Frage an Peter Hettlich von Dirk S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Hettig,
am 13.08.2007 beginnt der Bau der umstrittenen Waldschlösschenbrücke in Dresden. Mit dem Bau der geplanten Brücke, wird die Bundesrepublik eine Welterbekulturstätte erstmalig aberkannt bekommen und auf internationaler Ebene ein negatives Beispiel mit dem Umgang von Kulturgütern und der Zusammenarbeit mit der Unesco geben. Obwohl von Seiten der Unesco die Möglichkeit eines Kompromisses angeboten worden war, hat sich das Regierungspräsidium Dresden anders als die Stadt für den Baubeginn entschieden. Diese Entscheidung erging unter erheblichen Einfluss des sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt und seiner veachtenswerten Arroganz gegenüber der Unesco "Dresen kann gut ohne Weltkulturerbe leben".
Meine Frage lautet, warum förtert die Bundesregierung den Bau der Waldschlösschenbrücke, die das Ansehen der Bundesrepublik nachhaltig schädigt mit finanziellen Mitteln? Wieso werden die Fördermittelzusagen nicht widerrufen, sondern beteiligt sich der Bund an der Schädigung des Ansehens, dass sicherlich künftig Nachahmer in anderen Ländern finden wird?
Wenn der Freistaat Sachsen der Meinung ist, dass Internationale Verpflichtungen nicht für ihn gelten, woran leider auch die Bundesesetzgebung mit Schuld trägt, dann sollte er wenigstens die Kosten seiner Arroganz selbst tragen. Ich bitte um Beantwortung dieser Fragen, insbesondere warum der Bund und speziell der Bundesverkehrsminister nicht wenigstens seine Beteiligung an diesem Vorhaben zurückzieht und die Fördermittel, wenn sie schon geflossen sind, zurückfordert. Rechtlich müsste dies doch möglich sein, da der Bund völkerrechtliche Verplichtungen eingegangen ist, die auch innerstaatliche Wirkungen entfalten, gegen die der Freistaat Sachsen verstößt und der Bund zu rechtstaatlichem Verhalten verpflichtet ist und damit gegen internationale Vertäge verstößt.
Sehr geehrter Herr Schwietzke,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 07.08..
Mittlerweile hat sich ja eine neue Situation nach dem Beschluß des Verwaltungsgerichts Dresden durch den (vorläufigen) Baustopp ergeben, aber ich denke, es geht ja in Ihrer Frage auch um Grundsätzliches.
Aus meiner Sicht hat die Bundesregierung - und das sage ich gerade auch als Mitglied der Oppositionsfraktion Bündnis 90/Die Grünen - keine Möglichkeiten gehabt, den Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden zu verhindern. Der Finanzierungsmix für die Brücke aus Landesmitteln, EFRE-Mitteln und GVFG-Mitteln gab und gibt der Bundesregierung keine Handhabe, z.B. einen Finanzierungsstopp durchzusetzen. Die Finanzbeziehungen zwischen den Ländern und dem Bund sind angesicht von 17 Vertragspartnern eine sehr komplizierte Angelegenheit. Würde der Bund z.B. bei den GVFG (Gemeindeverkehrfinanzierungsgesetz)-Mitteln Gelder zurückhalten, dann hätte dies weitreichende Folgen und Konsequenzen im Zusammenspiel von Bund und Ländern, die sich derartige Einmischungen eher aus formellen weniger aus inhaltlichen Gründen verbitten würden.
Aus meiner Sicht hat das zuständige Bundesministerium Verkehr, Bau und Stadtenwicklungen richtig gehandelt, den Bau immer wieder kritisiert und auch deutlich gemacht, daß der Schlüssel zur Lösung insbesondere bei der sächsischen Staatsregierung liegt. Dies hat dann ja auch zur ernsten Streitigkeiten innerhalb der Großen Koalition in Dresden geführt. Der Bundestag hatte darüber hinaus keine Eingriffsmöglichkeiten, das Thema wurde zwar im Kulturausschuß und auch im Verkehrsausschuß diskutiert, aber Beschlüsse hätten aufgrund der föderalen Strukturen und der sächsischen Landeskompetenz nur appelatorischen Charakter gehabt. Vor allem der CDU-Politiker Arnold Vaatz hat keine Gelegenheit ausgelassen, sich gegen "Fremdeinmischungen" sei es von der UNESCO oder vom Bundestag in Position zu bringen.
Zur Frage Aberkennung des Weltkulturerbestatus möchte ich bemerken, daß ich mich schon im Vorfeld des Bürgerentscheides gegen den Bau der Brücke z.B. durch Informationsveranstaltungen engagiert habe, wobei mir - und wohl auch den meisten anderen Gegnern - zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war, daß der Weltkulturerbestatus bedroht war. Meine Argumente gegen die Brücke waren allerdings damals wie heute andere: Diese Brücke ist aus Natur-, Umweltschutz- und Hochwasserschutzgründen abzulehnen. Und auch aus verkehrlichen Gründen ist sie nicht zu rechtfertigen, gerade wenn man sich die Situationen recht und links der Elbe vor Augen führt, an der die Brücke nichts ändern wird. Insofern freue ich mich, daß das VG Dresden jetzt in seinem Urteil den Belangen des Naturschutzes Rechnung getragen hat.
Zuguterletzt möchte ich aber daran erinnern, daß die Dresdner Bürgerinnen und Bürger zu meinem großen Bedauern mit großer Mehrheit beschloßen haben, daß diese Brücke gebaut werden soll. Das Volk ist der Souverain und letztlich muß es dann auch das ausbaden, was es beschloßen hat. Insofern habe ich die Diskussion um das Weltkulturerbe mit einer gewissen Distanz verfolgt und sie eher als Mittel zum Zweck angesehen, dieses sinnlose Bauwerk doch noch zu verhindern. Leider scheint der Erhalt eines Weltkulturerbestatus für viele Menschen eine höhere Wertigkeit zu haben als der Schutz der Elbauen, der Natur, der Umwelt und der Menschen. Das finde ich bedauernswert.
Mit herzlichen Grüßen
Peter Hettlich