Frage an Patrick Breyer von Reinhard G. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik
Sehr geehrter Herr Breyer,
wie ist der Stand bei der E-Privacy-Verordnung der EU und wie der weitere Verlauf der Verabschiedung?
Wäre es nicht im Sinne der Internetnutzer und für einen wirksamen Datenschutz unabdingbar, wenn Internetnutzer das Setzen von Cookies generell ablehnen könnten und die wesentlichen Funktionen der Internet-Seiten wären dann trotzdem gegeben? Und wenn der Surfer in den Einstellungen des Browsers beispielsweise angibt, dass er nicht verfolgt werden will, und eine „Do Not Track“- Information sendet, dann auch tatsächlich nicht getrackt wird?
Kürzlich hat hat Portugal, das Anfang des Jahres den Vorsitz beim EU-Ministerrat übernommen hat, einen neuen Entwurf für die seit langem umstrittene E-Privacy-Verordnung an die anderen Mitgliedsstaaten geschickt.
https://proxy.metager.de/www.heise.de/news/E-Privacy-Verordnung-EU-Ratsspitze-will-breiteren-Datenzugriff-zulassen-5028158.html?url=https%3A%2F%2Fwww.heise.de%2Fnews%2FE-Privacy-Verordnung-EU-Ratsspitze-will-breiteren-Datenzugriff-zulassen-5028158.html&password=0a01f26b83fc1ecec4764ff7295a30d5a3916c1c32606567c4b0db39b9d11ed7
Was halten Sie von diesem Entwurf zur E-Privacy-Verordnung? Wo sind hier die besonderen "Knackpunkte"? Werden durch diesen Entwurf vorhergehende Entwürfe verwässert oder vielleicht „auf den Kopf gestellt“? Welchen Einfluss kann hier das EU-Parlament nehmen?
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrter Herr Großmann,
danke für Ihre Anfrage und entschuldigen Sie die späte Antwort.
Nach den Verhandlungen um die verdachtslose Nachrichten- und
Chatkontrolle und parallel zu den Beratungen über das geplante
Digitale-Dienste-Gesetz sind die Verhandlungen über die
ePrivacy-Verordnung aufgenommen worden.
Die EU-Regierungen im Rat fordern eine massive Absenkung des bestehenden
Datenschutzniveaus u.a. durch verpflichtende und freiwillige
Vorratsdatenspeicherung, Zwangstracking und Daten-Zweckentfremdung für
wirtschaftliche Zwecke. Die Position ist so extrem, dass sich sogar die
Bundesregierung enthalten hat.
Das Europäische Parlament will den Reformvorschlag der EU-Kommission
dagegen in entscheidenden Punkten verbessern, wie eine knappe Abstimmung
im Jahr 2017 ergab: Zum Schutz vor Abhören durch Geheimdienste soll
Telekommunikation verschlüsselt werden müssen. Über
Überwachungsmaßnahmen soll jährlich Rechenschaft abgelegt werden. Die
Nutzung von Internetangeboten soll nicht mehr davon abhängig gemacht
werden dürfen, dass der Nutzer sein Nutzungsverhalten zur Auswertung und
gezielten Werbeeinblendung freigibt. Eine rechtsverbindliche
Voreinstellung in Smartphone oder Browser soll Schluss machen mit
ständigen Cookie-Nachfragen. Die Offline-Verfolgung anhand von
Smartphone-Signalen etwa in Innenstädten, Shopping-Malls oder Flughäfen
soll nur noch mit Einwilligung zulässig sein. All diese Punkte, die Sie
teils auch ansprechen, unterstütze ich in den Verhandlungen mit
Nachdruck. Die Parlamentsposition ist aber konträr zu der des Rats.
Verwässerungen des geltenden Datenschutzniveaus nach der
ePrivacy-Richtlinie sind in meinen Augen inakzeptabel.
Die Verhandlungen stehen unter starkem Lobbydruck der Wirtschaft. Für
einen starken Datenschutz streiten u.a. der
Bundesdatenschutzbeauftragte, die Verbraucherzentrale und
Bürgerrechtsorganisationen. In Meinungsumfragen fordern große Mehrheiten
der Bürger einen besseren Schutz ihrer Daten im Netz. Doch das Thema ist
aus den Schlagzeilen weitgehend verschwunden. Das macht es für uns
schwer. Wenn Sie also die Möglichkeit haben, Bewusstsein und Aufklärung
zu unterstützen, wäre das hilfreich.
MIt besten Grüßen
Patrick Breyer