Frage an Patrick Sensburg von Thomas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Herr Prof. Dr. Sensburg,
Die Linksfraktion hat im Oktober 2019 im Zusammenhang der Bundestagsdebatte zur Regierungserklärung für den EU-Gipfel einen Entschließungsantrag eingereicht, der die Bundesregierung auffordern wollte, in Absprache mit anderen EU-Mitgliedsstaaten alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge der griechischen Ägäis-Inseln aufzunehmen. (...) Er wurde mehrheitlich von den Mitgliedern der Fraktionen AfD, FDP, CDU/CSU und SPD abgelehnt.
Sie haben am 17.10.2019 gegen die Annahme des benannten Entschließungsantrags, also gegen die Aufnahme von Flüchtlingen gestimmt.
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/patrick-sensburg?page=3#block-pw-vote-profile
Frage 1:
Würden Sie bitte erklären, warum Sie gegen diesen Antrag gestimmt haben?
Zitat ProAsyl:
"Die Lage in der Ägäis spitzt sich immer weiter zu. Auf den griechischen Inseln harren mehr als 25.000 Menschen aus; rund 40 Prozent von ihnen sind UNHCR-Angaben zufolge Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren. Die griechische Regierung hat jüngst einen Hilferuf an die europäischen Staaten abgesetzt, vordringlich Minderjährigen die Weiterreise in andere EU-Staaten zu ermöglichen. "
https://www.proasyl.de/news/dramatische-lage-in-der-aegaeis-jetzt-ist-solidaritaet-gefragt/
Ich sehe die Aufnahme von Flüchtlingen angesichts der prekären Lebensbedingungen in den Lagern der Ägäis als ein Gebot christlicher Nächstenliebe.
Frage 3:
Wenn die Abgeordneten der Union mehrheitlich diesen Antrag abgelehnt haben, was hat das mit dem "C" in den Namen von CDU/CSU zu tun?
Frage 4:
Wie werten Sie die Ablehnung des benannten Antrags im Hinblick darauf, dass sich deutsche Kommunen und Bundesländer zur Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen bereit erklärt haben?
Frage 5:
Haben Sie eine Idee wie mit der benannten Problematik verfahren werden könnte?
Viele Grüße Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage zur Situation auf den griechischen Inseln.
Die Bundesrepublik Deutschland ist in den vergangenen Jahren auf europäischer Ebene oftmals mit gutem Beispiel vorangegangen, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen ging. Das war insbesondere im Jahr 2015 der Fall, aber auch in den Folgejahren. Bei insgesamt deutlich zurückgegangenen Asylzahlen innerhalb der EU, nimmt Deutschland nach wie vor die mit deutlichem Abstand meisten Asylsuchenden innerhalb der EU auf. Deutschland nimmt in absoluten Zahlen sogar mehr Asylsuchende auf, als alle anderen EU-Staaten zusammen. Auch bei der Verteilung von Asylsuchenden die mit Schiffen italienische Häfen angesteuert haben, ist Deutschland immer wieder mit gutem Beispiel vorangegangen. Deutschland hat sich seiner humanitären Verantwortung gestellt und tut dies auch weiterhin. All das sollte man nicht vergessen, wenn die deutsche Asylpolitik der vergangenen Jahre diskutiert wird.
Den Entschließungsantrag der Linken aus dem Oktober des vergangenen Jahres habe ich dennoch abgelehnt, da eine ad-hoc Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus meiner Sicht das Problem nicht lösen, sondern mittelfristig sogar noch verstärken würde. Aus Sicht der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag steht zu befürchten, dass eine Aufnahme von Asylsuchenden von den griechischen Inseln im nationalen Alleingang dazu führen würde, dass sich noch mehr Menschen auf den gefährlichen Weg auf die griechischen Inseln machen würden. Damit würden wir das EU-Türkei-Abkommen aushöhlen, dessen Ziel es ja gerade ist, die Zahl der in Griechenland ankommenden Menschen wirksam zu reduzieren, sowie das Geschäft der Schleuser und Todesfälle in der Ägäis zu verhindern. Unser Ziel muss es auch weiterhin sein, dass wir endlich zu einer gemeinsamen, europäischen Lösung bei der Aufnahme von Asylsuchenden kommen. Dies wird auch in der kommenden EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands ein zentrales Thema sein.
Die bestehenden Defizite auf den griechischen Inseln müssen natürlich angegangen werden. Insbesondere müssen die Asylverfahren zügig durchgeführt und vor Ort entsprechende Unterkünfte und Versorgung zur Verfügung gestellt werden. Deutschland leistet hier bereits administrative und logistische Unterstützung in großem Umfang und wird dies auch weiterhin tun.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Patrick Sensburg