Portrait von Peter Danckert
Peter Danckert
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Peter Danckert zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Gerhard R. •

Frage an Peter Danckert von Gerhard R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr MdB Dr. Peter Dankert,

bitte gestatten Sie mir, Ihnen an dieser Stelle ganz ausdrücklich meinen Respekt für Ihr höchst demokratisches Verständnis und für Ihre Stellungnahme im Deutschen Bundestag am 29.06.2012 zu danken.
( http://www.youtube.com/watch?v=HlPmij5De-U&feature=g-all-f ).

Nun zu meiner Fragestellung:
Wie schätzen Sie im Rahmen der Debatte um das Gesamtumfeld ESFS, ESM etc. pp die verfassungsrechliche Wirkung der Parteien im Sinne des Art 21 GG
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.
ein.
Ich kann hier nur für die SPD sprechen, deren Mandatsträger auch Sie sind:
Ist im Zuge der hier bestehenden Debatte und der Klage zum Bundesverfassungsgericht nicht auch davon auszugehen, dass die Parteien, die es unterlassen haben, diese Fragestellung eben auch nachhaltig dem Souverän, also den Bürgern vor Ort in Diskussion und Abstimmung vorzulegen (warum deren Parteiführer und Mandatsträger es ganz offenbar auch gegenüber ihren eigenen Mitgleidern nicht für angezeigt halten, wäre in den Parteigremien zu klären), dass die hiervon betroffenen Parteien nunmehr ihren Verfassungsauftrag nicht erfüllen, insofern also verfassungswidrig handeln???

Meines Erachtens in einer repräsentativen Demokratie eine in höchstem Maße bedenkliche Entwicklung.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Gerhard Roloff

Portrait von Peter Danckert
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Roloff,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu meiner Interpretation des Art. 21 Grundgesetz und der Rolle der politischen Parteien.

Das Bundesverfassungsgericht beschreibt die Aufgaben der Parteien folgendermaßen: „Die Parteien sind vornehmlich berufen, die Bürger freiwillig zu politischen Handlungseinheiten mit dem Ziel der Beteiligung an der Willensbildung in den Staatsorganen organisatorisch zusammenzuschließen und ihnen so einen wirksamen Einfluss auf das staatliche Geschehen zu ermöglichen. Den Parteien obliegt es, politische Ziele zu formulieren und diese den Bürgern zu vermitteln sowie daran mitzuwirken, dass die Gesellschaft wie auch den einzelnen Bürger betreffende Probleme erkannt, benannt und angemessenen Lösungen zugeführt werden. Die für den Prozess der politischen Willensbildung im demokratischen Staat entscheidende Rückkoppelung zwischen Staatsorganen und dem Volk ist auch Sache der Parteien. Sie erschöpft sich nicht nur in dem nur in Abständen wiederkehrenden Akt der Wahl des Parlaments. Willensbildung des Volkes […] vollzieht sich in vielfältiger und tagtäglicher, von den Parteien mitgeformter Wechselwirkung.“ Das Volk (bzw. die einzelnen Bürger) werden damit als Adressat gesehen, der im Wechselspiel mit den Stellungnahmen der Parteien und persönlichen Überzeugungen seine eigene Meinung bildet.

Zusammenfassend könnte man sagen, Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 GG weist den politischen Parteien die Aufgabe zu, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken.

Die Parteien spielen aber nicht alleine die politisch entscheidende Rolle. Es wird ihnen ausdrücklich keine Monopolstellung bei der politischen Willensbildung des Volkes zugewiesen – ausdrücklich sagt Art. 21 Abs.1, dass sie „mitwirken“. So schließt der Art. 21 Abs.1 GG ein Monopol der Parteien bei der politischen Willensbildung aus. Sie ermöglichen und verwirklichen diese zusammen mit zahlreichen anderen Akteuren. Dazu gehören neben den einzelnen Bürgern, den Medien, die Verbände und sonstige Organisationsformen der Bürger. Es ist meiner Ansicht nach wichtig, zu betonen, dass nicht nur die Parteien die öffentliche Meinung beeinflussen, sondern sie werden auch vice versa von ihr beeinflusst.

Art. 21 Abs. 1 S. 1 ist eine notwendige Ergänzung des Art. 20 Abs. 2 GG („Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“). Das sich daraus ableitende Demokratieprinzip ist das zentrale Prinzip meiner persönlichen Arbeit als Parlamentarier. Ich finde, das kann man als direkt gewählter Abgeordneter gar nicht oft genug betonen. Die nach Art. 20 Abs.2 GG gebotene demokratische Legitimation aller staatlichen Gewalt durch allgemeine Volkswahl erfordert auch, dass die Wähler ihr Urteil in einem freien, offenen Prozess der Meinungsbildung gewinnen und fällen können, was wiederum in der modernen parlamentarischen Demokratie ohne Parteien nicht möglich ist.

Ich stimme Ihnen zu, dass den Parteien damit eine zentrale Rolle und eine enorme Verantwortung gerade in den aktuellen europäischen Debatten um EFSF und ESM zukommt.

Als Mitglied des Haushaltsausschusses habe ich mich in den vergangenen Monaten intensiv mit dieser komplexen Thematik auseinander gesetzt. In der Woche vor der Abstimmung hat meine Fraktion beispielsweise einen fraktionsoffenen Abend mit Rechtsexperten zu diesem Thema organisiert. Wir als SPD-Bundestagsfraktion haben mit diesen und anderen Veranstaltungen aktiv den Austausch mit unseren Bürgern gesucht.
Ich fühle mich insofern in diesem Aspekt gut von meiner Partei vertreten.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Peter Danckert