Wo liegt die Zumutbarkeitsgrenze der Anonymität im Internet?
Sehr geehrter Herr Breyer,
vielen Dank für Ihr Engagement im Rahmen des Digital Services Act.
Ich finde es richtig und nachvollziehbar, wenn eine Person sich im Internet z.B. anonym zu gesellschaftlichen Themen äußern oder anonym Rat zu Alkoholproblemen einholen kann.
Ich finde es aber nicht richtig, wenn z.B. ein Unternehmen über eine Anzeigenplattform anonym Stellenangebote ausschreiben und bezahlen kann. In diesem Fall bewerben sich Menschen mit Lebenslauf und Zeugnissen gegenüber einem absolut Unbekannten.
Zum Schutz Dritter muss es meiner Meinung nach eine Zumutbarkeitsgrenze geben für die anonyme Nutzung und Bezahlung von Internetdiensten.
Andernfalls hätten es unseriöse Akteure im Schutze der Anonymität viel zu leicht, sich Daten anderer Menschen zu erschleichen (z.B. Bewerbungsunterlagen).
Sind Sie der Ansicht, dass es eine Zumutbarkeitsgrenze für die anonyme Nutzung und Bezahlung im Internet geben sollte und wo sehen sie diese gegebenenfalls?
Vielen Dank
Fragesteller
Sehr geehrter Herr D.,
im Rahmen der Beratungen des Digitale-Dienste-Gesetzes habe ich eine Regelung vorgeschlagen, derzufolge Diensteanbieter „vernünftige Anstrengungen“ zur anonymen Bereitstellung ihrer Dienste unternehmen sollten. Damit hätte eine Zumutbarkeitsgrenze gegolten. Jedoch hat sich die Regelung nicht durchsetzen lassen.
Es gibt bislang keine Identifizierungspflicht für die Aufgabe von Stellenanzeigen im Internet oder in der Zeitung. Es kommt diesbezüglich in der Tat teilweise zu Betrugsfällen. Die Strafverfolgungsbehörden haben über die angegebenen Kontaktdaten einen guten Ansatz zur Ermittlung der Täter, beispielsweise bei deren nächstem Login. Die Aufklärungsquote in solchen Fällen ist mir nicht bekannt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit beantwortet habe und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Patrick Breyer MdEP
Piratenpartei