Frage an Patricia Lips von Torsten J. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Lips
Das Flugverbot über dem Zentrum von Berlin ist doch ein typischer, völlig populistischer und sinnloser Akt. Er impliziert die merkwürdige Vorstellung, dass ein Terrorist sich durch ein unsichtbares Verbotsschild abschrecken lässt. Als könnte man durch Halteverbote vor Banken in den Innenstädten Banküberfälle verhindern?!
Ähnlich groteske und aktionistische Vollzüge häufen sich derzeit bei den Sport- und Privatfliegern, die sich neuerdings einer wirklich totalen "freiwilligen" Zuverlässigkeitsuntersuchung (nach §7 LuftSiG) unterziehen müssen, bei der sämtliche Geheimdienste der Welt (auch die alten Stasiakten!) und selbst der Arbeitgeber einbezogen werden. Als würde sich irgendein Terrorist vorher dieser Untersuchung stellen. Der fliegt nämlich einfach vom Ausland ein oder nimmt einen Lastwagen, der viel mehr Sprengstoff tragen kann als jedes Leichtflugzeug. Alles bewirkt nur den gläsernen Bürger und eine Menge unsinniger Bürokratie.
Mit denselben Argumenten kann auch jeder Führerscheinbesitzer "durchleuchtet" werden und dies ist sogar noch besser begründbar, da bisher jede Menge Autobomben in Innenstädten explodiert sind. Es hat aber noch kein Sportpilot sein Flugzeug als Waffe verwendet!!
1) Sind Sie der Meinung, dass hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist?
2) Sind Sie der Meinung, dass so die Würde des Menschen unangetastet bleibt, wenn solche willkürliche Schnüffelei über die Minderheit der Sportflieger kommt?
3) Wissen Sie, dass die Sportflieger dies "freiwillig" unter Androhung von Lizenzverlust beantragen müssen?
Sind unsere führenden Regierungsvertreter inzwischen mehr beeinflusst von psychisch Kranken (Motorseglerpilot über Frankfurt) und Selbstmördern (Absturz neben dem Reichstag), als von normalen Bürgern (Sportpiloten), die nicht mehr gehört werden?
4) Was ist eine freiheitliche Demokratie noch wert, wenn sie so mit ihren Minderheiten umgeht?
5) Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend abschafft?
Das Bundesverfassungsgericht hat vor ganz kurzer Zeit, eine Telefonspionage ohne jeden Verdacht als nicht verfassungskonform bezeichnet. Es gibt aktuell offenbar nur das BVerfG, welches das Ausspionieren durch eine wachsende und unkontrollierte Bürokratenwillkür verhindert!
6) Was werde Sie, als meine künftige Abgeordnete, dagegen tun?
Mit freundlichen Grüßen und in Erwartung Ihrer Antwort
Torsten Jahn
Sehr geehrter Herr Jahn,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur neuen jährlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung für Sportpiloten im Rahmen des neuen Luftsicherheitsgesetzes nach §7 LuftSiG.
Die CDU/CSU Bundestagsfraktion hat dem Gesetz in der jetzigen Form nicht zugestimmt. Auch die von der Union geführten Bundesländer haben im Bundesrat das Gesetz abgelehnt und damit Einspruch gegen das Gesetz eingelegt. Im anschließenden Vermittlungsverfahren konnte keine Einigung erzielt werden. Daraufhin hat die Bundesregierung im Bundestag den Einspruch des Bundesrates zurückgewiesen. Die Abstimmung im Bundestag erfolgte namentlich. Im Bundestagsprotokoll vom 24.09.04 (Nummer 15/127) ist dokumentiert, dass ich gegen das Gesetz gestimmt habe.
Das Luftsicherheitsgesetz in der jetzigen Form ist meiner Einschätzung nach in weiten Teilen ein unbrauchbares und vor allem bürokratisches Gesetz. Gegenwärtig prüft das Bundesverfassungsgericht in einer laufen Verfassungsbeschwerde die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Am 9. November 2005 wird das Bundesverfassungsgericht dazu eine mündliche Verhandlung durchführen. Falls das Gesetz in Karlsruhe als nicht verfassungsgemäß beurteilt wird, ist ein grundlegend neues Gesetz notwendig.
Ich persönlich kann Ihre Bedenken nachvollziehen und werde mich für eine Lösung einsetzen, die das persönliche Sicherheits- und Schutzbedürfnis eines jeden Bürgers berücksichtigt.
Mit freundlichen Grüßen
Patricia Lips