Frage an Patrick Sensburg von Sami A. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Sensburg,
ich konnte in den vergangenen Jahren leidliche Erfahrungen an bayerischen Gerichten (FG Amberg und OLG Nürnberg) sammeln. Mich interessiert Ihre Haltung zu Gutachten in familienrechtlichen Angelegenheiten besonders.
Gutachter werden in familienrechtlichen Fällen von Richtern direkt beauftragt. Daß es das Wort “Gefälligkeitsgutachten” gibt, ist dabei sicherlich kein Zufall. Man könnte zu der Auffassung kommen, daß es sich in vielen Fällen gar um ein symbiotisches Verhältnis zwischen Richtern und Gutachtern handelt. Daß viele Richter immer wieder dieselben Gutachter beauftragen, könnte man hierfür als Indiz betrachten.
Neben der Beauftragung von Gutachtern ist auch die Qualität der meisten Gutachten höchst fragwürdig. So hat eine Studie von Prof. Dr. Werner Leitner ergeben, daß die überwiegende Mehrheit der Gutachten nicht die Mindestvoraussetzungen an Gutachten in familienrechtlichen Verfahren erfüllen. In meinem Fall wollten die Richter am OLG Nürnberg kein Gegengutachten zulassen, weil man die Gutachterin ja kenne und sie laut dem vorsitzenden Richter gute Arbeit leiste (wie er zu dieser Einschätzung kam, bleibt mir ein Rätsel). Im Nachgang an das Verfahren habe ich das Gutachten an den o.g. Prof. Dr. Leitner geschickt, der das Gutachten als höchst mangelhaft eingestuft hat.
Bereits im Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode war das Thema Gutachten in familiengerichtlichen Verfahren ein Thema, so hieß es:
“[...] die Qualität von Gutachten insbesondere im familiengerichtlichen Bereich verbessern” (S.154).
Warum gibt es keine zentrale Stelle die sich um die Vergabe von Aufträgen für Gutachten kümmert und die Gutachten regelmäßig Qualitätskontrollen unterzieht? Würden Sie sich dafür einsetzen, daß so eine Stelle geschaffen wird? Damit würde man ausschließen, daß Richter nur ihnen gefällige Gutachter beauftragen und gleichzeitig würde man die Qualität sichern.
Mit freundlichen Grüßen,
S. A.
Sehr geehrter Herr Awad,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 27. Juni 2018 zum Thema Gutachten in familienrechtlichen Angelegenheiten.
In den vergangenen Jahren wurde viel getan, um die Qualität von Gutachten zu verbessern. Unter Begleitung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz haben die Berufsverbände und Kammern 2015 die „Mindestanforderungen an Gutachten im Kindschaftsrecht“ erarbeitet. Zudem hat der Bundestag auf Initiative der unionsgeführten Bundesregierung schon 2016 mit dem Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts erstmals konkrete berufliche Qualifikationsanforderungen an Sachverständige in Kindschaftssachen festgelegt.
Diese Initiativen sind als erste Maßnahmen zur Qualitätssicherung sehr zu begrüßen. Perspektivisch reichen sie aber nicht aus. Möchte man die vielfach angemahnte Verbesserung der Qualität von Gutachten im Rechtswesen erzielen, sind weitergehende Schritte notwendig. Die CDU und CSU-Bundestagsfraktion setzten sich weiterhin dafür ein, dass die Qualitätsentwicklung und –sicherung des Familienrechts und des Gutachterwesens in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden weiter vorangebracht wird. Darum wurde dies auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Aktuell befinden wir uns nun in der inhaltlichen Diskussion.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Patrick Sensburg