Frage an Paul Lehrieder von Wolf Michael K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lehrieder,
eine schleichende Islamisierung Deutschlands greift um sich. Provokanterweise werden viele Moscheen in Deutschland nach Sultan Mehmet II, Beiname Fatih (Der Eroberer) benannt, der sich durch die brutale Entchristianisierung in Konstantinopel im 15. Jahrhundert einen Namen gemacht hat. Und vor an Gleichgültigkeit strotzender Toleranz wagt es in Deutschland niemand mehr etwas dagegen zu tun. Damit wir uns nicht missverstehen: ich kenne einige türkisch stämmige Leute in meinem Bekanntenkreis, die ich sehr schätze. Ich mache mir vielmehr Sorgen um die zunehmende "Inbesitzname" Deutschlands durch islamische Kräfte. Wie stehen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüßen aus Würzburg,
Wolf Michael Kröger
Sehr geehrter Herr Kröger,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema "Islamismus".
Die Gefahr einer schleichenden Islamisierung Deutschlands sehe ich nicht. Unsere Demokratie ist wehrhaft genug, um Extremismus jedweder Art vorzugehen.
Schon am 30. Juni 2005 verabschiedete die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Antrag "Politischen Islamismus bekämpfen - verfassungstreue Muslime unterstützen" (Bundestags-Drucksache 15/4260). In diesem Antrag forderte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die damalige Bundesregierung insbesondere dazu auf, "im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beizutragen, dass der Islam als Religion für über 3 Millionen in Deutschland lebende Muslime nicht der Definitionsmacht einiger politischer Islamisten überlassen wird. Die verfassungstreuen Muslime sind gegenüber dem politischen Islamismus zu stärken, der unser Gesellschaftssystem negierende politische Islamismus jedoch zu bekämpfen." CDU und CSU sprechen sich nachdrücklich gegen Generalverdächtigungen von muslimischen Mitbürgern in Deutschland aus. Die verfassungsrechtlich garantierte Religionsfreiheit schützt auch das Recht der muslimischen Gemeinden, Moscheen zu errichten. Im Kampf gegen den politischen Islamismus in Deutschland müssen aber die Instrumente genutzt werden, die dem Staat z. B. in Form der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zur Verfügung stehen.
Jeder muss sich uneingeschränkt zu den Grundwerten unserer Verfassung bekennen. Soweit Positionen eingewanderter Kulturen zu den Grundwerten unserer Verfassung im Widerspruch stehen, gibt es keinen Anspruch auf Toleranz. Integration ist mit der Entstehung von Parallelgesellschaften oder gar Gegengesellschaften unvereinbar. Eine multikulturelle Gesellschaft im Sinne eines dauerhaften, unverbundenen Nebeneinanders unterschiedlicher gesellschaftlicher oder ethnischer Gruppierungen ist nicht akzeptabel und führt zum Verlust des Zusammenhalts und der Identität einer Gesellschaft.
Islamistische Organisationen sind nicht als vermeintliche Vertreter aller Muslime in Deutschland als Gesprächspartner zu akzeptieren. Bezüglich der Vergabe von Visa ist für eine konsequente Ablehnung für politische Islamisten zu sorgen. Beim Anti-Terror-Kampf besteht bei den Muslimen eine Bringschuld. Wir erwarten vom Zentralrat der Muslime, dass er alles tut, damit Moscheen nicht durch Minderheiten zu Schutzräumen für Irregeleitete werden, die unseren Staat bekämpfen.
Was den Neubau von Moscheen in Deutschland betrifft, hat sich eine Arbeitsgruppe der Deutschen Islam-Konferenz intensiv mit Thema Moscheebau - nicht mit einzelnen Moscheebauten - in Deutschland befasst und dazu Empfehlungen vorgelegt, die vom Plenum in seinem Zwischenresümee vom 13. März 2008 angenommen wurden. In den Empfehlungen wird deutlich auf die Verantwortung der Moscheebauträger für eine gelungene Integration der Moschee in die nachbarschaftliche Umgebung hingewiesen. In den Städten und Gemeinden ist der Bau von Moscheen nicht selten Gegenstand von Konflikten.
Im Falle von Würzburg darf ich darauf hinweisen, dass vor wenigen Jahren ein Moscheebau auf dem Heuchelhof errichtet wurde (südlich des Baumarktes OBI, mithin sicherlich nicht in städtebaulich neuralgischer Lage), um auch hier deutlich zu machen, dass den muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sehr wohl ein Gebetsraum zugestanden werden kann und soll, jedoch dieser sich nicht unmittelbar neben katholischen Kirchen befinden muss.
Ich halte gerade das Beispiel Würzburg für einen gelungenen Kompromiss des Nebeneinanders von Religionen.
Ebenfalls darf ich darauf hinweisen, dass mir durch meine politische Tätigkeit auch eine Vielzahl von türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern bekannt ist, welche eine radikale Islamisierung heftigst ablehnen und lediglich die Erlaubnis erwarten, ihre Religion auch im Zuzugsland Deutschland nachkommen zu dürfen.
Es muss allerdings möglich sein, gegen ein überdimensioniertes Moscheevorhaben auch öffentlich Kritik üben zu dürfen zu dürfen ohne als Ausländerfeind bzw. rechtsradikal abgestempelt zu werden.
Auch hinsichtlich der Namensgebung sollten die muslimischen Bauherren durch eine rechtzeitige und sorgfältige Unterrichtung auf eine breite Akzeptanz ihres Bauvorhabens hinwirken. Dabei sollte erläutert werden, wer die Moschee trägt, welche Aktivitäten dort geplant sind und wie der Kontakt zu ihrer Umgebung gestaltet werden soll. Hilfreich ist auch eine möglichst weitgehende Transparenz hinsichtlich der Finanzierung. Sollten dabei verfassungsfeindliche Tendenzen sichtbar werden, sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Lehrieder MdB