Frage an Peter Alberts von Wolfgang G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Peter Alberts
Dem Steuerzahler sind die Bezüge und Pension der EU-Polititker, sowie auch die der Bundespolitiker, längst ein Dorn im Auge. Man kann von diesen Bezügen nicht von sozialer Gerechtfertigung sprechen. Es wird Zeit für eine Reform der Bezüge und Pensionen, die dem Steuerzahler wieder gerecht würde.
Wie stellen Sie sich diesem Sachverhalt?
Was müsste sich ihrer Meinung nach ändern?
Wenn es etwas zu ändern gibt, wie werden Sie dies vor dem EU-Parlament vertreten?
Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Gulde
Sehr geehrter Herr Gulde,
herzlichen Dank für Ihre Frage. Gestatten Sie mir vor der Beantwortung eine Vorbemerkung. Ich denke, die echten sozialpolitischen Probleme in Europa sind andere, und wir werden soziale Gerechtigkeit sicher nicht über eine Reform der Abgeordnetenbezüge herstellen können. Dass wir in Europa und Deutschland echte Armut und echte soziale Not haben, ist ein Skandal, und natürlich ist die Politik gefordert, hier auch eine gerechte Umverteilung von oben nach unten vorzunehmen. Die Einsparungen, die aus geringeren Abgeordnetendiäten entstünden, wären dabei aber noch weniger als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Diese Debatte hat in meinen Augen also hauptsächlich eine symbolische und eine moralische Dimension, weniger eine sozialpolitische.
Trotzdem ist Ihre Frage wichtig, weil sie direkt das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen berührt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Abgeordnete eine sehr aufreibende Tätigkeit ausführen, die meisten davon (in allen Parteien) mit sehr viel Engagement, mit sehr hohem Zeitaufwand und meistens hoch qualifiziert. Das soll auch entsprechend entlohnt werden. Verglichen mit den sog. LeistungsträgerInnen in den Management-Etagen der Wirtschaft ist die Entlohnung von PolitikerInnen sehr niedrig. Das ist aber auch richtig so, denn natürlich mahnen Sie zu recht in Ihrer Frage an, dass es sich ja um das Geld der Allgmeinheit, der SteuerzahlerInnen, handelt und dass mit diesem Geld sorgfältig und verantwortungsvoll umgegangen werden muss.
Wichtig ist vor allem, dass die Versorgung der Abgeordneten für die Öffentlichkeit transparent und korrekt und sauber geregelt ist. Deswegen halte ich viel von dem Stichwort der/des "gläsernen Abgeordneten". Und da gibt es leider gerade im Europaparlament noch erheblichen Reform-Bedarf. Einen kurzen Überblick über die bisherige Diätenregelung finden Sie hier: http://www.europarl.europa.eu/parliament/expert/staticDisplay.do?id=39&pageRank=1&language=DE
Nach den Wahlen findet das neue Abgeordnetenstatut Anwendung, das den doch ziemlich undurchsichtigen Wirrwarr von Pauschalen und Zusatzleistungen etwas entflechtet und mit der Orientierung an den Gehältern der europäischen RichterInnen eine sinnvolle Orientierungsgröße einzieht. Trotzdem ist auch nach dem neuen Statut die Entlohnung noch nicht transparent genug.
Nach meinen Vorstellungen sollten Abgeordnete nur für tatsächlich geleistete Auslagen (z. B. bei den Reisekosten) Erstattung bekommen, die Pauschalen gehören abgeschafft. Desgleichen ist das Tagegeld-System hoch manipulationsanfällig und gehört ebenfalls abgeschafft. Die Europa-Abgeordneten sollten eine Grunddiät bekommen - die Orientierungsgröße von 38,5 % des Grundgehaltes einer/s RichterIn am Europäischen Gerichtshof (zur Zeit also ungefähr 7.000 EUR monatlich brutto) halte ich für akzeptabel, allerdings am oberen Rand des Akzeptablen - mehr sollte es nicht werden. Mein Abstimmungsverhalten würde ich daran orientieren - von mir wird es keine Zustimmung zu undurchsichtigen Pauschalen oder Zulagen und keine Zustimmung für eine weitere Erhöhung der Grunddiät über die genannten 38,5 % des Grundgehaltes der EuGH-RichterInnen geben.
Ich persönlich werde, sollte ich gewählt werden, mich selbstverständlich an die gängige Praxis der Grünen-Abgeordneten halten und von diesen Diäten zwischen 1.500 und 2.000 EUR monatlich für gemeinnützige Zwecke spenden. Außerdem würde ich im Falle meiner Wahl meine Bezüge und meine regelmäßigen Ausgaben im Bemühen um Transparenz auf meiner Homepage veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Alberts