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Peter Danckert
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Frage von Jay S. •

Frage an Peter Danckert von Jay S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Danckert,

zur Banken u. Eurokrise möchte ich Sie fragen, ob Ihrer Meinung nach die Banken und die Kapitalmärkte nicht noch mehr reguliert werden müsste. Damit meine ich nicht nur die Finanztransaktionssteuer, sondern auch die Frage, ob auf den Kapitalmarkt z.B. unbedingt gegen Länder oder Währungen spekuliert werden muss? Normalerweise kommt bei diesen Thema dann die richtige Antwort, dass dies weltweit nötig wäre. Aber muss nicht bei dem Thema die EU nicht mehr voran gehen?
2. Sind Ihrer Meinung nach die Kriterien für EFSF und ESM richtig gewählt?
3. Stimmt es, dass die Banken sich von der EZB Geld zu niedrigen Zinsen leihen und das Geld dann für höhere Zinsen z.B. an Griechenland verleihen? Warum werden die Kredithaie da nicht außen vor gelassen und die EZB vergibt die Kredite selber an die Staaten?

Da Sie früher im Sportausschuss saßen, möchte ich Sie fragen, ob es unbedingt nötig, dass z.B. im Fußball auf alles mögliche gewettet werden kann (1. Eigentor und Rote Karte)? Wenn ich an den Wettskandal in Italien und an die Sapina Gruppe in Deutschland denke, wäre es hier nicht besser den Wettmarkt hier auch zu regulieren?

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Scharff

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Scharff,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Banken- und Eurokrise, sowie zur Regulierung von Sportwetten. Entsprechend Ihrer Fragestellung, möchte ich auf die zwei Themenkomplexe gesondert eingehen.
Die europäische Staatsschuldenkrise beschäftigt mich und meine Kollegen intensiv und fraktionsübergreifend. Immer wieder müssen unter großem Zeitdruck weitreichende Entscheidungen von uns getroffen werden, ohne dass uns jemand garantieren kann, dass es die richtigen sind. Derzeit findet man für nahezu jede Theorie die entsprechenden Professoren und Studien, die diese untermauern. Als Volksvertreter ist meine oberste Maxime, mir meine eigene Meinung zu bilden und wenn ich Zweifel habe, äußere ich diese, auch wenn ich mich damit nicht immer beliebt mache.
Die Frage, inwieweit ich für eine weitere Regulierung der Banken und Kapitalmärkte eintrete, ist nicht leicht zu beantworten. Allgemein halte ich die Machtposition, die den Aktienmärkten und vor allem den privatrechtlichen Ratingagenturen zukommt, für problematisch. Je nach Auftraggeber, besteht das Risiko eines Interessenskonfliktes. Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht vergessen, dass wir die Ratingagenturen ursprünglich einmal eingesetzt und genau mit dieser Aufgabe betraut haben: sie sollen die Bonität von Schuldnern aus der Sicht des Kapitalanlegers bewerten bzw. die Wahrscheinlichkeit der Emittenten , der von Ihnen eingegangenen Zahlungen nachkommen wird, bewerten. Dies ist grundsätzlich notwendig und hilfreich. Das sich im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise Staatsanleihen, die immer als sicher galten zu Risikopapieren entwickeln und als Ziel für Spekulanten (Hedgefonds etc.) wurden, war nicht abzusehen. Die Dominanz der drei großen US-amerikanischen Ratingagenturen ist auch nicht zu vernachlässigen. Da diese jedoch von der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) anerkannt sind, kann die Politik formell nichts gegen sie unternehmen. Bereits seit 1988 gibt es deutsche Initiativen, eine europäische Ratingagentur als Pendant zu etablieren, bisher jedoch leider ohne Erfolg. Innerhalb der EU unterliegen Ratingagenturen in der Regel staatlicher Aufsicht. So kann ohne Genehmigung in Europa keine Rating-Agentur gegründet werden. Entsprechende Initiativen, wie z.B. der Verordnungsvorschlag der Kommission vom 15. November 2011 für strengere Vorschriften für Ratingagenturen, sind ein Schritt in die richtige Richtung. Noch sind derartige Vorschläge jedoch leider nicht mehrheitsfähig.
Ich stimme Ihnen zu, dass die EU bei diesen Fragen im Idealfall eine Vorreiterolle einnehmen sollte. Wie wir an der Umsetzung der Forderung der SPD-Bundestagsfraktion nach einer Finanztransaktionssteuer (FTT) jedoch sehen, herrscht innerhalb der EU-27 und selbst im Euro-Raum eine unterschiedliche Interessenslage. So tritt Großbritannien seit jeher dagegen ein. Ich bin der Meinung, dass meine Fraktion in den andauernden Verhandlungen zum Fiskalpakt einen riesen Erfolg in diesem Punkt errungen hat und wir auf dem europäischen Gipfel Ende Juni eine erstes politisches Committment von mindestens neuen Staaten erreichen werden.
Sie fragen nach der Richtigkeit der Kriterien für die EFSF und den ESM. Ich bin mir nicht ganz sicher, was genau Sie damit meinen. Wenn Sie auf die Vergabekriterien Bezug nehmen, nach denen die Rettungsschirme Darlehn an Programmländer vergeben, so ist das generell schwer zu beantworten. Ich bin der Meinung, dass es wichtig und richtig ist, den temporären EFSF durch einen dauerhaften ESM zu ersetzen, um ein starkes Signal gegen die Spekulationen der Märkte zu setzen. Fraglich erscheint mir jedoch vor diesem Hintergrund die jüngste Entscheidung, spanischen Banken Mittel zu Ihrer Refinanzierung zur Verfügung zu stellen, ohne dies an makroökomische Anpassungsprogramme zu koppeln. Ich schließe mich hier der Meinung meines Kollegen Carsten Schneider an, der in einem Interview vom 13. Juni in der Süddeutschen Zeitung gesagt hat, es dürfen keine Präzedenzfalle und damit falsche Anreize geschaffen werden. Irland war in einer ähnlichen Ausgangslage und musste ebenfalls „normale“ Hilfen aus der EFSF beantragen, die mit strikten Auflagen verbunden waren.
Zu Ihrer Frage zur Vergabetätigkeit der EZB entnehme ich meine Informationen leider auch nur aus der Presse. Mehrmals habe ich selbst im Rahmen von Ausschusssitzungen entsprechende Fragen an die Bundesregierung gestellt und immer die gleiche Antwort erhalten. Die EZB ist eine unabhängige Institution, die keinen politischen Weisungen unterliegt, daher sei die Bundesregierung nicht aussagefähig. Die von Ihnen genannten Emergency Liquitity Assistance (ELA) und die SMP (Security Market Programms) der EZB, dank derer zumindest kurzfristig Ruhe auf den Märkten eingetreten ist, sind höchst riskant. Diese verbogenen Haftungsrisiken addieren sich zu den bekannten Risiken Deutschland über die EFSF und den ESM. Realistisch betrachtet, bleibt der EZB jedoch aufgrund der Umstände nahezu nichts anderes übrig. Griechenland kann sich seit geraumer Zeit nicht mehr selbst am Markt refinanzieren. Wenn die Darlehn und Kredite via der EZB ausfallen würden, wäre das Land sofort insolvent. Die Frage bleibt also, was die Alternative wäre?
Zu Ihrer Frage zum Thema Sportwetten: Ich habe in meiner Zeit als Ausschussvorsitzender stets auf eine Öffnung des Marktes gedrängt, um genau solche unseriösen Angebote, wie Sie sie beschreiben, zu verhindern. Kurz zum Hintergrund: im Jahr 2006 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Monopol von Toto und Lotto nicht wie bisher vorrangig mit fiskalischen Erwägungen begründet werden darf. Daraufhin beschlossen die Bundesländer den neuen Glücksspielstaatsvertrag, der am 1.1.2012 ausgelaufen ist. (In diesen Tagen wird der neue Glücksspielstaatsvertrag verabschiedet.) Seit dem 1.1.2007 war nur noch der staatliche Wettanbieter Oddset für Sportwetten verfügbar. Alle anderen Angebote sind seit dieser Zeit illegal, die Werbung hierfür ist verboten (§284 Absatz 4 StGB). Das hat dazu geführt, dass nach Studien rund 90 bis 95% der Sportwetten nicht bei Oddset und damit in der Illegalität abgeschlossen werden. Die Menschen wissen zum allergrößten Teil gar nicht, dass Betandwin und andere in Deutschland nicht zugelassen sind, dass im Internet keine Wette platziert werden dürfen. Aus meiner Sicht war dies ein unhaltbarer Zustand, der auch dazu führt, dass dem Sport seit Jahren Millionen an Werbegeldern verloren gehen. Ich hoffe sehr, dass die
Praxis des neuen Glücksspielstaatvertrag eine bessere Berücksichtigung der Interessen des Sports beinhaltet wird. Dies alles habe ich nur kurz skizziert, um Ihnen zu verdeutlichen, dass alle Sportwetten im Internet bisher nicht rechtens waren. Dadurch hatten Politik, Verwaltung und Glücksspielaufsicht keinerlei Möglichkeit, Wetten, wie Sie sie beschrieben haben, zu regulieren. Mit dem neuen Staatsvertrag und den Lizenzen, die hier für Internet-Sportwetten-Anbieter vorgesehen sind, gibt es endlich die Möglichkeit, seriöse Anbieter zu einem "normalen" Wettangebot zu bringen. Nach dem Staatsvertrag sind Wetten auf Zwischenereignisse nicht möglich, es sollen allein Ergebniswetten angeboten werden können. Ich denke, so haben alle Beteiligten etwas davon: der Sport, indem er Einnahmen erzielen kann und der Staat, der durch Steuern und Lizenzgebühren ebenfalls partizipiert und schließlich die Millionen begeisterten Sportwetter, die vor unseriösen Angeboten geschützt werden.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Peter Danckert