bekommen.
Sie finden übrigens ein ausführlicheres Argumentationspapier zu unseren + bündnisgrünen Positionen auf der Fraktionshomepage www.gruene-bundestag.de
Mit freundlichen Grüßen