Frage an Patricia Lips von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Lips,
die Regierungskoalition hat heute mit ihrer Mehrheit verhindert, dass die UN Konvention gegen Korruption auch in Deutschland umgesetzt werden kann. Es entsteht der Eindruck, dass die CDU gegen Korruption im Allgemeinen und die Käuflichkeit von Abgeordneten im Besonderem nichts einzuwenden hat. Können Sie mir gute Gründe nenne, weshalb die CDU die UN Konvention partout nicht umsetzen will?
Besten Dank und freundliche Grüße
Michael Bajorat
Sehr geehrter Herr Bajorat,
vielen Dank für Ihre Frage zur Abstimmung im Bundestag in der letzten Sitzungswoche. Darin kritisieren Sie, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Regelung blockieren wolle, mit der die Korruption von Politikern unter Strafe gestellt werden soll.
Diesem Vorwurf muss ich klar widersprechen. Dazu darf ich vorab darauf hinweisen, dass in der öffentlichen Diskussion zum Teil der falsche Eindruck vermittelt wird, korruptes Verhalten von Politikern sei in Deutschland bisher überhaupt nicht strafbar. Das stimmt schlicht nicht. Tatsächlich ist in § 108e des Strafgesetzbuches der Kauf und Verkauf von Stimmen bei Wahlen und Abstimmungen - und damit die Annahme von Bestechungsgeld für die wichtigste Handlung eines Abgeordneten - bereits unter Strafe gestellt. Die Strafvorschrift der „Abgeordnetenbestechung“ ist zudem besonders weit gefasst: Denn in vollem Umfang strafbar macht sich ein Täter schon dann, wenn er auch nur zu einer Handlung ansetzt, die nach seinen Plänen zu einem Stimmenkauf oder -verkauf führen soll, ohne dass es zum Kauf oder Verkauf der Stimme kommen muss.
Die Union setzt sich selbstverständlich im Sinne dieses Übereinkommens nachdrücklich dafür ein, Korruption im privatwirtschaftlichen wie auch im öffentlichen Bereich zu verhindern und zu bekämpfen. Eine Umsetzung der UN-Konvention in deutsches Recht und damit eine Erweiterung der Strafbarkeit ist aber rechtlich außerordentlich komplex. Denn die UN Konvention unterscheidet nicht zwischen Amtsträgern und Abgeordneten. Nach dem Grundgesetz sind Abgeordnete jedoch - im Gegensatz zu Beamten - Träger eines freien Mandats. Sie sind keinen Weisungen unterworfen und nur ihrem Gewissen und ihren Wählern verantwortlich. Anders als bei Beamten und Richtern sind Abgeordnete immer auch Interessenvertreter, natürlich zunächst ihres Wahlkreises oder auch bestimmter Gruppierungen, wie z.B. Gewerkschaften oder Kirchen etc. Selbstverständlich sind auch wir für Transparenz, aber ebenso für die Freiheit der Entscheidung der Abgeordneten und gegen eine Kriminalisierung der parlamentarischen Praxis mit kaum abschätzbarem Bestrafungsrisiko.
In einer Regelung zur Umsetzung der UN-Konvention und Erweiterung der Strafbarkeit muss deshalb genau festlegt werden, wo die zulässige Einflussnahme auf Abgeordnete endet und wo (über die bisher bereits vorhandene Strafbarkeit hinaus) die strafwürdige Einflussnahme beginnt. Es darf dabei nicht die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Mandatsausübung angetastet werden, was mit den Vorgaben der UN-Konvention nur schwer in Einklang zu bringen ist. Die diesbezüglichen Vorschläge der Opposition konnten diese Problematik nicht lösen. Dabei sehen wir uns auch durch die Ergebnisse einer Anhörung von Experten im Rechtsausschuss im Oktober letzten Jahres bestätigt, in der übereinstimmend festgestellt wurde, dass die Gesetzesentwürfe nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Deutschland entsprachen.
Die parlamentarischen Beratungen gehen weiter, und auch in der Union werden wir weiter das Ziel verfolgen, wie eine Umsetzung des Übereinkommens erfolgen kann. Dabei sollte in der nächsten Wahlperiode eine fraktionsübergreifende einvernehmliche Regelung angestrebt werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiter helfen, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
Patricia Lips