Frage an Peter Götz von bernhard h. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Götz
Als gelegentlicher Autobahnfahrer muss ich leider feststellen daß in Deutschland als einzigem Land in Mitteleuropa rücksichtslos gerast werden kann.Oft habe ich mich schon von solchen Zeitgenossen gefährdet gesehen.Ich kann deswegen nicht verstehen warum sich die Bundesregierung davor drückt diesem Treiben Einhalt zu gebieten und ein Tempolimit einzuführen.130kmh würden meiner Ansicht nach voll genügen.Oder ist die Automobillobby so stark,daß sie sich nicht getraut hier etwas vernünftiges in die Wege zu leiten? Über eine Stellungsnahme ihrerseits über dieses Thema würde ich mich freuen.
Hochachtungsvoll B.Heck
Sehr geehrter Herr Heck,
vielen Dank für Ihre E-mail vom 07. März 2007, in der Sie sich aus Gründen der Verkehrssicherheit für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen aussprechen.
In der Tat halte ich Tempolimits auf Strecken, die sich als besonders gefährlich erweisen, für sinnvoll, und so sind nach ADAC-Erhebungen bereits etwa 40 % des deutschen Autobahnnetzes mit einem dauerhaften oder temporären Tempolimit belegt. Weitere 9 % werden mit Wechselverkehrszeichenanlagen gesteuert. Somit ist knapp die Hälfte des Autobahnnetzes ohnehin bereits limitiert.
Eine flexible Geschwindigkeitsregelung ermöglicht dem Autofahrer, das Tempo an die jeweilige Verkehrssituation und die Umfeldbedingungen (Wetter, Straßenzustand) anzupassen. Die Flexibilität „schneller bei guten Verhältnissen, langsamer bei schlechten Bedingungen“ erlaubt eine optimale Nutzung der Autobahn. Dabei leisten verkehrsabhängige Streckenbeeinflussungsanlagen, mit Hilfe derer die Geschwindigkeit oder Überholverbote situationsabhängig geregelt werden können, einen hohen Beitrag zum optimierten Fahrverhalten und somit zur Verkehrssicherheit wie auch zur Verbesserung des Verkehrsablaufs auf Autobahnen. In Untersuchungen wurden Rückgänge aller Unfälle von 20 bis 30 % festgestellt.
Darüber hinaus halte ich ein absolutes Tempolimit auf deutschen Autobahnen für nicht erforderlich.
Eine generelle Höchstgeschwindigkeit vermittelt dem Autofahrer das Gefühl „ Solange ich mich an das Limit halte, fahre ich sicher“. Jedoch kann Tempo 130 km/h bei Regen oder Nebel viel zu schnell sein. Es sollte vermieden werden, dem Autofahrer dieses trügerische Sicherheitsgefühl zu vermitteln. Der Autofahrer sollte vielmehr dahingehend sensibilisiert werden, sein Tempo eigenverantwortlich anzupassen.
Die meisten Verkehrunfälle ereignen sich auf Landstraßen, die ohnehin der Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h unterliegen. Das Risiko, auf Landstraßen getötet zu werden, ist etwa viermal so hoch wie auf Autobahnen. Generell sinkt die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten Personen seit 1979 kontinuierlich, sie ist um ca. 75 % auf 5.361 im Jahr 2005 zurückgegangen, obwohl sich der Pkw-Bestand in Deutschland fast verdreifacht im gleichen Zeitraum hat.
Die Zahl der tödlich Verunglückten pro einer Milliarde Autobahnkilometer liegt in Italien bei 9,9 (Tempolimit 130 km/h), in Österreich 5,9 (Tempolimit 130 km/h), in den USA bei 5,2 (Tempolimit 89 bis 121 km/h), in Frankreich bei 4,0 (Tempolimit 130 km/h) – in Deutschland dagegen nur bei 3,8 auch ohne generelles Tempolimit.
Auch für den Umweltschutz würde ein generelles Tempolimit auf Autobahnen keine erkennbaren Verbesserungen bringen.
Auch im Hinblick auf Lärmemissionen bringt ein Tempolimit nicht viel, denn der Dauerschallpegel lässt sich nur geringfügig senken. Fakt ist, dass der von einer Autobahn ausgehende Lärm weitgehend vom LKW-Verkehr geprägt wird. Ein Tempolimit ab einem LKW-Anteil von10 % ist für den Mittelungspegel wirkungslos. Nur wenn die Lärmemissionen der LKW verringert werden, ist ein spürbarer Rückgang messbar. Im Übrigen werden ohnehin aus Lärmschutzgründen auf bestimmten Autobahnstrecken örtliche Geschwindigkeitsbeschränkungen erlassen. Zudem werden an vielen Autobahnen Lärmschutzwälle und -wände errichtet, die von einem Tempolimit unabhängig den Verkehrslärm deutlich mindern. Auch geräuschreduzierte Fahrbahnbeläge (Flüsterasphalt) tragen dazu bei.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Götz MdB