Frage an Paul Lehrieder von Inge R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Lehrieder,
in der Sitzung der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz wurde im März 2015 die Gegenfinanzierung von Leistungsverbesserungen im Teilhaberecht diskutiert.
In der Dokumentation ist der Vorschlag zu lesen, das Kindergeld für über 27jährige behinderte Menschen zu streichen:
www.gemeinsam-einfach-machen.de/BRK/DE/StdS/Bundesteilhabegesetz/8_Sitzung/8_sitzung_ap_zu_top3.pdf?__blob=publicationFile
Obwohl bekannt ist, dass Eltern erwachsener behinderter Kinder wegen der Betreuung und Pflege ohnehin deutlich geringere Erwerbseinkommen erzielen, wird dieses Vorgehen in der Dokumentation als „unproblematisch“ bezeichnet.
Die Streichung des Kindergeldes würde jedoch dem höchstrichterlichen BFH-Urteil vom 18.4.2013 (Az. V R 48/11) widersprechen, sowie der wiederholten Rechtsprechung des BSG, wo z.B. unter AZ. B 9b SO 5/06 R vom 08.02.2007 im letzten Absatz festgestellt wird: „Es ist insoweit zu beachten, dass bei einem (volljährigen) behinderten Kind, das mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebt, die von den Eltern zu tragenden Aufwendungen, regelmäßig erheblich höher sind als dies bei einer stationären Betreuung des Kindes der Fall wäre.“
Hinzu kommt, dass bei den Familien mit der Streichung des Kindergeldes noch die Nachteilsausgleiche wegfallen würden, die ein erwerbsunfähiges erwachsenes Kind steuerlich nicht geltend machen kann, die aber trotzdem zustehen bzw. entstehen (Schwerbehindertenpauschale, Fahrtkosten, außergewöhnliche Belastungen etc). Bei Eltern im öffentlichen Dienst würde sich obendrein der Familienzuschlag mindern.
Wie stehen Sie dazu, dass schwerstbehinderte Menschen und deren Familien für die "Gegenfinanzierung" der geplanten Leistungsverbesserungen sorgen sollen?
Wie werden Sie als Abgeordnete die Familien mit erwachsenen schwerstbehinderten Kindern unterstützen, damit diese durch das Teilhabegesetz keine finanziellen Nachteile hinnehmen müssen?
Vielen Dank für Ihre aussagekräftige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Rosenberger,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Der von Ihnen angesprochene Vorschlag, der sich seinerzeit auf die Gegenfinanzierung eines bundesfinanzierten Teilhabegeldes bezog, stammt aus einer Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 2004 und wurde in der Arbeitsgruppe Teilhabgesetz diskutiert. Dort ist der Vorschlag jedoch auf breite Ablehnung gestoßen und wird nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales politisch auch nicht weiterverfolgt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen behilflich sein.
Mi freundlichen Grüßen
Paul Lehrieder MdB