Frage an Patricia Lips von Michael W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Lips,
als Student der Betriebswirtschaft der eventuell in der Finanzdienstleistung seine berufliche Zukunft sieht würde ich gerne die Position von Ihnen und Ihrer Partei zur aktuellen Debatte im Finanzausschuss über die Regulierung von Finanzdienstleistern erfahren.
Unterstützen Sie die Banken und sonstige Provisionsberater denen neuerlich wieder mit einem Stiftung Warentest Urteil "mangelhaft" testiert wurde dass ihnen alles am Herzen liegt außer das Wohl der Kunden oder unterstützen sie die kleine innovative Bewegung der unabhängigen Kapitalanlageberatung / Honorarberatung?
Wenn sie Zweitere unterstützen, wie wollen sie die Gesetzgebung zu deren Regulierung gestalten?
Wollen sie aktuelle gesetzliche Misstände die jedem ehrlichen Berater fast unüberwindbar hohe Hürden in den Weg stellen beibehalten und ihnen noch zusätzlich den Lebensunterhalt durch den Vertrieb offener Fonds wegnehmen und diesen Zweig in die Hände der großen Provisionsberater legen?
Oder wollen sie ermöglichen dass sich fair geprüfte, qualifizierte Personen schon mit weniger als 100.000€ selbstständig machen und im Interesse der Kunden gegen die Provisionsberatung antreten können?
Ich habe Ihnen auch eine ausführliche E-Mail zu diesem Thema an ihre öffentliche Mailadresse gesendet, die auch einen Link zu einem Wirtschaftswoche Artikel enthält der das Problem detailliert illustriert.
Vielen Dank im Vorraus für Ihre Bemühungen sich mit diesem wenig öffentlichen aber für das wohlergehen aller Sparer wichtigen Fragestellung zu beschäftigen.
Mit freundlichen Grüßen
M. Weidner
Sehr geehrter Herr Weidner,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch, in der Sie die Problematik der Aufsicht über die Finanzvermittler und das zur Zeit in der Beratung befindliche Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ansprechen.
Lassen Sie mich kurz zum allgemeinen Hintergrund dieser Gesetzgebung einiges feststellen: Die Finanzmarktkrise sowie die massiven finanziellen Verluste privater Anleger machen die Verbesserung des Verbraucherschutzes im Finanzdienstleistungssektor dringend erforderlich; darauf haben Sie auch zutreffend hingewiesen. In Folge einer eingeschränkten staatlichen Kontrolle finden sich auf dem Grauen Kapitalmarkt leider auch unseriöse Anbieter. Die gesetzliche Beschränkung der Aufsicht auf die bloße Kontrolle der Vollständigkeit der Verkaufsprospekte greift zu kurz. Auch der sog. graue Markt bzw. unregulierte Markt sollte mit klaren Verhaltens- und Haftungsregeln versehen werden, die an die Produkte des grauen Kapitalmarktes angepasst sind. Alle Finanzmarktprodukte und Anbieter sollten prinzipiell einer produktspezifischen staatlichen Kontrolle und spezifischen Produktanforderungen unterliegen. Auch die Zersplitterung der Aufsicht über die Vermittler ist nicht mehr zeitgemäß, da sie zum großen Teil alle Finanzprodukte - Anlagen, Versicherungen, Kredite - aus einer Hand verkaufen. Damit würde auch Ihren Bedenken hinsichtlich Mängeln in der Beratung Rechnung getragen.
Diese Verbesserung der Aufsicht haben die Koalitionsparteien auch im Koalitionsvertrag festgelegt.
Dazu gibt es inzwischen auch einen Diskussionsentwurf des oben genannten Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, der voraussichtlich Ende August vom Bundeskabinett behandelt wird.
In diesem Zusammenhang kritisieren Sie insbesondere die zu hohen Bürokratiekosten für die unabhängigen Finanzvermittler- und Berater als „unüberwindbare Hürden“, falls auch diese unter die Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG) bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin fallen und ihre Zulassung dort beantragen und prüfen lassen müssten.
Im Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums BMF ist bislang in der Tat eine solche Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz vorgesehen, die zur Zeit mit Verbänden, Marktteilnehmern und den anderen Ressorts, insbesondere dem Wirtschaftsministerium, intensiv diskutiert wird.
Die Gesetzesinitiative des BMF stellt eine angemessene Umsetzung der Vorgabe dar, dass jedes Finanzprodukt und jeder Finanzmarktteilnehmer reguliert werden sollen. Bei der Aufsicht über Finanzvermittler müssen allerdings die Kosten zumutbar bleiben und eine Einbeziehung in die Entschädigungseinrichtung der Finanzdienstleister sachgerecht erfolgen.
Eine Aufsicht „light“ durch die BaFin mit abgemilderten Vorgaben aus dem Kreditwesengesetz für die Finanzvermittler wird in der Union weitgehend befürwortet und auch von mir ausdrücklich begrüßt. Ich möchte hier auf die guten Erfahrungen mit einer vergleichbaren Lösung, die für Leasing- und Factoringunternehmen gefunden wurde, hinweisen. Damit würden den Finanzvermittlern keine unüberbrückbaren Hürden mit zu hohen Zulassungsanforderungen in den Weg gestellt.
Andererseits könnte die Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin bei dieser Lösung dann zeitnah auf Fehlentwicklungen reagieren, da diese gebündelt der Finanzaufsicht bekannt wären. Dies wäre der Vorteil ggü. einer kommunal zugeordneten Aufsicht allein nach der Gewerbeordnung, wie sie vom Bundeswirtschaftsministerium angestrebt wird.
Die Problematik ist erkannt, wir haben uns damit in der Arbeitsgruppe Finanzen der Unionsfraktion schon vor der Sommerpause intensiv befasst. Insgesamt bin ich der Überzeugung, dass wir in diesem Gesetzgebungsverfahren und auch bei dem von Ihnen angesprochenen Streitpunkt zu sachgerechten Lösungen kommen, die auch die selbständigen Finanzvermittler und -berater nicht übermäßig regulieren und belasten werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Patricia Lips