Frage an Peter Alberts von Adam W. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrter Herr Reul,
die EU ist für mich in erster Linie eine Werte- und Kulturgemeinschaft, eine Gemeinschaft die ihre Wurzeln in der christlich/jüdischen Tradition hat.
Aus diesem Punkt ist es für mich außerordentlich wichtig, dass die Türkei, als ein islamisches Land, nie ein Mitglied der EU wird. Kann ich mit Ihrer Unterstützung rechnen?
Mit freundlichen Grüssen
Adam Wirtz
Sehr geehrter Herr Wirtz,
Sie haben Ihre Frage in mein Profil eingestellt, aber Herrn Reul angesprochen. Ich antworte Ihnen natürlich gerne auch.
Ich stimme Ihrer Behauptung zum Teil zu, dass die EU auch eine Werte- und Kulturgemeinschaft ist. Sie ist natürlich mehr, sie ist zudem ein Rechts- und Wirtschaftsraum und eine politische Organisation. Ich stimme Ihnen auch zu, dass die christlich-jüdische Geschichte für Europa stark prägend war und ist. Auf eine andere Frage hier bei kandidatenwatch.de habe ich bereits geantwortet, dass für mich die Werte der Bergpredigt zentrale Bedeutung haben, auch wenn ich kein Christ bin. Aber natürlich haben auch andere Kulturen und religiöse Traditionen Europa bereichert, und diesen Einfluss will ich nicht missen. Europa ist bunt, das gefällt mir. Vor Vielfalt habe ich keine Angst sondern freue mich an ihr.
Nicht zustimmen kann ich einem ausschließenden Verständnis von christlich-jüdischer Tradition. Viele Muslime und auch Menschen anderer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung leben in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. In Albanien und Bosnien-Herzegowina gibt einen originär europäischen Islam, und natürlich gehören auch diese Staaten zu Europa. Ich trete für eine Trennung von Kirche (bzw. religiöser oder weltanschaulicher Organisation) und Staat ein, und ich lehne es ab, BürgerInnen nach Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung zu sortieren.
Für die Türkei sollten genau die gleichen Regeln wie für alle Betrittskandidaten der EU gelten, die Kopenhagener Kriterien. Zur Zeit erfüllt die Türkei diese nicht, insbesondere was die Wahrung von Minderheitenrechten vor allem gegenüber den KurdInnen, die freie Religionsausübung, die Gleichstellung von Männer und Frauen, die Freiheit von Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und andere wesentliche Punkte angeht. Auch um die demokratische Rechtsstaatlichkeit der Türkei ist es nicht gut genug bestellt, als dass sie zur Zeit der EU beitreten könnte. Ich bin allerdings strikt dagegen, der Türkei prinzipiell die Tür zum Beitritt zu verschließen - wenn sie eines Tages die Kopenhagener Kriterien erfüllen sollte, kann sie selbstverständlich beitreten. Allerdings gibt es zur Zeit keine Anzeichen dafür, dass das in naher Zukunft geschehen wird.
Insofern können Sie in dieser Frage nicht auf meine Unterstützung rechnen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Alberts