Frage an Patrick Breyer von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Breyer,
ein Mandant muss bei Haftpflichtprozessen nach Anwaltsfehlern damit rechnen, dass sein Anwalt während des Klageverfahrens von ihm erhaltene Informationen weitergibt - § 2 Abs. 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte.
Aus § 1 dieser Berufsordnung: Der Rechtsanwalt hat seine Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen.
Stimmen wir darin überein, dass die Weitergabe vertraulicher Informationen nicht gerade selten zu Rechtsverlusten führt?
Trifft es zu, dass die erwähnten Rechtsverluste schlimme Folgen für die betroffenen Mandanten haben können?
Darf der Gesetzgeber dazu beitragen, dass - wie hier - der Datenschutz unnötig eingeschränkt wird?
Beispiel: Vor der Versicherungsvertragsrechtsreform gab es bekanntlich einen Regierungsentwurf, in dem Mandanten bei Anwaltsfehlern einen vollständigen
Direktanspruch gegen die Berufshaftpflichtversicherung haben und nicht gegen den Anwalt klagen müssen - Folge: Keine Weitergabe vertraulicher Informationen.
Trifft es zu, dass Lobbyisten die heutige Regelung durchgesetzt haben und dadurch erreichen konnten, dass weniger Haftpflichtansprüche durchgesetzt werden können?
Trifft es zu, dass dadurch die Versicherungsgewinne größer wurden und
Versicherungsprämien stabil blieben?
Sind immer mehr Abgeordnete nicht Vertreter des ganzen Volkes?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
danke für Ihre Frage. Meine Antwort erfolgt vorbehaltlich des Umstands, dass nicht der Schleswig-Holsteinische Landtag für die von Ihnen angesprochene Frage zuständig ist, sondern der Bundesgesetzgeber.
Nach der von Ihnen genannten Vorschrift der Berufsordnung für Rechtsanwälte gilt die Verschwiegensheitspflicht von Anwälten nur vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen. Neben der Geltendmachung eigener Interessen des Anwalts handelt es sich um gesetzlich vorgesehene Ausnahmen, etwa zur Vorbeugung von Geldwäsche oder zur Verhinderung geplanter schwerster Straftaten (§ 138 StGB). In der Berufsordnung selbst sind keine weiteren Ausnahmen vorgesehen.
Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht von Rechtsanwälten sehe ich kritisch, weil sie Personen davon abhalten können, rechtlichen Rat einzuholen und sich dem Rat entsprechend gesetzestreu zu verhalten.
Nach meiner Kenntnis hat der Rechtsausschuss des Bundestags einen Direktanspruch gegen Berufshaftpflichtversicherungen von Rechtsanwälten mit der Begründung abgelehnt, dass andernfalls eine Explosion der Versicherungsprämien zu befürchten sei. Mandanten bleibt es möglich, im Fall einer Regresspflicht den Rechtsanwalt selbst in Anspruch zu nehmen und sich im Insolvenzfall auch direkt an seine Haftpflichtversicherung zu wenden.
Mit freundlichem Gruß,
Patrick Breyer