Frage an Peter Danckert von Gerhard W. bezüglich Bildung und Erziehung
Wie stehen Sie zu den berechtigten Protesten der Studenten?
Von Beruf bin ich Dipl. Ing., jetzt in Rente. Aus Interesse habe ich nach meinem Managerleben ein Zweitstudium der Meteorologie an der FU Berlin bis zum Vordiplom absolviert. Angefangen hatte ich dieses Studium zusammen mit den Bachelorstudenten der Meteorlogie. Dieser reine Schulbetrieb mit Anwesenheitspflicht von 80 - 85% und wöchentlichen Pflichtaufgaben sowie dem Grundstudium in Mathematik und Physik (identisch mit meinem früheren Grundstudium, aber in kürzerer Zeit) ist für mich eine Frechheit! Die Studenten, die nebenbei arbeiten müssen, haben keine Chance. Zudem haben die Bachelors keine Berufsaussichten ohne die Weiterführung zum Master. Bologna hin oder her, diese Studienart wurde während der SPD-Regierungszeit ohne Rücksichten zwangsweise eingeführt. Wie wäre es, wenn die SPD wieder die Interessen der nichtwohlhabenden Bevölkerung (die kaum noch studieren können) wahrnehmen würde?
Als früher langjähriges, aktives SPD-Mitglied bitte ich um eine aussagekräftige Antwort.
MfG
Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
auch ich unterstütze die, wie von Ihnen bereits richtig bemerkt, berechtigten Proteste der Studentinnen und Studenten. Ich glaube auch, dass an der Umsetzung des Bolognaprozesses noch Nachbesserungen notwendig sind. Da ich in der 17. Legislaturperiode aber für Haushalt zuständig sein werde, bitte ich um Verständnis, dass ich Ihnen die gewünschten Fachinformationen nicht zur Verfügung stellen kann.
Ich möchte Sie deshalb an die Abgeordneten Ulla Burchardt beziehungsweise Martina Münch verweisen, die sich umfassend mit dieser Thematik auseinandersetzen. Frau Burchardt hat letzte Woche zu den Studierendenprotesten folgende Pressemitteilung veröffentlicht:
12/11 2009
Schwarz-Gelb verhindert offene und soziale Hochschulen
*SPD-Bildungsexpertin begrüßt Studierenden-Proteste*
Ich begrüße und unterstütze die Proteste der Studierenden. Ihre Forderungen für ein demokratisches und soziales Bildungssystem sind verständlich und berechtigt. Ich kann die Studierenden nur ermutigen, sich geschlossen für bessere Hochschulen einzusetzen.
Die Probleme sind hinreichend bekannt. Die Studiengänge sind unflexibel und führen zu erheblichem Prüfungs- und Leistungsdruck, gleichzeitig werden nicht genug Master-Studienplätze angeboten. Bildungsministerin Schavan hat zwar schon im Juni Reformen abgekündigt, passiert ist aber nichts.
In der Aussprache zur Regierungserklärung im Bundestag ist deutlich geworden, dass die Ankündigungen der Koalition nur Lippenbekenntnisse sind. Wirksame Ausgabensteigerung über die längst beschlossenen Programme hinaus wird es nicht geben.
Um mit dem Aufstieg durch Bildung Ernst zu machen, müssen soziale Hürden beseitigt und die Hochschulen geöffnet und ausfinanziert werden. Dazu gehören die Abschaffung von Studiengebühren, die Ausweitung des BAföG, die Ausfinanzierung von Master-Studienplätzen und der Ausbau der sozialen Infrastruktur an Hochschulen. Das alles ist nur durch ein starkes Engagement des Bundes möglich, was wiederum nur ohne Kooperationsverbot im Grundgesetz geht. Das ist der Weg zu mehr Chancengleichheit. Es ist der Weg, den Union und FDP nicht gehen wollen.
Zudem hat Sie am Mittwoch eine Delegation von Studierenden empfangen und mit dieser intensiv über das Thema Bolognaprozess diskutiert. Ich denke, dass Sie in Frau Buchardt eine kompetente Ansprechpartnerin finden.
Für Ihr weiteres Studium wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Freundliche Grüße
Dr. Peter Danckert